Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Klöster und Orden

Übersichtskarte Hessen
Messtischblatt
5623 Schlüchtern
Moderne Karten
Kartenangebot der Landesvermessung
Ortskennziffer
43502511005

Weitere Informationen

Benediktinerkloster Schlüchtern

Gemarkung Schlüchtern, Gemeinde Schlüchtern, Main-Kinzig-Kreis
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

Das Kloster wird der Sage nach im 8. Jahrhundert von Benediktinermönchen gegründet und im 11. Jahrhundert neu installiert. Dem Bischof von Würzburg unterstellt, wird seine Entwicklung durch die territorialen Interessen des regionalen Adels, besonders der Grafen von Hanau geprägt. Es bleibt nach Einführung der Reformation in Schlüchtern bis 1609 bestehen und wird in eine Stiftung umgewandelt, die bis heute im Besitz der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck ist. Die Gebäude dienen bis ins 18. Jahrhundert als Lateinschule, im 19. Jahrhundert als Lehrerseminar. Die karolingische Krypta der ehemaligen Benediktinerkirche gehört zu den ältesten Kirchenräumen Deutschlands.

Orden:

Benediktiner

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Mainz, Bistum Würzburg, Archidiakonat Karlstadt

Typ:

Männerkloster

Territorium:

  • bis 1243: Vogtei der Edelherren von Grumbach
  • bis 1377: Teilung der Vogtei zwischen den Herren von Trimberg und Grafschaft Hanau-Münzenberg
  • seit 1346: Grafschaft Hanau
  • vgl. Schlüchtern

Benennung der Institution:

Lagebezug:

0,5 km südwestlich von Schlüchtern

Lage:

Das Klosters liegt an wichtigen Straßen zwischen der Rhön im Osten, dem Spessart im Süden und dem Vogelsberg im Westen. Von Frankfurt führt die Kinzigstraße über Schlüchtern nach Fulda, von hieraus weiter nach Leipzig, nach Süden verläuft eine Anbindung über Gemünden nach Würzburg. Die Kinzig fließt südlich an der Klosteranlage vorbei.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3537445, 5579065
UTM: 32 U 537355 5577273
WGS84: 50.346354° N, 9.525019° O

Geschichte

Geschichte:

Das genaue Gründungsdatum ist unklar, ebenso ob es sich um eine Gründung Karls des Großen, ein Fuldaer Eigenkloster oder um eine würzburgische Gründung handelt. Otto III. übergibt 999 dem Bistum Würzburg das Kloster und bezieht sich dabei auf eine gefälschte karolingische Urkunde (788). Überreste der ersten Kirche stammen aus frühkarolingischer Zeit.

Die "zweite" Gründung des Klosters erfolgt im Jahre 1018 durch den Abt Richard von Fulda mit Zustimmung des Bischofs von Würzburg; im Sinne der cluniazensischen Reform (Dezentralisierung) erhält es einen umfangreichen Grundbesitz vom Fuldaer Stammkloster. 1099 wird das Kloster erstmals als "Soltaria" bezeichne. Im 11. und 12. Jahrhundert erlebt das Kloster einen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich im Ausbau der Kirche, in neuen Gebäuden, dem Aufbau eines Scriptoriums, einer Schule und eines Hospitals zeigt. Im Schnittpunkt der Interessen zwischen der Reichsabtei Fulda und dem Bistum Würzburg wird es ab dem 13. Jahrhundert verstärkt durch den regionalen Adel (Herren von Steckelberg, Herren von Hutten und Thüngen) und den zunehmenden Ansprüchen der neuen Territorialherren derer von Hanau bedroht.

Es gelingt den Äbten durch Neuerwerbungen den Besitz zu vergrößern, umfangreiche Rechte zu kodifizieren. So lässt Schlüchtern im 14. Jahrhundert auf der Kinzigbrücke durch einen Amtmann Recht sprechen. Die Aufteilung in Konvents- und Abtsbesitz wirkt sich zwischen 1436 und 1470 für das Kloster sehr negativ aus, da zahlreiche Prozesse geführt und Entschädigungen gezahlt werden müssen.

1468 wird auf Drängen der Hanauer Grafen eine Reform des Klosterlebens und der Klosterwirtschaft versucht. Angelehnt an die Bursfelder Kongregation gelingt es Abt Christian II. das klösterliche Leben zu reorganisieren und die enormen Schulden abzubauen. Er berät die Herren von Hanau, pflegt gute Beziehungen zu Würzburg und schließt mit dem Abt von Fulda 1503 ein Bündnis gegen die Reichsritterschaft, weiter renoviert und erweitert er die Klostergebäude.

