Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg


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Tagebuch des Heinrich Preis aus Moischt, S. 39

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Tagebuch des Heinrich Preis aus Moischt, S. 40

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Tagebuch des Heinrich Preis aus Moischt, S. 41

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Tagebuch des Heinrich Preis aus Moischt, S. 42

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Tagebuch des Heinrich Preis aus Moischt, S. 43

↑ Tagebuch des Soldaten Heinrich Preis aus Moischt (1914-1915)

Abschnitt 16: Gegenangriffe der russischen Einheiten, 15.-26. Mai 1915

[39-43] 15. Mai. Es geht immer dicht hinter dem Feind her. Wir machen zahlreiche Gefangene. Auserdem werden 6 Geschütze mit Munitionswagen erbeutet. Nachmittags stoßen wir auf den Feind, der sich festgesetzt hat. Nachts ziehe ich auf Feldwache unter freiem Himmel geschlafen, es ist noch sehr kalt.

16. Mai. Sonntag. Heute vormittag werden wir aus unsrer Stellung zurückgezogen. Die ganze [S. 40] Division komt weiter nach rechts. Die Russen haben hir eine starke Stellung und sind sehr hartnäkig. Es gilt die Bahnlinie Brizemyls1- Lemberg zu halten. Um 4 Uhr begint der Angrif. Eine furchtbare Kanonade hält den ganzen Tag an, die Östreicher Attil. schießen gut. Regiment 168 hat 2 Höhen erstürmt 600 Gefangene, doch die Östereichische Infanterie recht daneben geht nicht mit. Von uns komt eine Division an die Stelle. Wegen den großen Verlusten bei dem letzten Gefecht liegen wir das III. Battallion in Reserve.

17. Mai. Diese Nacht im Wald sehr gut geschlafen. Am Mittag Befehl zum Vorgehen, unter heftigem Feuer. Die Comp. in Reserve bei 168.

18. Mai. Hinter einer Anhöhe liegend dem schwersten Attilleriefeuer ausgesetzt, heut greifen die Russen an. Auf dem rechten Flügel mit Erfolg. Unsre Bundesgenossen gehen zurück, bei uns wagen sie es nicht, das ganze Entwickelt sich zum Stellungskampf.

19. Mai. Eben sietze ich auf einer Anhöhe, hinter einigen dicken Beumen. Die Comp. steht zur Verfügung 118ner. Rechts von uns greift [S. 41] die 35. Division an. Wir können alles übersehen. Ein großartiges schauriges Bild. Nachmittags erhalten wir Attileriefeuer, schweres Kaliber. Die Comp. ligt dicht zusammen Gedrängt. 2 Granaten schlagen ein Metr. von uns entfernt ein, alles wird überschüttet.

20. Mai. Wir gehen wieder zum Battl. [Bataillon], eben greifen die Russen an, erhalten große Verluste. Wir liegen in einem Erdwerk Hovylavice.

21. Mai. Wir liegen noch an der Stelle, die wichtigsten Höhen sind erstürmt, der Feind macht verzweifelte Angriffe, jedoch Vergebends. Wie es scheint sollen wir diese Stellung halten. Man hat in diesen Tagen doch manches entbehren müßen. Post habe ich in diesem Monat noch nicht gehabt. Auch das Essen ist sehr abgemessen, doch es schickt. Mann kan hir die Willensstärk der Leute sehen, mancher findet sich sehr gut in die Lage, andre murren ob der Entbehrung.

22. Mai. Nichts besonderes. Abends kommen wir zurück in einen Wald.

23. Mai. Pfingsten. Gegen 1 Uhr nachts kommen wir zurück, an der Gullaschkanone vorbei, essen wir unsere Bohnensuppe und legen uns mit dem [S. 42] Mantel zu gedeckt zur Ruhe. Man schläft wie im Federbett. Morgens kochen wir österreichischen Konserven Kaffe, ein tolles Zeug, mit einem Stück Fettbrodt. Welcher Unterschied zwischen Sonst und jetzt, doch die Erinnerung wird schön sein.

24. Mai. Pfingstmontag. Heute morgen 4 Uhr sollen bei uns 4 Divisionen stürmen, schon um 2 Uhr nachts ein lebhaftes Gewehrfeuer, statt unsrer greifen die Russen an, doch ohne Erfolg. Gegen ½ 4 Uhr setzt eine furchbare Kanonade ein, wie einst bei Ypern. Unser Battl. bleibt im Wald als Reseve liegen, uns bechießt die schwere Attilleri aus sehr weiter Entfernung, vieleicht aus der Festung. Mann hat heute ein Eigenartiges, heimatlich Wehmütiges Gefühl, wie hat man zu Hause diesen Tag gefeiert und hir fehlt es an allem, nur noch Brodt ist da. Gegen 8 Uhr Abends rücken wir vor, Vorläufig liegen wir im Hohlweg.

25. Mai. Um 1 Uhr früh soll ein fei[n]dl. Schützengraben, der sich dicht hinter dem Dorf hinzieht, genommen werden. Wir sind mit vorn, wir kommen dicht an Graben [S. 43] heran, plötzlich ein mördierisches Feuer, weiter vorgehen ist unmöglich. Wir graben uns ein, bei Tagesanbruch gehen wir zurück hinter einen Abhang. Die Attillerie schießt uns dicht über die Köpfe.

26. Mai. Ein heißer Tag, die Stellung vor uns soll gestürmt werden, um 4 Uhr geht es los. Zuerst schießt die Attillerie, einige Minenwerfer arbeiten furchtbar, doch die fei[n]dl. Attillerie erwiedert das Feuer sehr heftig, vor allem die schwere. Nun geht es zum Sturm. Es wird alles überrant, die erste Linie gibt sich gefangen, es geht weiter. Unsre Verlusten sind groß. Die Comp. 40 Mann, das Regiment hat 2000 Gefangene gemacht, 11 Maschinen Gewehre. Ich habe einen Streifschuß im rechten Bein, laße mich bei der großen Bagage heilen.


  1. Przemyśl, (heute) im äußersten Südosten Polens.

Personen: Preis, Heinrich
Orte: Przemysl · Lemberg · Ypern
Sachbegriffe: Kriegsgefangene · Geschütze · Munition · Feldwachen · Russen · Artillerie · Österreicher · Infanterie-Regiment Nr. 168 · Infanterie · Feldküchen · Sturmangriffe · Schützengraben · Granaten · Minenwerfer
Empfohlene Zitierweise: „Tagebuch des Soldaten Heinrich Preis aus Moischt (1914-1915), Abschnitt 16: Gegenangriffe der russischen Einheiten, 15.-26. Mai 1915“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/3-16> (aufgerufen am 02.05.2024)