Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian Biography

Portrait

Hermann II. Landgraf von Hessen
(um 1342–1413)

Symbol: Switch display mode Symbol: Switch display mode Symbol: Print Preview

Hessen, Hermann II. Landgraf von [ID = 13592]

* um 1342, † 10.6.1413 Reichenbach ?, katholisch
Other Names | Activity | Family Members | References | Life | Citation
Other Names

Other Names:

  • Hessen, Herrmann II. der Gelehrte Landgraf von
Activity

Role:

  • Hessen, Landgrafschaft, Landgraf, Mitregent, 1367-1376
  • Hessen, Landgrafschaft, Landgraf, 1376-1413
Family Members

Father:

Hessen, Ludwig Landgraf von, 1305–1345

Mother:

Sponheim, Elisabeth Gräfin von

Partner(s):

  • Nassau, Johanna von, 1355-1383, Heirat 6.3.1368, Beilager Kassel 30.1./11.2.1377, Tochter von Johann I. Graf von Nassau-Weilburg (um1309-1371) und Johanna von Saarbrücken († 1381)
  • Hohenzollern, Margarethe von, um 1363-1406, Heirat Kulmbach 15.10.1383, Tochter von Friedrich V. Burggraf von Nürnberg (um 1333-1398) und Elisabeth von Meißen (1329-1375)

Relatives:

References

Bibliography:

Image Source:

beschädigtes Siegel Landgraf Hermann II. „der Gelehrte“, in: Franz, Das Haus Hessen. Ein biographisches Lexikon, Darmstadt 2012, S. 38, Original: HStAM, Bestand Slg. 5, Nr. 131

Life

Wie der vorverstorbene Bruder Otto war Hermann zunächst für die geistliche Laufbahn bestimmt. Nach einem Studium in Paris und Prag und einer Wirksamkeit als Propst des Petersstifts zu Nörten – es ist nicht nachweisbar, dass er angeblich auch Domherr zu Trier und Magdeburg gewesen sei – berief ihn der Onkel Landgraf Heinrich II., nachdem sein einziger Sohn gestorben war, 1367 zum Mitregenten. Die offiziell im darauf folgenden Frühjahr geschlossene Ehe Hermanns mit Johanna von Nassau wurde erst nach seinem im Sommer 1376 erfolgten Regierungsantritt mit dem Anfang 1377 in Kassel gefeierten Beilager vollzogen. Hermanns Beiname „der Gelehrte“, der auf die akademische Ausbildung zurückgeht und keinesfalls ein umsichtiges Verhalten während der Regierungszeit charakterisiert, findet sich nicht vor dem ausgehenden 17. Jahrhundert (etwa bei Johann Justus Winckelmann 1697).

Seinen gegen die Nachfolge Hermanns erhobenen Einspruch konnte Herzog Otto „der Quade“ von Braunschweig als Enkel Heinrichs II. auch mit Unterstützung des von Graf Gottfried von Ziegenhain gegründeten Ritterbunds der Sterner im Krieg gegen die Landgrafen 1372/73 nicht durchsetzen. Herzog Otto musste, nachdem Kaiser Karl IV. 1373 die Erbverbrüderung der Hessen mit den Wettinern bestätigt und die gesamte Landgrafschaft zum Reichslehen erhoben hatte, auf seine Ansprüche verzichten. Doch die Bündnispflichten gegenüber Ludwig von Meißen, der 1374 im Schisma gegen Adolf von Nassau (1353–1390) aus der Idsteiner Linie des Grafenhauses zum Mainzer Erzbischof gewählt wurde, zunehmender Geldmangel infolge hoher Kriegskosten, riskante Verpfändungen und ein der alten Politik widersprechender Erbvertrag mit dem Braunschweiger 1381 schufen neue Konflikte im Umgang mit den hessischen Städten wie mit benachbarten Fürsten. Dabei agierte Hermann nicht immer geschickt, oft willkürlich, mit überzogenen Forderungen und drastischen Strafen; doch er verfolgte seine Ziele hartnäckig und mit durchaus ungewöhnlichen Mitteln.

In Kassel bestätigte Landgraf Hermann 1375 alle städtischen Privilegien, erhob jedoch bereits im Oktober eine neue Importsteuer auf Lebensmittel, Kleiderstoffe und Metallwaren. Steuerverweigerung und Neuordnung des Gerichtsverfahrens waren Ziele des daraufhin im Januar 1376 von 18 niederhessischen Städten gegründeten Bundes, dem sich der Adel anschloss. Nach Besetzung der landgräflichen Burg in Kassel 1378 erreichte die Vermittlung Markgraf Balthasars von Meißen einen Vergleich. Die neue Stadtordnung Landgraf Hermanns von 1384 enthielt harte Bedingungen, die dem Landesherrn unter anderem Ein- und Absetzung des Rats, die Entscheidungsgewalt bei Ratsstreitigkeiten und Neubürgeraufnahmen, die Bestellung von Bürger- und Marktmeistern sowie Zuständigkeiten für Neubauten und Rechtswesen vorbehielten. Die für drei Jahre suspendierten Handwerks-Innungen wurden nach Ausstellung neuer Zunftbriefe erst im Dezember 1391 wieder anerkannt. Fast alle städtischen Verwaltungsaufgaben lagen damit in Händen des Landesherrn; Rat, Schöffen und patrizische Führungsschicht waren entmachtet.

Schwerer noch wogen die militärischen Konflikte mit Erzbischof Adolf von Nassau, der sich 1381/82 in Mainz durchsetzen konnte und in Herzog Otto von Braunschweig und Landgraf Balthasar von Thüringen, die Hermann durch ungeschickte Bündnispolitik verprellt hatte, neue Alliierte gewann. Zusammen mit den Verbündeten, denen sich das Erzbistum Köln, die Bistümer Münster, Paderborn und Osnabrück, zahlreiche Grafen und Ritter anschlossen, konnte Adolf dem Landgrafen nach erfolgreichen Kriegszügen 1385 und 1387 demütigende Waffenstillstands-Bedingungen aufzwingen. Nur Kassel konnte die schweren Angriffe 1385, 1387 und 1388 erfolgreich abwehren, während der Landgraf andere niederhessische Städte wie Sontra, Eschwege, Rotenburg, Melsungen und Niedenstein an die feindliche Koalition abtreten und Kriegsentschädigungen zahlen musste.

Zwischen den Kriegshandlungen nutzte Adolf die geistlichen Waffen: Er exkommunizierte den Landgrafen samt Anhängern und verhängte das Interdikt über Hessen, während Hermann alles unternahm, um sich mit Adel und Städten auszusöhnen, Burgen und Städte befestigte, mit Pfalzgraf Ruprecht verhandelte und die römische Kurie um Hilfe anrief. In größter Gefahr übereignete Hermann 1388 sogar König Wenzel Stadt und Burg Homberg sowie dem römischen Papst Urban VI. weitere 16 hessische Städte samt Ländereien (darunter Marburg, Immenhausen, Frankenberg und Limburg), um sie als Lehen zurückzuerhalten und damit mächtigen Beistand zu gewinnen. Eine nur knapp gescheiterte Verschwörung alteingesessener Kasseler Ratsgeschlechter mit Balthasar von Thüringen führte im Juli 1391 zu einem Schauprozess gegen 28 des Hochverrats beschuldigte Kasseler Bürger und landgräfliche Gefolgsleute, deren Vermögen konfisziert wurde; drei Nichtflüchtige wurden verurteilt und hingerichtet. König Wenzel hat das Urteil 1392 bestätigt.

Zur politischen Wende trug vor allem der Tod Erzbischof Adolfs 1390 bei, da Landgraf Hermann mit dem konzilianteren Nachfolger Konrad II. von Weinsberg 1394 in Frankfurt Frieden schließen konnte. Unter dem 1397 folgenden Erzbischof Johann von Nassau (1360–1419), Adolfs jüngerem Bruder, gab es zwar neue kriegerische Auseinandersetzungen, aber es gelang dem Landgrafen, mit dem Vertrag von Friedberg 1405 etliche der eingezogenen Territorien zurückzuerhalten. Trotz einiger Verluste konnte er sein Herrschaftsgebiet sichern und mit Ulrichstein 1399, Schotten am Vogelsberg, Hauneck 1402, Burg und zwei Dritteln der Stadt Vacha 1406 und einem weiteren Teil der Herrschaft Itter 1408 sogar erweitern. Das langjährige päpstliche Schisma wirkte sich auch auf die alte Streitfrage der Mainzer Jurisdiktion in Hessen aus, die der apostolische Delegat Bischof Ulrich von Verden als Vertreter des römischen Papstes Gregor XII. 1410 dem Dekan Johannes des landgräflichen St. Marienstifts in Kassel übertrug, weil Erzbischof Johann den Gegenpapst Alexander V. in Avignon unterstützte. Dem mit der Durchsetzung beauftragten Landgrafen wurde das Recht zugestanden, in die zugehörigen Benefizien einzuweisen, unrechtmäßige Besitzer zu entfernen und Gegner mit kirchlichen Strafen zu belegen.

Aus der Zweitehe mit Margarethe von Hohenzollern, einer Cousine der Mainzer Erzbischöfe Adolf und Johann, die Landgraf Hermann 1383 nach dem kinderlosen Tod Landgräfin Johannas geheiratet hatte, waren jeweils vier Söhne und Töchter hervorgegangen, von denen allerdings außer den ins welfische Herzogshaus verheirateten Töchtern Margarethe und Agnes nur der 1402 geborene jüngste Sohn Ludwig das Kindesalter überlebte. Er war erst elf Jahre alt, als nach der Mutter 1413 auch der Vater starb. Landgraf Hermann konnte ihm jedoch ein relativ gefestigtes und ausbaufähiges Erbe hinterlassen, auch wenn die geistliche Gewalt in Hessen nach Ende des Großen Schismas 1416 wieder an Mainz zurückfiel.

Ingrid Baumgärtner

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 38-40)

Citation
„Hessen, Hermann II. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/137946635> (Stand: 25.3.2024)