Im Bauernkrieg werden Gebäude zerstört, der Konvent verlässt das Kloster. Nach der Rückkehr versucht Abt Lotichius Petrus Secundus einen eigenen reformatorischen Weg umzusetzen, angelehnt an die humanistischen Vorstellungen von Erasmus von Rotterdam (Gottesdienst in Deutscher Sprache, Ehe der Priester, Laienkelch) und Ulrich von Hutten. Von seinem in Schlüchtern gegründeten Bildungskreis gehen bedeutende Reformimpulse aus. Einen seiner wichtigsten berühmten Schüler, Bonifatius Helfrich, ernennt er zum Schulleiter in Schlüchtern. Dieser verfasst eine grundlegende humanistisch gerpägte Schulordnung. 1535 wird ein weiterer Anhänger, Johannes Femel, Lehrer an der neuen Klosterschule in Schlüchtern. Dieser prägt als Rektor später die Universität in Erfurt. Nach dem Tod des Abtes 1567 besetzt Hanau das Kloster und hebt es auf. Die Schule wird durch einen Beamten verwaltet, das Silber verkauft. Die Versuche der Würzburger Bischöfe, juristisch über das Reichskammergericht das Kloster zurück zu erhalten (Restitutionsmandat des Reichshofrats 1624, 1628-1631 von Würzburg, 1631-1637 von Hanau, 1634 wieder von Würzburg besetzt), scheitern endgültig nach seiner Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg. In einem Vergleich wird 1656 das ehemals reiche Kloster an Hanau gegen Orb (Salzpfannen, Wald) getauscht.

Gründungsjahr:

um 800

Gründer:

Abt Richard von Amorbach-Fulda

Aufhebungsjahr:

um 1567

Organisation:

Der Konvent wählt einen Abt und schlägt ihn dem Bischof von Würzburg vor. Dieser setzt ihn ein. In der Blütezeit im 14. Jahrhundert leben 20 Konventuale im Kloster, für 1520 werden elf, 1534 drei und 1542 wieder siebzehn Mönche genannt.

Pfarrrechte:

Pfarrei Schlüchtern, Marjoß, Neuengronau, Mottgers, Gundhelms, Hintersteinau mit der Filialkirche in Klesberg und Teilen von Ürzell, Niederissigheim, Aufenau. Elm ist Filialkirche, ebenso Kressenbach.

Der Fuldaer Abt Richard (1018-1039) schenkt dem Kloster Schlüchtern die Kirche zu Ramholz. Zur Pfarrei Ramholz gehören1167 die Filialkirchen in Oberkalbach, Gundhelm, Neuengronau, Züntersbach, Sterbfritz, Steckelberg, Oberzell, Veitsteinbach, Zeitlofs, Mottgers. 1354 inkorporiert Bischof Albert von Würzburg dem Kloster Schlüchtern die Pfarrei Ramholz.

1196 inkorporiert Papst Cölestin III. die Pfarrkirche St. Michael des Ortes dem Kloster Schlüchtern.

Patrozinien:

Erzengel Michael (9. Jahrhundert; unsicher); Gottesmutter Maria (seit 1018 belegt)

Archivgeschichte:

Nistahl, Geschichte des Klosters Schlüchtern im MittelalterS. 50-53

Besitz

Besitz:

Das Kloster besitzt einen umfangreichen Grundbesitz. Zur ursprünglichen Ausstattung gehören vermutlich nur einige unbedeutende Besitztümer zwischen Kinzig und Elm.

Für das 11./12. Jahrhundert lässt sich an folgenden Orten Besitz des Klosters nachweisen; diese sind im Instrumentum Heroldianum aufgelistet:

Aufenau, Bellings, Bernbach, Breitenbach, Elm, Eussenheim (alter Landkreis Karlstadt), Flieden, Flörsbach, Gomfritz, Gundhelm, Gössenheim (alter Landkreis Karlstadt), Gunzenbach, Hintersteinau, Hohenzell, Hundsrück, Kempfenbrunn, Klesberg, Kressenbach, Lohrhaupten, Marjoss, Mernes, Mottgers, Neuengronau, Niederissigheim, Oberkalbach, Orb, Pfaffenwiesbach, Ramholz, Rossdorf, Sachsen, Schlüchtern, Sterbfritz, Steckelberg, Sulzwiesen (alter Landkreis Karlstadt), Veitsteinbach, Wallroth, Würzburg, Zeitlofs, Züntersbach

Im 13./14. Jahrhundert kann das Kloster an folgenden Orten Besitz erwerben:

Ahlersbach, Lindenberg, Niederzell, Pfaffenhausen, Steinau, Wesselrode

Zu den Klosterhöfen in Lindenberg, Ahlersbach und Raith gehört jeweils eine Kapelle.

Abhängigkeitsverhältnis:

Teilung der Vogtei über das Kloster zwischen den Bischöfen von Würzburg (Lehen an von Trimberg) und seit 1316 Hanau; seit 1375 hält Hanau die gesamte Vogtei.

Ausstattung

Gebäude:

Die Klosterkirche wird mehrfach erweitert und umgebaut. 1446 erfolgt ein Neubau der Kirche. Zur Ausstattung mit mittelalterlichen Glasfenstern vgl. Schlüchtern, Benediktinerabtei

Nutzung als Lehrerseminar 1836-1925.

Nachweise

Quellen:

Gedruckte Quellen:

Literatur:

Germania Sacra-ID:

30320

GND-Nummer:

4296034-4

Zitierweise
„Benediktinerkloster Schlüchtern, Gemeinde Schlüchtern“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/12936> (Stand: 22.6.2021)
Indizes

Personen:

Aulaeus, Christoph

Femel, Johannes

Helfrich, Bonifatius

Lotichius, Petrus Secundus

Sachbegriffe: