Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1473 November 30

Ehevertrag zwischen Philipp von Katzenelnbogen und Anna von Braunschweig

Regest-Nr. 9712

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 4040 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 81, Nr. 60a⟩.
Zweite Ausfertigung ehemals im nassauische-dillenburgischen Archiv, 1824 an das königliche Hausarchiv der Niederlande abgegeben.
Stückbeschreibung: Moderbeschädigt.
Siegel: Mit den Siegeln.
Rückvermerke: hienlichsbrieff zcuschen mynem gnedigen herren von Katzenelnbogen und myner frauwen von Brunßwig siner gemaheln (ausgehendes 15. Jahrhundert).
Abschriften: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 81, Nr. 60b.
Regesten: Demandt, Regesten Katzenelnbogen 2, S. 1603-1605 Nr. 5753.
Regest
Graf Philipp von Katzenelnbogen schließt in feierlicher Form (in craft des vaders, in wißheit des soenes, in gudickeit des hilligen geistes und zo lobe und zo eren der hochgelobten, unverscheiden, eingen gotheit, in hoffenunge der genaden und hulffe Marien der mutter godis) mit Anna, Witwe Herzog Ottos von Braunschweig, geb. von Nassau, folgende Eheberedung:
Graf Philipp will Anna zur Gemahlin und Bettgenossin nehmen und ihr ein Wittum von 1600 fl. jährlicher Gülten und sicherer Renten verschreiben, von denen ihr jährlich 2/3 in Geld und 1/3 in Korn und Hafer fällig sein sollen, wobei 1 Malter Korn oder 2 Malter Hafer für 1 fl. zu rechnen sind. Hierzu sollen die 900 fl. verwendet werden, die dem Grafen jährlich vom Trierer Erzbischof vom Bopparder Zoll fällig sind, und der Rest soll in anderen Geld-, Korn- und Haferrenten angewiesen werden. Wenn der Erzbischof die 900 fl. mit 18000 fl. ablöst, müssen sie auf Rat des Grafen oder seiner Erben erneut so angelegt werden, daß Anna davon jährlich 900 fl. Rente erhält. Geschieht dies nicht rechtzeitig, müssen Anna inzwischen gleichwohl die 900 fl. jährlich gezahlt werden. Zu dieser Anweisung der 900 fl. an Anna soll der Graf die Einwilligungsurkunde des Erzbischofs beibringen, in der er sich verpflichtet, Anna die 900 fl. jährlich auszuzahlen, wenn sie zu ihrem Wittum gelangt. Die Haupturkunde über die 18000 fl. soll beim Frankfurter Rat hinterlegt werden, so daß Anna, wenn sie auf ihr Wittum zieht und diese Urkunde benötigt, ihrer sicher ist. Erfolgt die Ablösung während der Zeit der Deponierung dieser Urkunde, sollen statt ihrer die 18000 fl. dort eingelegt werden, bis wieder angelegt worden sind. Werden die 900 fl. abgelöst, während Anna auf ihrem Wittum sitzt, sind die 18000 fl. mit Einverständnis der Erben des Grafen wieder anzulegen, und zwar so, daß Anna dabei keinen Schaden hat.
Als Wittumssitz will der Graf Anna Burgschwalbach mit Ort (dale), Gericht, Herrschaft, Nutzung, Freiheit und den zugehörigen Leuten unter Vorbehalt des Öffnungsrechtes anweisen, wodurch Anna jedoch keinen Schaden erleiden soll. Alle Amtleute, Kellner, Schultheißen, Türmer, Pförtner, Wächter und Einwohner von Burg und Ort Schwalbach müssen Anna hinsichtlich dieser Wittumsverschreibung huldigen, desgleichen die Erben des Grafen. Graf Philipp wird Anna Sicherheit geben, daß sie aus den zu Burgschwalbach gehörenden Wäldern und aus denjenigen Wäldern, in denen das Schloß Märker ist, das notwendige Bau- und Brennholz nach Burgschwalbach erhält.
Die zum Wittum gehörigen Korn- und Hafergülten sollen in den drei Gerichten Burgschwalbach, Dörsdorf und Panrod angewiesen werden und das an dem bestimmten Betrag dort etwa nicht Einkommende an anderen Orten, die nicht zu entlegen sind. Es sollen ihr auch die Dienstleistungen in den genannten Gerichten zugeteilt werden, so daß ihr auch daran, besonders hinsichtlich der Holzfuhren, nichts mangelt. Die drei genannten Gerichte sind im ganzen Umfang ihrer Marken als Wittum Annas vorgesehen mit Ge- und Verboten, allen Herrschaftsrechten, Bußen und Wetten, Fischereien, Jagden und Wildfängen und allen darin fälligen Hühnern und Gänsen, ohne daß dieses auf die 1600 fl. angerechnet wird. Zum Wittum soll ferner der Hof im Ort Burgschwalbach gehören mit allen Äckern, Wiesen, Gärten, Schäfereien, Weingärten, Weinzehnten und allen kleinen Zehnten von Lämmern, Ferkeln, Hühnern und Flachs sowie die zur Burg Schwalbach gehörigen Wiesen mit ihrem Heuwuchs. Anna wird ferner berechtigt sein, 1/2 Fuder Wein als Bannwein nach Burgschwalbach zu legen, ohne daß dieses auf die 1600 fl. angerechnet wird. Sollten Stücke dieses Wittums Lehen sein, wird Graf Philipp die Zustimmung der Lehensherren zu ihrer Vergabung als Wittum beibringen. Wenn Philipp und Anna beide verschieden sind, fällt das Wittum wieder dorthin, wo es hergekommen ist. Über die Wittumsverschreibung soll der Graf wohlbesiegelte Urkunden ausstellen, damit Anna in jeder Beziehung wohl versorgt ist.
Graf Philipp wird Anna ferner eine Morgengabe von 200 fl. jährlicher Renten aus den Gerauer Gefällen verschreiben und ihr Sicherheit verschaffen, daß ihr diese nach seinem Tode gewiß sind. Zu seinen Lebzeiten darf sie jedoch dieselben nur mit seiner Zustimmung in andere Hände wenden, nach seinem Tode kann sie damit tun, was sie will, sie zum Heile ihrer Seele verwenden oder sonstwie hinweggeben; doch sind die Erben des Grafen berechtigt, die 200 fl. mit 3000 fl. wieder einzulösen, was sie ein halbes Jahr vorher anzeigen müssen. Zur größeren Sicherheit von Anna soll die Morgengabe besonders beurkundet werden.
Anna verspricht ihrerseits durch ihre Beauftragten und auf Rat ihres Vaters, Graf Johanns von Nassau, Diez und Vianden, Herrn zu Breda, den Grafen Philipp zum ehelichen Gemahel und Bettgenossen zu nehmen, ihm 400 fl. jährlicher Renten mitzubringen und ihm Sicherheit zu leisten, daß sie ihm jährlich zu zwei Terminen ausgezahlt werden, solange er lebt und nicht länger. Da jedoch dieses Wittum, welches Anna von Herzog Otto von Braunschweig erhalten hat, zu weit entfernt liegt, als daß Graf Philipp mit einer genügenden Sicherheit rechnen könnte, hat Anna ihren Vater gebeten, dem Grafen Philipp diese 400 fl. anzuweisen. Die ersten 200 fl. sollen ein halbes Jahr nach dem Tage, an dem Philipp Anna beschlafen hat, fällig sein und die anderen 200 ein weiteres halbes Jahr später. Auf diese beiden Termine sind sie dann alljährlich gegen Quittung an den gräflichen Kellner in Hadamar auszubezahlen. Wenn die Herzöge von Braunschweig diese 400 fl. - Annas Wittum und Morgengabe - mit 4000 fl. wieder einlösen, braucht Graf Johann von Nassau die genannte Rente von 400 fl. nicht mehr zu zahlen, da Graf Philipp dann diesen Betrag von den wieder anzulegenden 4000 fl. Einlösungsgeldern lebenslänglich erhalten soll. Nach seinem Tode fällt die Rente wieder dahin, wohin sie von Rechts wegen gehört. Für die Übernahme der Verpflichtung, jährlich an Graf Philipp 400 fl. zu zahlen, erhält Graf Johann alle Einkünfte aus Annas Wittum Lüchow und dem Zoll zu Hitzacker, wie sie ihr von dem +Herzog Otto als Wittum und Morgengabe verschrieben worden sind, so lange, wie er die 400 fl. jährlich an Graf Philipp zahlt. Sollte Graf Johann in der Einziehung dieser Wittums- und Morgengabegefälle beeinträchtigt werden, wird er vom Grafen Philipp als dem Vormund Annas jede mögliche schriftliche Unterstützung erhalten. Diese Übereinkunft zwischen Anna, ihrem Vater und dem Grafen Philipp hinsichtlich der Mitgift Annas sollen gleichfalls beurkundet werden.
Erzielen Philipp und Anna noch einen oder mehrere Söhne, dann werden diese die Grafschaft Katzenelnbogen und Diez mit allen zugehörigen Landen, Schlössern und Herrschaften behalten. Stirbt in diesem Falle Graf Philipp vor Anna, soll diese ihren Söhnen angemessene (zemliche) Vormünder setzen, die ihr Bestes besorgen, während Anna auf ihr Wittum ziehen soll, wobei ihr Kleinode und weibliche Habe (gerede), die sie jetzt hat oder noch von Graf Philipp während ihrer Ehe erhält, ungeschmälert folgen sollen. Erzielen Graf Philipp und Anna jedoch nur noch Töchter, dann erben diese zu gleichen Teilen mit der Landgräfin von Hessen, Graf Philipps Tochter. Auch in diesem Fall soll Anna, wenn Graf Philipp vor ihr stirbt, nach dem Tod ihres Gemahls auf ihr Wittum ziehen. Im übrigen bleibt Graf Philipp berechtigt, seinem Schwiegersohn Landgraf Heinrich von Hessen Zuwendungen über den jetzigen Stand hinaus zu machen, nur darf Annas Wittum und Morgengabe darunter nicht leiden.
Was die 1000 fl. betrifft, mit denen Graf Philipp die Gräfin Ottilie von Thierstein ausgestattet hat, so soll Vorsorge getroffen werden, daß Landgraf Heinrich, der sich für die Auszahlung dieses Betrages an Ottilie mit verbürgt hat, von den Erben, die Philipp und Anna vielleicht noch gewinnen, nach dem Tode Graf Philipps schadlos gehalten wird und Ottilie ihr Geld bekommt, jedoch ohne dadurch Annas Wittum und Morgengabe zu beeinträchtigen. Auch hierüber sollen die entsprechenden Urkunden ausgefertigt werden.
Alle vorgenannten Urkunden über Wittum, Morgengabe und sonstige Artikel sollen vor dem Eheschluß (byslaeffen) ausgefertigt und besiegelt werden und die Wittums- und Morgengabeurkunden Anna mit der Hochzeit übergeben werden.
Zum Zeichen der Zustimmung zu allen diesen Punkten siegeln Philipp und Anna gemeinsam mit Graf Johann von Nassau und den beiderseitigen Unterhändlern (1) Kuno von Reifenberg d.Ä., Bernhard Kreiß von Lindenfels, Heinrich Mosbach und Konrad von Katzenelnbogen, Philipp von Stein d.Ä., Johann Freie von Dehrn und Hermann von Haiger.

