Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Otto Merkel, Geschichte der Familie Merkel 1912-1919

Abschnitt 7: Kollegen an der Dillenburger Mädchenschule

[93-94] Von der Heydt, der Mann mit dem großen Schnurrbart hatte etwas bissiges in seinem Wesen, konnte aber, wenn man ihn zu nehmen wußte, ganz angenehmer Gesellschafter sein. Er hatte in Sinn1, woher er stammte, ein Baumstück mit einer Hütte, und dorthin lud er die Kollegen u. Familien zuweilen zu einem kleinen Picknick ein, was immer mit Freuden akzeptiert wurde. Er hatte nur einen Sohn, der in der Schule nicht recht fortkommen wollte. Dieser musste als Präparand der 1. Klasse ins Feld rücken und kam nicht wieder. Von den 2 Töchtern half die Ältere im Haushalt, die Jüngere war meine Schülerin, kam dann nach Koblenz und wurde Lehrerin in Mayen2.

Von Günterod3 kannte ich bereits Metz. Derselbe war von Günterod aus nach Donsbach4 und von dort nach Dillenburg gekommen, hatte sich dort in der Hohl ein Haus gebaut und war allseitig wohl gelitten. Er hat 2 Töchter, die zur Zeit noch beide ledig sind, während der Sohn nach dem Abiturium Soldat wurde [S. 94] und es im Feld zum Leutnant brachte. Was er jetzt studiert, weiß ich nicht. Ebenfalls im Hohl in einem eigenen Haus wohnte Hild. Er war vorher Hauptlehrer in Straßebersbach5 gewesen und wegen der Beschulung seiner Kinder nach Dillenburg gegangen. Seine Frau war so nervös und willensschwach, dass er viel Last mit ihr hatte. Auch gönnte sie ihm nicht eine Zerstreuung, die ihm ab und zu nottat. Sein Sohn besuchte das Gymnasium, der 2. war noch in der Stadtschule und das Töchterlein war noch nicht schulpflichtig. Er und Metz waren die einzigen, mit denen ich auf „Du“ stand. Karl Meckel (?) hatte zuerst auch in der Hohl gewohnt, dann aber ein eigenes Haus in der Nixböthe gebaut. Er war ein Dillenburger, sein Vater war der Schreiner Meckel im dritten Haus links in der Oranienstraße. Seine Frau stammte aus Langen6. Die beiden Kinder Elschen und Karl besuchten noch die Stadtschule. Der Jüngste unter den Lehrern war Röhrig, der einzige katholische Kollege. Er war jung verheiratet mit einer Landsmännin von mir, mit Pfarrer Röschen von Biedenkopf, einer Nichte des katholischen Pfarrers Brühl.

Nach seiner Verheiratung zog er von der Hohl, wo er auch früher wohnte, nach der Nixböthe u. wohnt dort Meckel gegenüber. Am Feldzug7 nahm er wegen schlechter Lunge nicht teil. Meckel aber machte in Rumänien den Krieg mit, jedoch immer als Ordonanz bei einem Zahlmeister.


  1. Sinn, Lahn-Dill-Kreis.
  2. Mayen, Kreis Mayen-Koblenz, Rheinland-Pfalz.
  3. Günterod, Gemeinde Bad Endbach, Kreis Marburg-Biedenkopf.
  4. Donsbach, heute Stadtteil von Dillenburg.
  5. Heute Ewersbach, Gemeinde Dietzhölztal, Lahn-Dill-Kreis
  6. Langen, Landkreis Offenbach.
  7. D.h. im Ersten Weltkrieg.

Recommended Citation: „Otto Merkel, Geschichte der Familie Merkel 1912-1919, Abschnitt 7: Kollegen an der Dillenburger Mädchenschule“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/5-7> (aufgerufen am 19.04.2024)