Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Otto Merkel, Geschichte der Familie Merkel 1912-1919

Abschnitt 9: Gesellschaftliche Kontakte in Dillenburg

[95] Auf meine Anregung hin wurden im Sommer gemeinsame Ausflüge unternommen und im Winter Familienkränzchen gehalten. Als aber das Kollegium der Mädchenschule ab und zu unter sich allein eine Abendzusammenkunft hatten, bekam die Sache einen Sprung, die anderen fühlten sich verletzt und es wurde nichts Rechtes mehr aus den Geselligkeiten. Bloß gelang es den Frauen, einen Kaffeeklatsch ins Leben zu rufen, der bis zuletzt bestanden hat. Am Lehrervereinsleben nahm ich auch hier regen Anteil. Vorsitzender war zuerst der Hauptlehrer Bromm von Oberscheld1, nachher Rektor Grävenstein und zuletzt hatte ich selbst dieses Ehrenamt, was so viel Ärger im Gefolge hat. Die Versammlungen waren im allgemeinen schlecht besucht. Sie fanden im Hotel Steinhoff (?) statt. An den Kosten der Vorträge und Debatten habe ich ehrlich mitgetragen. So habe ich Vorträge gehalten über die Ortszulagen, die Besoldungskassen, über die Pilze (?), über meine Kriegserlebnisse.

Um auch hier besonders die jungen Leute bei ihrer Arbeit für die 2. Prüfung zu unterstützen, gründeten wir auch hier ein pädagogisches Kränzchen und bearbeiteten in demselben Wendts(?) Psychologie. Teilnehmer waren: Rektor Grävenstein, Präparandenlehrer Lanth(?) und Knobloch, Lehrer Kalbchen(?) und Schäfer von Frohnhausen2, Schmidt von Donsbach3 und Finger-Niederscheld4. Die Zusammenkünfte fanden in der Stadtschule statt.

Ebenso gern nahm ich an den französischen Leseabenden teil, die Rektor Grävenstein, die 3 Damen von der Mädchenschule u. ich abhielten. Wir lasen dabei ein französisches Buch und knüpften daran grammatische und stilistische Besprechungen.

Im übrigen beschränkte sich unser gesellschaftliche Verkehr fast ausschließlich auf die Familien Grävenstein u. Jakobi. Letzterer war der Sohn von Förster Jakobi zu Biedenkopf und hatte eine Tochter des Hutmachers Höhn ebenfalls von Biedenkopf zur Frau. Er war Kreissekretär, wohnte zuerst in der Friedrichstraße und zog dann mit mir in die Baumgartenstraße, wo er unser Nachbar wurde. Mit ihm und Grävenstein ging ich auch wöchentlich ein mal abends in die Oranierbrauerei5 zum Kegelabend.


  1. Oberscheld, heute Stadtteil von Dillenburg.
  2. Frohnhausen, heute Stadtteil von Dillenburg.
  3. Donsbach, heute Stadtteil von Dillenburg.
  4. Niederscheld, heute Stadtteil von Dillenburg.
  5. Oranienbrauerei Dillenburg (bis 1974).

Recommended Citation: „Otto Merkel, Geschichte der Familie Merkel 1912-1919, Abschnitt 9: Gesellschaftliche Kontakte in Dillenburg“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/5-9> (aufgerufen am 14.05.2024)