Wortlaut der Datierung

Geben uff sant Andreas des hilligen apostelen tage 1473.

Weitere Informationen

(1) Aus der Rechnung des nassauischen Kellners in Hadamar von 1473/1474 (StA Wiesbaden, Abt. 192): Item uff sondag nae sant Katrinendag (November 28) quam iuncher Wilhelm von Staffel, iuncher Philips vom Stein der alde, der Frye von Thirn, Johannes der schriber zu Nassauwe und Johannes Depel und bleuben mandag sant Andreas abent (November 29) und dinstag sant Andreas dag (November 30) und bleiff iuncher Philips mit uff den donrstag, hatten 12 personen ... Als sie den hinlichen sloßen czusschen myns herrn gnade und gn. Frauwen von Katzenelnbogen.

Nachweise

Aussteller

Katzenelnbogen, Grafen, Philipp I. · Katzenelnbogen, Grafen, Anna, Frau Philipps I., verw. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, geb. Gräfin von Nassau

Empfänger

Katzenelnbogen, Grafen, Anna, Frau Philipps I., verw. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, geb. Gräfin von Nassau · Katzenelnbogen

Siegler

Katzenelnbogen, Grafen, Philipp I. · Katzenelnbogen, Grafen, Anna, Frau Philipps I., verw. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, geb. Gräfin von Nassau · Reifenberg, Kuno [I.] von · Kreis, Bernhard [I.] · Mosbach, Heinrich [I.] · Katzenelnbogen, Konrad von · Stein, Philipp vom · Dehrn, Johann [I.] Frei von · Haiger, Hermann von

Weitere Personen

Braunschweig-Göttingen, Herzöge, Otto der Einäugige · Trier, Erzbischöfe, Johann II. von Baden · Nassau-Dillenburg, Grafen, Johann IV. · Hessen, Landgrafen, Anna, Frau Heinrichs III., geb. Gräfin von Katzenelnbogen · Hessen, Landgrafen, Heinrich III. · Thierstein, Grafen, Ottilie, Frau Oswalds I., verw. Gräfin von Katzenelnbogen, geb. Gräfin von Nassau · Staffel, Wilhelm [III.] von · Depel, Johannes · Johannes, Schreiber in Nassau

Weitere Orte

Katzenelnbogen, Grafen · Braunschweig, Herzöge · Nassau, Grafen · Trier, Erzbischöfe · Boppard, Zoll · Frankfurt, Rat · Burgschwalbach, Burg · Burgschwalbach, Gericht · Burgschwalbach, Tal · Dörsdorf, Gericht · Panrod, Gericht · Gerau, Gefälle · Diez, Grafen · Vianden, Grafen · Breda, Herren · Hadamar, Kellner · Lüchow · Hitzacker, Zoll · Katzenelnbogen, Grafschaft · Thierstein, Grafen · Lindenfels

Sachbegriffe

Grafen · Eheverträge · Witwen, Wiederheirat von · Herzöge · Wittume · Gülten · Renten · Verschreibungen · Abgaben, Getreide · Korn · Hafer · Erzbischöfe · Zölle, Einnahmen aus · Urkunden, Deponieren von · Räte · Pfandschaften · Pfänder, Auslösen von · Wittumssitze · Burgen · Schlösser · Gerichte · Herrschaften · Nutzungsrechte · Öffnungsrechte · Amtleute · Kellner · Schultheiße · Türmer · Pförtner · Wächter · Huldigungen · Brennholz · Bauholz · Bußen · Strafen · Heu · Jagd · Schäfereien · Fischereien · Lämmer · Ferkel · Hühner · Flachs · Wiesen · Wein · Bannweine · Morgengaben, Verwenden von · Seelstiftungen · Erben · Mitgift · Quittungen · Söhne · Töchter · Vormünder, Einsetzen von · Schwiegersöhne · Erben, fehlende männliche

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Demandt, Reg. Katzenelnbogen 2

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 9712 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/9712> (Stand: 26.04.2024)