Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Schreiben Bundeskanzler Adenauers an Ministerpräsident Zinn betr. Volksbefragungen zur Atombewaffnung vom 2. Mai 1958

Schreiben Bundeskanzler Adenauers an die hessische Landesregierung zu Atombewaffnung, 2. Mai 1958

Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967; CDU) reagiert auf die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlungen von Frankfurt, Darmstadt und Offenbach, Volksbefragungen zur Frage der Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden durchzuführen. Er erklärt die Auffassung der Bundesregierung, dass diese Beschlüsse mit dem Grundgesetz nicht vereinbar seien und bezieht sich dabei auf ein der Landesregierung übersandtes Schreiben des Bundesinnen- und Bundesjustizministeriums zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von Volksbefragungen. Der Beschluss der Frankfurter Stadtverordneten sei ein Versuch, in unzulässiger Weise auf den Bundestag und die Bundesregierung Einfluß auszuüben. Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung unterlägen ausschließlich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, die Ausrüstung der Bundeswehr der vollziehenden Gewalt. Die Gemeinden seien jedoch auf die Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft beschränkt. Die Verletzung der Bundeskompetenzen durch die Gemeinden verletze die ihnen obliegende Pflicht zur Bundestreue. Das Land sei aus gleichem Grund verpflichtet, durch den Hessischen Minister des Innern auf dem Weg der Kommunalaufsicht die Gemeinden zu einem verfassungsmäßigen Verhalten zu veranlassen.

Er sehe sich darum genötigt, so schreibt Bundeskanzler Adenauer, die Hessische Landesregierung um die Aufhebung der Frankfurter Beschlüsse zu ersuchen und die bereits daraufhin getroffenen Maßnahmen rückgängig zu machen. Sollte die Hessische Landesregierung bis 15. Mai keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen, werde die Bundesregierung in dieser Sache das Bundesverfassungsgericht anrufen.
(OV)