Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1464 September 11

Klage des Diethrich von Dersch vor dem Freigericht in Medebach

Regest-Nr. 9504

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Regesten: Riedesel zu Eisenbach 2, S. 262-264 Nr. 954.
Regest
Heinrich Wynands, ein gewürdigter Freigraf und geordneter Richter der Freien Stühle zu Medebach und zum Hallenberg (Hallenbergk), des Heiligen Römischen (Romischen) Reichs, des Erzbischofs Ruprecht zu Köln (Colne), Herrn zu Westfalen (Westhvalen), Herzogs zu Engern, Erzkanzlers des Heiligen Römischen Reichs in Italien (Ytalien), und der Stuhlherren Junker Johann Schenk zu Schweinsberg (Schenken, Sweinßberg), Philipp von Biedenfeld (Bidenfelt) und Cort von Viermünden (Firmen), bekundet vor allen gewürdigten Freigrafen und geordneten Richtern des Heiligen Römischen Reichs, der königlichen Dingstätten und Freienstühle in Westfalen und allen echten, rechten freien Schöffen, wissende der heiligen heimlichen Acht, daß 1463 September 22 (dornstag nehst nach sant Matheus tag) Junker Dietherich von Dersch (Derse), ein ehrwürdiger Freischöffe, vor ihn an die genannte königliche Dingstätte und den Freienstuhl hinter der Burg zum Hallenberg gekommen sei, als er in gehegtem Gericht in geclegter und gespanner Bank über Leib, Ehre und höchste Ehre zu richten saß, zu rechter none, Gerichtszeit nach Gestz und Recht der heiligen beschlossenen Acht in Beiwesen und mit Bewilligung seiner Stuhlherren. Er habe durch seinen Fürsprech vorbringen lassen, daß Siffert vom Stein (Steyne) wegen schwerer Klage der Brüder Herman (III.) und Jurgen Ritesel, Stuhlherren, zweimal vor das Heilige Heimliche Gericht geladen worden sei, daß er aber nicht gekommen sei. Er wolle die dritte letzte Ladung (furbodunge) gegen ihn erlangen. Dies sei zwei Freischöffen, Dingpflichtigen und Standgenossen des Gerichts, übergeben worden, die mit einträchtiger Zustimmung der Dingpflichtigen und Standgenossen des Gerichts und Köbigsbanns geweist hätten: Da Junker Dietherich dargetan habe, daß Siffrit in zwei furbodungen sitze, solle man ihm die dritte furbodunge geben, wenn sich seine Klage femru^ege erfinde. Dieses Urteil habe der Freigraf empfangen und verschlossen.
Darauf habe der Freigraf Junker Diederich seine Klage vorbringen lassen: Siffert habe in einem Brief an Landgraf Ludwig geschrieben, Herr Hermann (II.) Ritesel, Diederichs Ohm sel., habe seine Siegel, Briefe und Eide nicht erfüllt. Dazu habe er erklärt, Hermann habe betrogen und betrüglich gewonnen. Da diese Klage mit gefragtem, geweistem Urteil und Recht unter Königsbann nach freien Stuhls Recht für bruchig erkannt und geweist worden sei, habe der Freigraf Dietrich über Siffrit die dritte, letzte furbodunge gegeben und ihm den Gerichtstag auf 1463 November 24 (uf donrstag fur sant Katherinen tag; vgl. [Becker, Riedesel zu Eisenbach 2] Nr. 934) gelegt und ihm den selbsieben mit sechs Freischöffen bestimmt.
Auch dies Gericht habe Siffert verschmäht und sei den Geboten ungehorsam gewesen; weder er noch jemand von seinetwegen sei erschienen. Diederich habe darauf durch seinen Fürsprech begehren lassen, ein Vollgericht über Siffert, seinen Leib und seine Ehre zu tun. Hierauf sei unter Königsbann nach freien Stuhls Recht unter Zustimmung der Dingpflichtigen und Standgenossen das Urteil geweist worden, daß der Freigraf das Vollgericht tun solle, wenn Dietrich die Klage bezeuge. Dies habe er mit Zustimmung der Dingpflichtigen und Standgenossen nach freien Stuhls Recht ohne Einsage Siffrids oder eines Bevollmächtigten von ihm getan.
Als hierauf Dietrich das Gericht nach freien Stuhls Recht begehrte, habe Junker Johann Schenck um Gottes und des Königs willen unter Beifall der Dingpflichtigen und Standgenossen, Freischöffen des Gerichts, das Gericht noch um zwei Zeiten nach freien Stuhls Recht aufgeschoben. Er habe dies an Siffrid geschrieben und ihn aufgefordert, Diederich und seinen bezeugten Klagen, Kosten und Schaden genug zu tun, zum Gericht zu kommen und sich des Rechts gegen Diederich zu behelfen, wenn er könne und soviel er könne.
Also ist der vorgenante Siffert in gericht, dem also zu tun, nie komen. Der Freigraf habe ihm darauf den heutigen Gerichtstag angesetzt. Da nun Siffert wieder nicht erschien, läßt Dietherich durch seinen Fürsprech bitten, über Siffert, seinen Leib und seine Ehre ein Vollgericht zu tun.
Darumb so habe ich, so mir danne mit gefragten gewiesten orteln und rechten under konigesbann nach frienstuls recht zu tun gewist ist, oder den genante Siffreiten vorclagten, sinen lib und ere und die egenanten des vorgenanten Diederichs erzugete swerliche clage eyn volgericht nach frienstuls recht, als recht ist, getan, ene zu vorrichten, und vorfemet und sinen lip firrichtet und ene gewist, mit ortel und mit recht zugeteilet ist, zu hangen ane eynen ast eins baumes, den kraen und den fogeln das fleisch zu verzeren und zu verheren, sine sele dem allmechtigen gode und unser libin frawen, sin lehin und lehinguter, ab er was hette, den hern verlediget, dazu alle siner lehin werschafft nicht zu verlehin, noch zu gebin, wanne er das mit recht alles entsatzt und verwist ist, und sin ander guter sinen erben. Das Urteil wird mit Zustimmung der Dingpflichtigen und Standgenossen, Freischöffen, verschlossen.
Der Freigraf verpflichtet alle gewürdigten Freigrafen und geordneten Richter des Heimlichen Heiligen Römischen Reichs, der königlichen Dingstätten und Freienstühle in Westfalen, wenn sie von Dietherich oder dem Vorzeiger dieses Urteils gemahnt würden, bei den Eiden, die sie dem heiligen Heimlichen Gericht getan haben, ihm dazu zu helfen, den Siffert für einen vorachten Mann zu halten und ihm sein Recht, wie vorgeschrieben, zu tun, ihm auch keine christliche Gemeinschaft zu tun, ihn nicht zu halten, nicht zu herbergen an keinem Ende, ihn auch nicht Freiheit, Frieden und Geleit gebrauchen, noch beschirmen zu lassen.
Wer Siffert wissentlich Vorschub leistet, verfällt in eine Pön von 50 Pfund feinen Goldes für das Gericht, die Kläger und den Zeiger des Urteils.
Zeugen: Philips von Biedenfeld (Bidenfelt), Stuhlherr, Eberhart von Dermbach (Dernbach), Henne Korleder, Ditherich Anten, Heintze Schnurbach (Snorbusch), Johans Bangen, Ludewig Rumpf, Henne Boinecker und mehr schildbürtige und andere Freischöffen.
Siegler: der Freigraf mit seinem Gerichts- und Amtssiegel.

