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Hessian Biography

Portrait

Ludwig I. Landgraf von Hessen
(1402–1458)

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Hessen, Ludwig I. Landgraf von [ID = 13596]

* 6.2.1402 Spangenberg, † 17.1.1458 Spangenberg, Begräbnisort: Marburg Elisabethkirche, katholisch
Other Names | Activity | Family Members | References | Life | Citation
Other Names

Other Names:

  • Hessen, Ludwig I. „der Friedsame“ Landgraf von
Activity

Role:

  • Hessen, Landgrafschaft, Landgraf, 1416/1417-1458
Family Members

Father:

Hessen, Hermann II. Landgraf von, um 1342–1413

Mother:

Hohenzollern, Margarethe von, um 1363-1406, Heirat Kulmbach 15.10.1383, Tochter von Friedrich V. Burggraf von Nürnberg, GND, um 1333–1398, und der Elisabeth von Meißen, 1329–1375

Partner(s):

  • Sachsen, Anna Kurfürstin von, (1420-1462), Heimführung Kassel 8.9.1433, Tochter von Friedrich I. „der Streitbare“ Kurfürst von Sachsen (1370-1428) und Katharina von Braunschweig (1395-1423)

Relatives:

References

Bibliography:

Image Source:

Grabplatte Landgraf Ludwig I. „der Friedsame“, Landgrafenchor der Elisabethkirche Marburg (Foto: Hans Lemberg), in: Franz, Das Haus Hessen. Ein biographisches Lexikon, Darmstadt 2012, S. 43

Life

Als Landgraf Hermann 1413 starb – die drei älteren Söhne hatten das Kinderalter nicht überlebt – war einziger Erbe der erst elfjährige Sohn Ludwig. Unter dem zum Vormund bestellten Schwager Heinrich von Braunschweig sicherten die Landvögte von Nieder- und Oberhessen die geordnete Verwaltung der Landgrafschaft. Nach dem Tod Herzog Heinrichs wohl vorzeitig für mündig erklärt, erhielt Ludwig bereits im Mai 1417 in Konstanz die kaiserliche Belehnung. Im Frühjahr 1421 besuchte Ludwig den Reichstag in Nürnberg und nahm anschließend mit seinem Aufgebot an dem zweiten „Kreuzzug“ Kaiser Sigismunds gegen die böhmischen Hussiten teil, der trotz eines vom Markgrafen Friedrich von Meißen erfochtenen Anfangserfolgs bei Brüx ein militärischer Fehlschlag war.

In der durch 1414 und erneut 1422 geschlossene Verträge zeitweilig beruhigten Auseinandersetzung zwischen Landgrafschaft und Mainzer Erzstift kam es nach einem Hilfsersuchen des von Erzbischof Konrad III. von Dhaun aus seinem Stift vertriebenen Abts Johann von Fulda zu einem erneuten Waffengang, den Landgraf Ludwig im Sommer 1427 durch zwei siegreiche Gefechte bei Fritzlar/Kleinenglis und Fulda für sich entscheiden konnte. Mit dem zu Jahresende in Frankfurt geschlossenen Frieden konnten der jahrzehntelange Zwist mit dem Erzbistum, auch die Streitfrage der geistlichen Gerichtsbarkeit, endgültig bereinigt werden. Die Verbindung Ludwigs zur Kirche betonten die 1429/31 unternommenen Wallfahrten zum Heiligen Grab in Jerusalem, nach St. Josse bei Montreuil-sur-Mer im Pas-de-Calais und nach Wilsnack in Brandenburg. Mit dem Ritt durch Brabant sollte der Landgraf zugleich im Auftrag Kaiser Sigismunds die Ambitionen des Burgunder-Herzogs Philipp erkunden, wobei wohl auch an mögliche Erbansprüche der Hessen auf Brabant gedacht war, die der Kaiser späterhin noch einmal ins Spiel brachte. Sie blieben letztlich ebenso fiktiv wie die Diskussion über die angedachte Thronkandidatur Landgraf Ludwigs für die Königswahl 1440, dokumentieren aber die gewachsene politische Bedeutung Hessens.

