Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Klöster und Orden

Übersichtskarte Hessen
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5718 Ilbenstadt
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Ortskennziffer
44001703006

Prämonstratenserabtei Ilbenstadt

131 m über NN
Gemarkung Ilbenstadt, Gemeinde Niddatal, Wetteraukreis
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

Das Stift Ilbenstadt wird 1123 als eines der ältesten Prämonstratenserklöster Deutschlands gegründet. Die Adelsfamilie von Cappenberg ist mit Norbert von Xanten, dem Begründer des Prämonstratenserordens, engstens verbunden. Gottfried von Cappenberg wird als Heiliger verehrt; von seinem Leben berichtet die um 1150 entstandene "Vitae Godefridi Cappenbergensis". Begraben ist er in der 1159 geweihten neu errichteten Kirche des Ordens in Ilbenstadt, die als "Dom der Wetterau" gilt und die älteste fast unveränderte Prämonstratenserbasilika ist.

Orden:

Prämonstratenser-Chorherren

Ordensprovinz:

Zirkarie Wadgassen

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Mainz, Erzbistum Mainz, Archidiakonat Ilbenstadt

Typ:

Chorherrenstift

Territorium:

  • Seit Gründung umstrittene Herrschaftsverhältnisse zwischen Erzstift Mainz und Reichsburg Friedberg.
  • 1787: Reichsburg Friedberg, Grafschaft Kaichen, Amt Karben (relative Selbstständigkeit des Klosters)
  • 1803: Grafschaft Leiningen-Westerburg, Herrschaft Ilbenstadt

Historische Namensformen:

  • fratres secundum regulam beati Augustini et secundum institutionem venerabilis fratris Northberti degentes (1123) [UB Mainz 1, 415-417, Nr. 513; Originalurkunde: HStAD Bestand B 6 Nr. 1]
  • preposito et fratribus in Elofstadens [...] ordo canonicus secundum beati Augustini regulam (1139) [Reimer, Hessisches Urkundenbuch, S. 52-54, Nr.78]
  • locum qui dicitur Elvenstath, et religiosos fratres, atque Deo dicatas sorores, domino ibidem servientes (1166) [Clemm, Ludwig: Die Urkunden der Prämonstratenserstifter Ober- und Nieder-Ilbenstadt, in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde Neue Folge 14 (1925), S. 129-223 und 617-666; Neue Folge 15 (1928), S. 147-224 und 385-517, Regest Nr. 31]

Lagebezug:

7 km südöstlich von Friedberg

Lage:

Das Stift liegt auf dem Hochufer der Nidda

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3485953, 5571571
UTM: 32 U 485884 5569782
WGS84: 50.280002° N, 8.801879° O

Geschichte

Geschichte:

1123 gründen die Grafen Gottfried und Otto von Cappenberg mit Zustimmung des Erzbischofs von Mainz, Adalbert von Zweibrücken, das Prämonstratenserstift in Ilbenstadt an ihrer bestehenden kleinen Eigenkirche und übergeben ihren gesamten Besitz an den Prämonstratenserorden HStAD B 6, 1. Zu der Schenkung gehören Äcker, Wiesen, Weinberge, alle Zehnten und Hörige. Der Erzbischof verbrieft die Rechte zu Taufen, zu Predigen, Tote zu bestatten und die freie Vogtwahl. Gefördert wird die Niederlassung durch Kaiser Lothar von Supplinburg, der 1139 Ilbenstadt Frankfurter Zolleinnahmen überträgt, die durch den Papst bestätigt werden.

Die Familie steht dem neuen Orden und persönlich dem Gründer, Norbert von Xanten, sehr nahe, wandelt auch ihren westfälischen Besitz in Klöster um (Hof Varlar bei Coesfeld, Burg Cappenberg bei Lünen). 1126 bestätigt Papst Honorius II. den neu entstandenen Prämonsratenserorden unter Nennung der Klosterkirche in Ilbenstadt. Der jüngere der beiden Brüder, Gottfried, stirbt im Alter von 30 Jahren und wird schon bald als Heiliger verehrt. Um die Bestattung entsteht ein Streit, der mit der Teilung der Knochen und der Beisetzung in der neuen Stiftskirche wie der alten Eigenkirche des Grafenhauses beendet wird. Auch die Schwester tritt dem Prämonstratenserorden bei und so entsteht ein Dopelstift in Ilbenstadt. Das Kloster unterhält ein Krankenhaus, in dem die Ordensschwestern arbeiten. Stiftungen und Schenkungen gehören bis ins 14. Jahrhundert beiden Klöstern gemeinsam. So inkorporiert Erzbischof Conrad von Mainz 1196 die Kirche in Södel dem Kloster; aus den Zinserträgen sollen die Schwestern und Brüder versorgt werden. Auch ein Hospital, das mindestens bis 1416 besteht, wird gemeinsam betreut. Die ältere kleine Kirche wird weiter als Pfarrkirche genutzt und erst 1803 zerstört.

