Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

nach 1548 August 3

Rechtsgutachten des Simon Pistoris im katzenelnbogener Erbfolgestreit

Regest-Nr. 16429

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 4945 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 61, Nr. 13 - 9⟩.
Stückbeschreibung: Papier, Libellum.
Siegel: Ohne Siegel.
Regest
Simon Pistoris erstellt im Fall des Streits um das katzenelnbogener Erbe, speziell die Würzburger Lehen Darmstadt, Bessungen, Klappach und Eschollbrücken, zwischen Landgraf Philipp von Hessen und Graf Wilhelm von Nassau ein juristisches Gutachten über die Lehenszugehörigkeit und die Erbwege des Lehens.
Er stellt zunächst fest, daß Graf Philipp von Katzenelnbogen zwei Kinder hatte, den Sohn Philipp und die Tochter Anna, die mit Landgraf Heinrich von Hessen verheiratet war. Nach dem Tod des Sohnes stimmt Graf Philipp zu, daß sein Schwiegersohn Landgraf Heinrich von Bischof Rudolf von Würzburg mit den genannten Orten belehnt wird (1470 September 23).
Landgraf Heinrich wiederum hinterläßt bei seinem Tod drei Kinder: den Sohn Wilhelm und die Töchter Mechthild, verheiratet mit Herzog Johann von Kleve, und Elisabeth, verheiratet mit Graf Johann von Nassau. Das würzburgische Lehen erhielt Landgraf Wilhelm (1489 Juli 16), mit dem Zusatz, daß der Bischof von Würzburg das Lehen für 10000 fl. auskaufen kann, falls Wilhelm ohne männliche Leibeserben sterben sollte. Landgraf Wilhelm heiratet Elisabeth von der Pfalz und schreibt ihr Wittum auf die würzburgischen Lehen mit Einverständnis des Bischofs fest (1498 August 28).
Nach dem kinderlosen Tod Landgraf Wilhelms des Jüngeren beerbt ihn sein Vetter Landgraf Wilhelm II. mit Einverständnis des Kaisers. Er erhält vom Bischof von Würzburg Lehensurkunden über Darmstadt, Bessungen, Klappach und Eschollbrücken mit der Einschränkung, daß die Rechte Elisabeths von der Pfalz gewahrt werden müssen und der Bischof die Lehen bei fehlenden männlichen Leibeserben für 5000 fl. zurückkaufen kann (1502 Februar 17). Nachdem Elisabeth den Markgrafen Philipp von Baden geheiratet hat, löst Landgraf Wilhelm II. ihr Wittum gegen eine lebenslängliche Rente aus und Markgräfin Elisabeth gibt ihm dafür ihre Wittumsurkunden zurück (1508 Januar 27). Danach waren die genannten Orte ungestört in hessischem Besitz, bis 1523 Gräfin Elisabeth von Nassau verstarb und der Kaiser diese Orte als Erbe der Elisabeth bezeichnete. Dieses Urteil sollte nun 1548 vollstreckt werden, obwohl Landgraf Philipp von Hessen zu dieser Zeit Gefangener des Kaisers ist.
Dagegen stehen nach Ansicht des Pistoris folgende Argumente:
1. Der Vertrag zwischen dem Bischof von Würzburg und Landgraf Wilhelm III. bezüglich der Wittumsverschreibung für Elisabeth von der Pfalz bezeichnet den Landgrafen Wilhelm als Herrn über die genannten Orte.
2. Die Regelung des Rückkaufsrecht bei fehlenden männlichen Erben bedeutet, daß auch Frauen Erben sein können.
3. Diese Rückkaufssumme hätte dann Elisabeth von der Pfalz zugestanden.
4. Die Schwestern Landgraf Wilhelms III. haben nach seinem Tod nie selbst Anspruch auf ihr Erbe erhoben.

Weitere Informationen

Das Rechtsgutachten ist nicht datiert, die kaiserliche Verfügung zur Umsetzung des Urteils von 1523 erging 1548 August 3.

Nachweise

Aussteller

Pistoris, Simon

Weitere Personen

Katzenelnbogen, Grafen, Philipp I. · Katzenelnbogen, Grafen, Philipp II. · Hessen, Landgrafen, Heinrich III. · Hessen, Landgrafen, Anna, Frau Heinrichs III., geb. Gräfin von Katzenelnbogen · Hessen, Landgrafen, Wilhelm III. · Baden, Markgrafen, Philipp I. · Baden, Markgrafen, Elisabeth, Frau Philipps I., verw. Landgräfin von Hessen, geb. Pfalzgräfin bei Rhein · Nassau-Dillenburg, Grafen, Johann V. · Nassau-Dillenburg, Grafen, Elisabeth, Frau Johanns V., geb. Landgräfin von Hessen · Kleve, Herzöge, Johann II. · Kleve, Herzöge, Mechthild, Frau Johanns II., geb. Landgräfin von Hessen · Nassau-Dillenburg, Grafen, Wilhelm · Karl V., Kaiser · Würzburg, Bischöfe, Rudolf II. von Scherenberg

Weitere Orte

Darmstadt (Stadt Darmstadt) · Bessungen (Stadt Darmstadt) · Klappach (Stadt Darmstadt) · Eschollbrücken (Lkr. Darmstadt-Dieburg)

Sachbegriffe

Erbstreitigkeiten · Streitigkeiten · Rechtsgutachten · Lehen, erbliche · Bischöfe · Wittume · Grafen · Markgrafen

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

am Original

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 16429 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/16429> (Stand: 28.04.2024)