Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Bühnenentwurf für die gescheiterte Darmstädter Aufführung, 1918

Uraufführung des Antikriegsstücks „Ein Geschlecht“ in Frankfurt, 16. Juni 1918

In Frankfurt am Main kommt es zur Uraufführung des expressionistischen Dramas und Antikriegsstücks „Ein Geschlecht“ des deutschen Schriftstellers Fritz von Unruh (1885–1970). Zuvor war die bereits für 1917 geplante Uraufführung des Werkes in Berlin und Darmstadt gescheitert. Die vom Verein Frankfurter Kammerspiele ermöglichte, halbprivate (das heißt im Sinne einer „geschlossenen Gesellschaft“ durchgeführte) Premiere des Stückes sorgt im Anschluss für erhebliches Aufsehen, da die von Gustav Hartung (1887–1946) in Szene gesetzte Handlung zu Recht als Kritik an der patriotischen Staats-Propaganda im Deutschen Reich aufgefasst wird. Der Autor kämpfte als Kriegsfreiwilliger und Ulanenoffizier. Er sammelte als Bataillons- und Kompaniechef eindrückliche Erfahrungen im Kriegsgeschehen, die ihn zu einem engagierten Pazifisten werden lassen. Nach Schriften, die er für das Militär verfasste, die aber aufgrund ihrer zu realistischen Darstellung des Grauens an der Front von den Befehlshabern abgelehnt wurden, entsteht 1915 das dramatische Gedicht „Vor der Entscheidung“ und 1916 der Antikriegs-Roman „Opfergang“, der jedoch erst 1919 veröffentlicht wird. Bereits 1914 hatte von Unruh den Kleist-Preis erhalten, die bedeutendste literarische Auszeichnung der Weimarer Republik. In den 1920er Jahren gilt der Autor, der sich auch als Maler betätigt, als angesehener Publizist, dessen Bühnenstücke zahlreiche Aufführungen erleben.

Fritz von Unruh, der nachmalig als bedeutender Vertreter des literarischen Expressionimus der Weimarer Republik Anerkennung findet, schließt sich 1931 der Eisernen Front an, einem Zusammenschluss aus Gewerkschaften, Sozialdemokraten, Arbeitern und dem „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“, die als Gegengewicht zur nationalsozialistischen und deutsch-völkischen „Harzburger Front“ gegründet wird. Im Mai 1933 fallen seine Werke den Bücherverbrennungen der Nazis zum Opfer. Er selbst emigriert zunächst nach Italien, später nach Südfrankreich und 1939 in die Vereinigten Staaten.
(OV/KU)