Gestärkt wurde diese Stellung durch die 1431 vereinbarte Heirat mit Anna von Sachsen, der Tochter des „streitbaren“ Kampfgefährten aus dem Hussitenkrieg, der seit 1423 Kurfürst von Sachsen war. Eine erste Heiratsabsprache für Ludwig, die sein Vater bereits 1408 für die Grafentochter Johanna von Nassau-Saarbrücken getroffen hatte, war 1422 gelöst und durch einen Ehevertrag mit Margarethe von Kleve ersetzt worden, den man erst wenige Tage vor der sächsischen Verlobung annulliert hatte. Mit dem Datum der Verlobung in Rotenburg an der Fulda am 22. Oktober 1431 wurde die ältere Erbverbrüderung der Häuser Sachsen und Hessen erneuert, die 1434 auch von Kaiser Sigismund bestätigt wurde. Die „Heimführung“ der nunmehrigen Landgräfin Anna im Herbst 1433 verband Kurfürst Friedrich mit der endgültigen Rückgabe der strittigen Werra-Städte Eschwege, Sontra und Wanfried an Hessen. Der Erbvertrag wurde überdies 1457 auf Landgraf Ludwigs mütterliche Verwandtschaft, das Haus Hohenzollern-Brandenburg ausgedehnt.

Wichtiger noch für Hessen war die von Landgraf Ludwig seit den 1430er Jahren systematisch betriebene Arrondierung seiner Machtstellung durch den Erwerb der Schirmherrschaft über das Bistum Paderborn, die Abtei Hersfeld (1432), das Kloster Corvey (1443) und eine Reihe von Städten des Umlands, vor allem aber die Lehnshoheit über die umgebenden Grafenhäuser und Herrschaften Waldeck (1432/38), Sayn-Wittgenstein (1439), Plesse (1447/48), Lippe (1449), Büren und Rietberg (1456). Besonderes Gewicht hatte die 1437 erreichte Lehnsauftragung durch Graf Johann „den Starken“ von Ziegenhain, den der Landgraf 1429 in Venedig aus einer Inhaftierung wegen Kaufmannsberaubung freigekauft hatte. Da Graf Johann II. der Letzte seines Stammes war, konnte Landgraf Ludwig die Grafschaften Ziegenhain und Nidda mit Johanns Tod 1450 als erledigte Lehen einziehen und damit die störende Zweiteilung Hessens beseitigen. Es war ein symbolträchtiger Zufall, dass Ludwig gerade in diesem Jahr 1450 von Papst Nikolaus in Rom den Ehrentitel eines princeps pacis erhielt, der im Beinamen „der Friedsame“ aufgenommen wurde.

Parallel zur territorialen Stärkung der Landesherrschaft hat sich Landgraf Ludwig auch um Modernisierung und Ausbau von Justiz, Verwaltung und Wirtschaft im Inneren gekümmert. Dazu zählten die grundlegenden Gerichts- und Polizeiordnungen von 1444 und 1455, die Systematisierung der Verwaltungsorganisation mit Amtsbezirken, die jeweils mit „Amtmann“ und „Rentmeister“ (für den Finanzbereich) besetzt waren, die Verbesserung des Steuerwesens, die schon 1421 durch neue Zunftbriefe angelaufene Erneuerung der Gewerbeverfassung oder auch die Verstärkung des Bergbaus, insbesondere der Kupfergewinnung im sogenannten Richelsdorfer Gebirge. Nicht ganz zu Unrecht hat man Landgraf Ludwig I. in der älteren Geschichtsschreibung als nach seinem Stammvater Heinrich „zweiten Begründer Hessens“ gefeiert.

Eckhart G. Franz

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 43-45)

Citation
„Hessen, Ludwig I. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/11803698X> (Stand: 25.3.2024)