Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Klöster und Orden

Beschreibung

Bitte beachten Sie auch das von Roswitha Kraatz erstellte ↑ Glossar zum Modul Klöster und Orden

Das Modul Klöster und Orden bietet eine Vielzahl an Informationen und Recherchemöglichkeiten zu Klöstern, Stiften, Klosterhöfen, Termineien, Schwestern-, Kranken- und diakonischen Mutterhäusern. Alle Orden und geistliche Gemeinschaften (Kongregationen), die im heutigen Hessen vom frühen Mittelalter bis im 20. Jahrhundert eine Niederlassung hatten, werden erfasst. Eingebunden sind auch die wenigen Neugründungen des 16. und 17. Jahrhunderts in Hessen in der Zeit des religiösen Aufbruchs und der Konfessionalisierung. Dazu gehören der Jesuitenorden und die Frauenorden, die in der Erziehung und schulischen Ausbildung von Mädchen ihre besondere Aufgabe sahen. Weiter sind die vielen neuen Kongregationen und Orden, ebenso wie die fünf großen Diakonissen-Mutterhäuser des 19. Jahrhunderts aufgenommen.

Seit Wilhelm Dersch mit seinem „Klosterbuch“ von 1915/1940 zumindest für Nord- und Mittelhessen eine lexikalische Zusammenstellung angelegt hat, gibt es keine weitere zusammenfassende Darstellung für das heutige Bundesland Hessen. Diese Lücke möchte das Modul füllen und erstmals für Gesamthessen alle Klöster und klosterähnlichen Einrichtungen in einem Online-Nachschlagewerk vorstellen.

In Hessen, einer einst blühenden Klosterlandschaft mit vielen religiösen Orten und Einrichtungen, werden im Zeitalter der Reformation Klöster durch die Landesherren aufgehoben und geschlossen. Nur in Mittelhessen überleben wenige Ausnahmen, die dann dem Reichsdeputationshauptschluss 1803–1806 zum Opfer fallen.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erfasst der „Ordensfrühling“ auch die hessischen Gebiete Hessen-Kassel, Nassau und Hessen-Darmstadt. In den 1821 neu gegründeten Bistümern (Fulda, Limburg, Mainz), werden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts neue und alte Orden tätig, eröffnen Niederlassungen in vielen Dörfern und Städten. In den Einigungskriegen arbeiten Schwestern in Lazaretten, eröffnen Schulen, Kindergärten, Altenheime, sie kämpfen gegen Pauperismus und soziale Not.

Die historische Darstellung zu den Klöstern und Niederlassungen stellt Kerndaten zur Entwicklung zur Verfügung. Die in vielen Orten seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren Beginen und Begarden sind im Ortslexikon erfasst und recherchierbar.

Einen Schwerpunkt der Artikel bilden Basisinformationen (Lage, Koordinaten, Landesherr, Ersterwähnung usw.), die auch im Historischen Ortslexikon zu finden sind. Daran schließen sich Hinweise zur Entstehung und Geschichte des Klosters, seiner Ordenszugehörigkeit und seiner Auflösung an. Gesondert dokumentiert wird der Besitz des Klosters; über die Verlinkung mit dem Ortslexikon ist eine regionale Einordnung und Betrachtung des Besitzes möglich.

Soweit fassbar, wird auch die Geschichte der Stadthöfe, Häuser und Termineien der Orden und Stiftsgemeinschaften vorgestellt, da im mittelalterlichen Leben geistliche Bewohner und Gäste, wie Terminierer (Sammler von Almosen, Spenden und festgelegten Unterstützungen) das Bild der Stadtgesellschaft prägen.

Die Darstellung spiegelt unterschiedliche Epochen der allgemeinen Klostergeschichte in Hessen wider. In den ersten Klöstern leben Mönche und Nonnen nach der Benediktinerregel, werden Stifte durch die Regionalherren oder als Reichsklöster gegründet. Die Ritterorden der Johanniter und des Deutschen Ordens bauen mächtige Niederlassungen auf und sichern ihren Besitz durch Stadthöfe in den Städten. Seit dem 12. Jahrhundert finden sich verstärkt die Reformorden wie die Zisterzienser und Prämonstratenser in Hessen. Besonders die letzteren sind bedeutsam für die hessische Klosterlandschaft, da sie auch viele Frauenkloster gründen. Die aufstrebenden Städte bemühen sich um Minoriten (Bettel-Orden) der Franziskaner, Dominikaner, Kapuziner und Augustinereremiten, die aufgrund ihres Armutsgelübdes und der Verpflichtung auf die Seelsorge für die städtische Gesellschaft vorteilhaft sind. Im 15. Jahrhundert ziehen „Brüder und Schwestern vom gemeinsamen Leben“ in die Städte ein. Sie schätzen Arbeit und Bildung neben dem Gebet hoch ein, bieten als Laien mit ihrem Gemeinschaftsleben ein Vorbild für die durch wirtschaftliche und religiöse Krisen bedrohte Gesellschaft. Reformen des 15. Jahrhunderts, auch in Gang gesetzt durch die hessischen Landgrafen, prägen die Ereignisse. Netzwerke zwischen den Klöstern durch Visitationen und Zusammenarbeit der Reformklöster wie Bursfelde oder Böddeken lassen sich nachweisen.