Im 12. Jahrhundert beginnen die Chorherren ihren Besitz abzurunden. Sie verkaufen oder tauschen weiter weg liegende Grundstücke, wie zum Beispiel Güter in Bauerbach nahe Marburg, mit dem Mainzer Erzbischof. Eine finanzielle Krise Ende des 13. Jahrhunderts, möglicherweise entstanden durch die Trennung vom Frauenkloster, führt zu größerem Besitzverlust und wird 1276 mit der Sanierung des Klosters abgeschlossen.

Das Kloster wird direkt dem Erzbischof von Mainz unterstellt, nicht den kirchlichen Zwischeninstanzen wie dem Archidiakonat. Langwierige Konflikte mit dem Archidiakonat St. Mariagreden in Mainz um Einkünfte und Kontrolle enden 1404 mit einem Vergleich. 1464 findet eine Visitation durch das Mutterkloster in Premontre statt. Im 15. Jahrhundert erlebt das Kloster eine hohe künstlerische Blütezeit. Ordensbrüder arbeiten als Maler, Bildhauer und Präzisionshandwerker. Das Uhrwerk der Friedberger Burgkirche, bedeutende Tafelmalereien und Schnitzwerke für die Umgebung werden in der Klosterwerkstatt hergestellt.

Das Kloster bleibt während der Reformationszeit bestehen, wird 1657 zur Abtei erhoben. Damit einher geht ein Ausbau der Anlagen im Stile des Barock. 1699 erhält der Abt das Recht, die Mitra (Zeichen der Zugehörigkeit zum geistlichen Fütstenstand) zu tragen.

1803 wird das Prämonstratenserstift säkularisiert und dem Haus Leiningen-Westerburg ältere Linie überwiesen; diese verkaufen die Anlage an das Erzbistum Mainz (siehe Benediktinerkloster Ilbenstadt).

Gründungsjahr:

1123

Gründer:

Grafen Gottfried und Otto von Kappenberg

Aufhebungsjahr:

1803

Organisation:

An der Spitze der Gemeinschaft steht ein Propst (seit 1659 Abt), der vom Konvent (meist 12 Konventuale) gewählt wird. Er wird unterstützt durch seinen Vertreter, den Prior, den Subprior und den Zirkator. Diese regeln die Klosterdisziplin und können Strafen aussprechen. Weitere nachgewiesene Ämter sind der Kellner und der Kantor. Visitiert wird das Stift durch andere Prämonstratenserklöster.

Pfarrrechte:

1123 wird Ilbenstadt als Pfarrei bezeichnet. Der Propst von Ilbenstadt erhält vom Erzbistum Mainz archidiakonale Rechte über die Klosterpfarrei mit den Orten Assenheim, Bönstadt, Erbstadt, Oberstedten, Homburg, 1196 Inkorporierung von Södel, 1378 von Rendel. Die Karte 1. in Wolf, Prämonstratenserstifte Ober- und Niederilbenstadt, Bd. 2, Anhang zeigt die inkorporierten Pfarreien und Kirchen sowie Privatkapellen des Prämonstratenserstifts Ober-Ilbenstadt.

Patrozinien:

Maria (1126)

St. Petrus und Paulus (1139)

Johannes der Täufer (1502)

Archivgeschichte:

Der Stand von 2018 bei Wolf, Prämonstratenserstifte Ober- und Niederilbenstadt, S. 97-114

Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 88-89

Bibliotheksgeschichte:

Der Stand von 2018 bei Wolf, Prämonstratenserstifte Ober- und Niederilbenstadt, S. 115-134

Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 88-89

Besitz

Besitz:

