Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Ernst Hofsommer, Bericht eines Frankfurter Lehrers über einen Sturmangriff in der Sommeschlacht, 1916

Abschnitt 5: Anweisungen für den Angriff

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In all dies Träumen und Denken und Grübeln hinein hallen und dröhnen die Schüsse. Noch immer nicht hat der Artilleriekampf ausgetobt. Die Gewehre knattern noch, obwohl schon der Abend mit seinem Dämmer sich wie ein Mantel schützend um uns breitet und die Menschen zur Ruhe und zum Frieden mahnt.

Heute gibt es keine Ruhe. Der Feind will durch. Er will Deutschlands Mauer im Westen zerbrechen. Er will zerstören, was die Blutsaat von 70/71 uns an Frucht gebracht. Die Heimat, die Angehörigen gilt es zu schützen vor welscher Rachsucht, englischem Neid, russischer Eroberungssucht und Ländergier. Darum geht's! — Da hat mich die Wirklichkeit wieder. Dieser Krieg, weil er ein Abwehrkrieg, Notwehr, ein Kreuzzug ist zum Schutze der lieben, schönen Heimat, dieser Krieg hat sein Recht.

Da sind wir auch am ersten Ziel. Beim Bataillonführer. Kurz die Erklärung der Lage: Er zeigt nach Westen — und die brennenden Häuser weisen sich selbst [S. 7] noch, trotz Nebel und Dämmerlicht. „Da liegt Biaches. Zum Teil ist es genommen, vor uns, links von der Straße, das Maisonnettewäldchen, der rechte Teil ist genommen. Der Südostrand ist noch im Besitz des Feindes. Nur ungefähr 25 Mann mit zwei Maschinengewehren halten sich dort. Sie bedrohen die Verbindung mit den Truppen in Biaches."

Und nun der Auftrag, bündig und einfach: Der Wald ist zu säubern, die Verbindung rechts nach Biaches und links mit Regiment .... ist herzustellen. Unser Rittmeister gibt seine Befehle. Wir rücken zunächst im Schutz des Nebels gedeckt hinter der Straßenböschung weiter vor. 4. Kompagnie mit zwei Zügen vorn, 1. Kompagnie folgt dicht dahinter. Unterwegs erhalten wir den Angriffsplan. Wir gehen am Nordrand des Wäldchens entlang bis zur Nordwestecke, biegen dann um und gehen den Westrand entlang, greifen, wenn wir den Wald bis zur Südwestecke durchmessen, mit Links um! den Feind vom Rücken an."

So war es gut. Ob auch alles glatt verlaufen würde? Ob der Feind nicht hier hinten auch eine zweite Linie haben würde oder wenigstens Rückensicherung in Gestalt von Relaisposten? Doch eins ist klar: Frontal war der Angriff der .... er hier schon gescheitert. Die zwei intakten Maschinengewehre würden auch unsere Linien so lichten, daß der Erfolg wieder fraglich, die Verluste ungeheuer geworden wären. Wie unser geliebter kühner Führer es sich ausgedacht, so mußte es gehen!

Gibt es nicht Ahnungen, ein vorauswissen kommender Dinge, böser wie guter? Ich hatte so ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit, der Stille. Die zuversichtliche Art des Führers bestach. Die Anordnungen waren klar und alles bedenkend. Am weitesten südlich geht Leutnant Hesse mit einem Zuge über den Südrand als Flankensicherung [S. 8] hinaus, vorn kommt Leutnant Hillebrand mit den Handgranatentrupps, dann Rest der 4. Kompagnie als erste Sturmwelle, dicht dahinter, geschlossen, die erste Kompagnie als zweite Sturmwelle und eventueller Rückenschutz gegen herbeigeführte Reserven.


Persons: Hofsommer, Ernst · Hesse, Leutnant · Hillebrand, Leutnant
Places: Biaches
Keywords: Sommeschlacht · Artillerie · Gewehre · Infanteriefeuer · Deutsch-Französischer Krieg 1870-1871 · Nationalismus · Rittmeister · Maschinengewehre · Leutnante · Handgranaten
Recommended Citation: „Ernst Hofsommer, Bericht eines Frankfurter Lehrers über einen Sturmangriff in der Sommeschlacht, 1916, Abschnitt 5: Anweisungen für den Angriff“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/87-5> (aufgerufen am 25.04.2024)