Die Konflikte der Territorialherren um die Vergrößerung des Einflusses- und Machtbereiches, das Ringen der Reichsstädte um ihre Unabhängigkeit, die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Päpsten, das große Kirchenschisma finden ihren Niederschlag in den Hinweisen zur Klostergeschichte ebenso wie die großen wirtschaftlichen Krisen des Mittelalters, die Umstellung auf Geldwirtschaft und die Seuchen und Entvölkerung im 14. Jahrhundert.

Mit der Einführung der Reformation unter Landgraf Philipp 1527 (Homberger Synode) sowie den Maßnahmen der Grafen von Waldeck und vieler anderer hessischer Regionalherren verödet die Klosterlandschaft. Die Konkurrenz zu den katholisch bleibenden Gebieten der Erzbischöfe von Mainz und der Fürstbischöfe von Fulda entzweit die Region, Konfessionalisierung sowie die Kriege im 17. Jahrhundert zerstören weiter die ehemalige reiche religiöse Landschaft. Endgültig verlieren die Klöster und Stifte dann 1803/1806 ihre Existenz und werden säkularisiert.

Für das 19. und 20. Jahrhundert orientiert sich die Darstellung an den großen epochalen Entwicklungen wie dem Kampf um Demokratisierung und Liberalisierung, der Industrialisierung und Entstehung der Sozialen Frage, der Rekonfessionalisierung, dem imperialistischen Zeitalter mit seinen Missionsorden und der Weimarer Republik, die durch ihre freiheitliche Verfassung die Gründung neuer religiöser Einrichtungen erleichterte. Die Zeitgeschichte wird durch den Kampf des nationalsozialistischen Staates gegen die Kirche geprägt; neue Anforderungen stellen sich in der Nachkriegszeit mit ihren großen Völkerverschiebungen und der Durchmischung der Konfessionen an die Orden.

Historische Ansichten und aktuelle Fotografien sowie Lagepläne und Rekonstruktionszeichnungen veranschaulichen das wechselnde Aussehen der Klosteranlagen. Recherchemöglichkeiten über eine » Erweiterte Suche führen u.a. zu einzelnen Orden oder Klostertypen. Wichtige Links vereinfachen für den Nutzer die Verknüpfung mit dem Datenbestand der Denkmalpflege, zur Erforschung der Architekturgeschichte und Bausubstanz. Über die Verbindung mit der Hessischen Bibliographie und Arcinsys lassen sich bereits digitalisierte Archivbestände erschließen und Publikationen finden. Der Hessische Städteatlas und der Geschichtliche Atlas von Hessen sind Online-Angebote des Hessischen Instituts für Landesgeschichte, die verknüpft sind. Weiter lässt sich der Standort der Niederlassung aus der Übersichtskarte erschließen; die Verbindung zu anderen Modulen in LAGIS, wie zur Hessischen Biografie oder der Topografie des Nationalsozialismus, ist vorgegeben. Ein ↑ Glossar hilft die jeweilige Besonderheit der Orden und Kongregationen zu verstehen und erklärt Sachbegriffe.

Die einzelnen Datensätze im Klostermodul bieten aktuell Grundinformationen an und werden weiter ausgebaut; ergänzende Hinweise sind erwünscht und werden gerne eingearbeitet. Das Modul kann auch nicht den spannenden Alltag hinter den Klostermauern, Stiften und Schwesternhäusern mit seinen Alltagsproblemen, Konflikten und Besonderheiten zum Leben erwecken oder abbilden, aber es lädt ein, sich intensiver mit dieser fast verschwundenen Welt zu beschäftigen.

Das Modul Klöster und Orden wird in Kooperation mit der Historischen Kommission für Hessen entwickelt.

Die Projektmitarbeiter/innen

  • Stefan Aumann M.A.
  • Roswitha Kraatz
  • Dr. Katharina Schaal
  • Prof. Dr. Ulrich Ritzerfeld

Kontakt:

Prof. Dr. Ulrich Ritzerfeld
Hessisches Institut für Landesgeschichte, Marburg