Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Karl Rühl, Auszug und erste Kriegswochen des Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 116 aus Darmstadt und Gießen, 1914

Abschnitt 8: Heftige Kämpfe in der Marneschlacht

[18-19]
Am 8.9. 8.00 vorm. steht das Regiment im Verband der Brigade gefechtsbereit an Höhe 208 nördlich Vitry. Um 9.00 vorm. erfolgt in der Reihenfolge III., II., I. der Vormarsch über Vitry—Blacy nach Höhe 165, 2 km westlich Blacy. Hier entfaltet sich die Brigade mit der Front nach Süden, L. 116 auf dem rechten, L. 118 auf dem linken Flügel. Genau 11.00 vorm. tritt das Regiment in die Schlacht ein: I. und II. in vorderster Linie, III. in zweiter Linie rechts gestaffelt. Marschrichtungspunkte und Geländestreifen werden nach Geländepunkten angegeben. Allgemeine Angriffsrichtung ist Châtel Raould. Die Entwicklung vollzieht sich planmäßig und glatt wie auf dem Exerzierplatz. Starke Schützenwellen werden vorgenommen. Während des Vorgehens [S. 19] meldet ein sächsischer Offizier dem Regts. Führer: „Sächsische Brigade in Not, kann sich kaum mehr halten, Hilfe nötig!" Das Regiment wird darauf etwas nach rechts eingedreht; die selbst im Frieden schwierige Bewegung geht glatt von statten. III. folgt nun hinter der Mitte, später hinter dem linken Flügel. Die Bahnlinie Vitry—Sommepuis und der hart südlich davon gelegene Bach werden unter heftigem Feuer überschritten. Gegen 12.30 nachm. erreicht das Regiment die stark vom Gegner bedrängte 89. sächsische Infanterie-Brigade (F.R. 133 und 131). Das Regiment wird der Brigade unterstellt und erhält den Befehl: „Höhe ist zu halten, es wird nicht weiter vorgegangen." Die Linien der Sachsen werden verstärkt. Nach links wird verlängert. Gegen 3.00 nachm. liegt das Regiment überall in heftigem Kampf aus den Höhen westlich Courdemanges. I. verbindet auf dem linken Flügel durch 1. und 2. Komp. mit L. 118, III., mit allen Kompagnien im Kampfe, hält die Mitte, II. den rechten Flügel (ohne 6. Komp.). 7. und 8. Komp. in vorderster Linie, 5. Komp. als Artillerieschutz auf Höhe 135 westlich des Bataillons, 3. und 4. Komp., die zur Verstärkung gesandt waren, bleiben als Reserve hinter der Weinbergstellung rechts zurückgestaffelt.

Gegen 6.30 nachm. geht L. 118 zum Angriff vor; das Regiment schließt sich dem Vorgehen an, besonders mit den Teilen in der Mitte und links. Die Franzosen werden geworfen und in die Waldstücke in Richtung Blacy-aux-Bois zurückgedrängt. Gefangene werden gemacht und zurückgebracht. Flankenfeuer aus der linken Flanke von eigenen Truppen zwingt zum Zurückgehen. Der Kampf dauert bis spät in die Nacht. Ein Vorstoß der Franzosen gegen Abend veranlaßt Teile des Regiments gleichfalls zu einem Gegenstoß; die Franzosen werden scharf eine Strecke weit verfolgt. Die eingetretene Dunkelheit und die Unübersichtlichkeit des Geländes zwingen jedoch dazu, das Gefecht abzubrechen und die alten Höhenstellungen wieder einzunehmen. Das Regiment lag an diesem Tage etwa 1,5 km nordwestlich Château Beaucamp. Die Not der französischen 4. Armee wächst beständig, da an diesem Tage auch ihr rechter Flügel zurückgeworfen wird.


Persons: Rühl, Karl
Places: Vitry · Blacy · Châtel Raould · Sommepuis · Courdmanges · Blacy-aux-Bois · Château Beaucamp
Keywords: Landwehr Infanterie-Regiment Nr. 116 · Marneschlacht · Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 118 · Sächsische Brigade · 89. Sächsische Infanterie-Brigade · Franzosen · Kriegsgefangene
Recommended Citation: „Karl Rühl, Auszug und erste Kriegswochen des Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 116 aus Darmstadt und Gießen, 1914, Abschnitt 8: Heftige Kämpfe in der Marneschlacht“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/112-8> (aufgerufen am 18.04.2024)