Wortlaut der Datierung

...am dinstage nach Unser libin Frawen tag nativitatis.

Nachweise

Aussteller

Winand, Heinrich, Freigraf, Richter in Medebach

Weitere Personen

Köln, Erzbischöfe, Ruprecht von der Pfalz · Schenk zu Schweinsberg, Johann d.Ä. · Biedenfeld, Philipp von · Viermünden, Konrad von · Dersch, Dieterich von, Junker · Stein, Siffrid vom · Riedesel zu Eisenbach, Hermann III. · Riedesel zu Eisenbach, Georg I. · Hessen, Landgrafen, Ludwig II. · Riedesel zu Eisenbach, Hermann II.

Weitere Orte

Medebach (Hochsauerlandkreis/Nordrhein-Westfalen) · Hallenberg (Hochsauerlandkreis/Nordrhein-Westfalen)

Sachbegriffe

Freigrafen · Richter · Freigerichte · Reiche, römische · Erzbischöfe · Herren · Herzöge · Erzkanzler · Stuhlherren · Richter, geordnete · Dingstätten, königliche · Burgen · Gerichte, gehegte · Gerichtsverfahren, Ablauf von · Reichsacht · Fürsprecher, vor Gericht · Klagen, schwere · Gerichte, heilige heimliche · Dingpflichtige · Standesgenossen · Gerichte, Zusammensetzung von · Königsbanne · Junker · Ehrgerichte · Verleumdungen · Betrügereien · Eide, Bruch von · Urteile, geweiste · Vollgerichte · Gerichtstermine, nicht eingehaltene · Strafen, für Verleumdungen · Todesstrafen · Strafen, Hängen

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Becker, Riedesel zu Eisenbach 2

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 9504 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/9504> (Stand: 26.04.2024)