In folgenden Orten lässt sich Besitz nachweisen: Altenstadt, Assenheim, Baiersröderhof, Bönstadt, Büdesheim, Bollnbach, Dottenfelder Hof, Dorheim, Düdelsheim, Eberbach, Eltville, Enkheim, Erbach, Erbstadt, Fauerbach, Feldheim, Findörfer Hof, Frankfurt, Ginnheim, Gronau, Groß-Karben, Himmenhausen, Hirzbach, Hüttengesäß, Issigheim, Kaichen, Kostheim, Kriftel, Langen-Bergheim, Laubach, Leichen, Leun, Mainz, Massenheim, Nauborn, Nieder-Weisel, Oberissigheim, Oberkleen, Ockstadt, eine Mühle zu Pfungstadt, Pohl-Göns, Rendel, Riedhäuserhof, Rosbach, Rüdigheim, Södel, Stammheim, Sternbach, Stierstadt, Vilbel, Winkel, Winden, Winnen (Gemarkung Bönstadt), Wisselsheim, Wölfersheim

Das Kloster wird von der Zahlung des Mainzolls zu Frankfurt durch Kaiser Lothar befreit.

Bei der Trennung des Chorherrenstiftes von dem Frauenkonvent Ende des 13. Jahrhunderts wird folgender Besitz in den Orten Birx, Heldenbergen, Klein-Karben, Stammheim, Weckesheim vollständig bzw. in Ilbenstadt, Ossenheim, Ostheim, Rödgen, Rodheim, Wickstadt teilweise abgegeben. 1502 wird die Aufteilung des Besitzes abschließend verbrieft.

Im 14 Jahrhundert erwirbt das Kloster weitere Einkünfte und Güter in Bönstadt, Bruchenbrücken, Büdesheim, Dorheim, Friedberg, Ilbenstadt, Groß-Karben, Nieder-Mörlen, Okarben, Rendel, Rödgen, Rohrbach, Sterzinheim, Windecken, Nieder-Wöllstadt.

Die Gütererwerbungen des 15. Jahrhunderts stammen aus großen Seelgerätstiftungen und Stiftungen in Ockstadt, Kolbichin, Burg-Gräfenrode. Die Karten 2a, 2b in Wolf, Prämonstratenserstifte Ober- und Niederilbenstadt, Bd. 2, Anhang zeigen Besitz und Herrschaftsrechte des Prämonstratenserstifts.

Niederlassungen:

Stadthöfe des Klosters liegen in Frankfurt (seit 1412, vgl. E. G. Gerhard, Gesch. d. Säkularisation i. Frankfurt [1935], S. 18. 20. 51 und Johann Georg Battonn, Örtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt, hg. von L. H. Euler, Frankfurt 1861-1875, Bd. 5, S.117) und in Friedberg. In

Erbstadt besitzt das Kloster einen großen Wirtschaftshof, den sog. Pfaffenhof, der noch heute besteht.

Ausstattung

Gebäude:

Die ehemalige Klosterkirche ist heute katholische Pfarrkirche (darin das Grabdenkmal Graf Gottfrieds), das Klostergebäude Schloss der Grafen von Alt-Leiningen-Westerburg. Seit dem 1. Juni 1923 übernehmen die Benediktiner (von Cornelimünster) der Cassinesischen Kongregation die Gebäude. Die Kirche gilt seit 1929 als basilica minor.

Die erste Ilbenstädter Klosteranlage wird an die Südseite der vorhanden kleinen Kirche angebaut. An deren Südseite entsteht die neue große Klosterkirche mit wiederum einem Anbau durch eine neue Klausuranlage Ein großes Wandfresko von 1350 zeigt Gottfried von Cappenberg als Gründer.

Denkmaltopographie:

DenkXweb Kulturdenkmäler in Hessen (Gesamtanlage Ilbenstadt)

DenkXwebKulturdenkmäler in Hessen (Kulturdenkmal Konventsgebäude und Prälatenbau)

DenkXweb Kulturdenkmäler in Hessen (Kulturdenkmal Kath Pfarrkirche, ehem. Klosterkirche St. Maria)

Nachweise

Arcinsys Hessen:

Quellen:

Gedruckte Quellen:

Literatur:

Germania Sacra-ID:

4807

GND-Nummer:

4636078-5

GND-Nummer Bauwerk:

7626795-7

Zitierweise
„Prämonstratenserabtei Ilbenstadt, Gemeinde Niddatal“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/12917> (Stand: 29.11.2021)
Indizes

Personen:

Cappenberg, Gottfried von

Sachbegriffe: