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Hessian Biography

Portrait

Heinrich II. Landgraf von Hessen
(vor 1302 (um 1299?)–1376)

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Hessen, Heinrich II. Landgraf von [ID = 13373]

* vor 1302 (um 1299?), † 3.6.1376 Kassel, Begräbnisort: Marburg Elisabethkirche, katholisch
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Other Names

Other Names:

  • Hessen, Heinrich II. „der Eiserne“ Landgraf von
Activity

Role:

  • Hessen, Landgrafschaft, Landgraf, 1328-1376
Family Members

Father:

Hessen, Otto I. Landgraf von, um 1272–1328, Heirat 1297

Mother:

Ravensberg, Adelheid Gräfin von, † 1335-1339, Heirat 1297

Partner(s):

  • Thüringen, Elisabeth von, Heirat vor 25.9.1320, Scheidung vor 1334/1340, † Eisenach (vor 10.11.) 1367

Relatives:

References

Bibliography:

Image Source:

Siegel Landgraf Heinrich II. „der Eiserne“, in: Franz, Das Haus Hessen. Ein biographisches Lexikon, Darmstadt 2012, S. 29, Original: HStAM Bestand Urk. 15 Nr. 169

Life

Landgraf Heinrich II. war seit seiner Heirat mit der vorher zweimal anderweit verlobten Elisabeth von Thüringen 1320/21 Mitregent seines Vaters, den er in den andauernden Auseinandersetzungen mit dem Erzbistum Mainz tatkräftig unterstützte. Auch für die fast fünf Jahrzehnte umspannende Regierungszeit Heinrichs war die Beziehung zum Erzstift, in der er vor allem aus den Mainzer Schismen von 1328, 1346 und 1374 politischen Nutzen ziehen konnte, von vorrangiger Bedeutung. Als der mit Graf Johann von Nassau verbündete Erzbischof Mathias von Buchegg, dessen Heer Heinrich im August 1328 bei Wetzlar vernichtend geschlagen hatte, vier Wochen später starb, erleichterte Heinrichs Unterstützung für den vom Domkapitel als Nachfolger vorgeschlagenen Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg, der als Administrator des Erzstift für Mainz auch von Kaiser Ludwig dem Bayern anerkannt wurde, die Friedensverhandlungen. Auf den schon im November 1328 geschlossenen Waffenstillstand folgte zu Ende des Folgejahres ein Bündnisvertrag auf drei Jahre. Die im Rahmen der damit begründeten Dreierkoalition mit den verschwägerten Wettinern geplante Erbverbrüderung zwischen Hessen und Meißen wurde zwar von Kaiser Ludwig wegen eigener Interessen in Thüringen zunächst untersagt. Doch schon im Juni 1331 bestätigte der Kaiser dem Landgrafen seine bisherigen Reichslehen, Privilegien und Rechte; er verlieh ihm den Titel Rat und Heimlicher und gewährte dazu hohe Geldzahlungen aus den Rheinzöllen. Durch Erneuerung und Neuabschluss diplomatisch geschickt angebahnter Bündnisverträge – mit dem Erzstift (1334) und der Abtei Fulda (1335), mit Markgraf Friedrich II. von Meißen (1335), nach dem Verzicht Erzbischof Balduins auf die Mainzer Administration sogar mit dem einstigen Gegner Erzbischof Heinrich von Virneburg (1338, 1341/42) und dem polnischen König Kasimir, der 1341 Heinrichs Tochter Adelheid ehelichte – festigte Heinrich die Stabilität und den Frieden in der Landgrafschaft, für deren Zukunft er mit der Mitregentschaft des Sohnes Otto vorsorgte. Auch die Trennung von Heinrichs Ehe 1334/40 hat das Verhältnis zum Meißener Schwager nicht beeinträchtigt. Dass Papst Clemens VI., der die Königswahl Karls (IV.) von Luxemburg betrieb, Heinrich von Virneburg wegen seiner Parteinahme für Kaiser Ludwig 1344/46 absetzte und exkommunizierte, führte zum nächsten Schisma und erneuerte den Mainzer Konflikt. Landgraf Heinrich unterstützte nun den auf seine Hilfe angewiesenen päpstlichen Kandidaten Gerlach von Nassau im Kampf um das Erzbistum. Im Frühjahr 1347 bestätigte Gerlach dem Landgrafen dafür umstrittene niederhessische Lehen und Privilegien. Im Verbund mit Meißen und Braunschweig besiegte Heinrich die in die Landgrafschaft eingefallenen mainzischen Truppen im Sommer 1347 bei Gudensberg; doch der vom Vormundschaftsrat gestützte Virneburger gab das Erzbistum nicht vor seinem Tod 1353 frei. Der nachfolgende Erzbischof Gerlach von Mainz bestätigte nach seinem Amtsantritt 1354 die nieder- und oberhessischen Besitzungen als landgräfliche Lehen und akzeptierte die hessische Vorherrschaft im Reinhardswald; lediglich der Eigenbesitz in Fritzlar, Amöneburg und Naumburg blieb dem Erzbistum erhalten. Der Landgraf sicherte sich auch die weltlichen Befugnisse über die Geistlichkeit und konnte für das Lehen Kirchhain den Mainzer Anteil am Reinhardswald erringen, zu dem er später noch den Paderborner Anteil hinzukaufte. Im Osten erwarb er 1350 Spangenberg, 1357 einen Teil der Herrschaft Itter, 1360 zusammen mit der verwitweten, im gegenseitigen Erbvertrag gebundenen Gräfin Elisabeth von Henneberg-Schleusingen für 4300 Goldgulden Schmalkalden und Herrenbreitungen sowie 1372 die Herrschaft Bilstein. 1355 erhielt Heinrich von Kaiser Karl IV. die Schutzherrschaft über die Reichsstadt Mühlhausen und die volle Gerichtsbarkeit in den hessischen Territorien (privilegium de non evocando). Der Zugewinn an Macht und Prestige zeigte sich auch darin, dass er als erster Landgraf erbliche Hofämter verlieh, etwa das Erbmarschallamt 1343 an die Herren von Eisenbach, das Erbkämmereramt 1369 an die Herren von Berlepsch und das Erbschenkenamt an die Familie (Schenk) von Schweinsberg.

Als Landgraf Heinrichs einziger Sohn Otto II. „der Schütz“, den er 1340 zum Mitregenten bestellt hatte, 1366 starb, bestimmte Heinrich zunächst den Sohn seiner Tochter Elisabeth, Herzog Otto „den Quaden“ von Braunschweig (c.1340-1394), zum Nachfolger, enterbte diesen aber 1367 im Streit, um seinen für den geistlichen Stand vorgesehenen Neffen Hermann vorzuziehen. Herzog Otto setzte sich zusammen mit Graf Gottfried von Ziegenhain und der Ritterschaft im sogenannten „Sternerbund“ gegen die Machtansprüche des Mitregierenden zur Wehr. Stützen Landgraf Heinrichs II. in diesem Streit waren vor allem die Städte. Dazu schloss er 1373 nicht nur Schutzbündnisse mit der Stadt Hersfeld und den Landgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm von Thüringen, Markgrafen von Meißen, sondern konnte auch die gesamte Landgrafschaft als kaiserliches Lehen übernehmen. Karl IV. bestätigte außer dem Lehen auch die Erbverbrüderung mit Meißen, die nicht nur gegenseitige Hilfeleistungen, sondern auch die wechselseitige Vererbung der Länder beim Fehlen männlicher Erben vorsah. So musste der Braunschweiger letztlich auf seine Ansprüche verzichten. Die multilaterale Bündnispolitik Heinrichs II. hatte sich wiederum als erfolgreich erwiesen; es war ihm gelungen, die hessische Landgrafschaft auszudehnen und zu festigen.

Landgraf Heinrich hat vor allem Kassel zu seiner Residenzstadt ausgebaut. Daran änderte sich wenig, als Marburg nach dem Tod Landgraf Ludwigs 1357 wieder mit der restlichen Landgrafschaft vereinigt wurde. Heinrich II. gründete 1330 die Kasseler „Freiheit“, eine zweite planmäßig angelegte obere Neustadt mit eigener Verwaltung, eigenem Recht, eigener Kirche sowie zeitweise Steuer- und Abgabenbefreiung für Neuansiedler. 1334 entstand im landgräflichen Auftrag die bekannte Prunkhandschrift von Wolfram von Eschenbachs „Willehalm“. Vor 1343 begann der Bau der 1462 geweihten Martinskirche. Im April 1346 stimmten Alt- und Neustadtbürger zu, dass der Landgraf die städtische Bede sechs Jahre lang zur Schuldentilgung verwenden könnte. Einen Monat später erhöhten Landgraf und Stadtrat gemeinschaftlich den Brückenzoll und das Brückengeld für Auswärtige, um eine neue Fuldabrücke zu finanzieren. Weitere landgräfliche Verfügungen betrafen den Klerus; dazu zählten 1337 das Verbot, Güter und deren Gefälle an Klöster zu übertragen, oder 1354 die Ausweitung der Geschosspflicht auf die im Handel tätigen Weltgeistlichen und Abgabenfreien. Diese Zusatzsteuern dienten der aufwändigen Ausgestaltung von Stadt und Hof. Der mitregierende Landgraf Hermann II. bestätigte alle Privilegien der drei Kasseler Städte im Februar 1375. Die im Oktober vom unnachgiebigen Mitregenten neu erhobene Importsteuer führte freilich noch zu Städteeinung und Aufruhr in Niederhessen, bevor Landgraf Heinrich im Sommer 1376 starb.

Ingrid Baumgärtner

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 29-31)

Citation
„Hessen, Heinrich II. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/138743800> (Stand: 25.3.2024)