Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Ernst Hofsommer, Bericht eines Frankfurter Lehrers über einen Sturmangriff in der Sommeschlacht, 1916

Abschnitt 2: Kampf um das Dorf Biaches bei Péronne

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Es war am 15. Juli. Unsere Mörser brüllten, die Feldgeschütze bellten, die Haubitzen schmetterten. Und drüben vom Franzmann her kamen Schuß auf Schuß die Granaten und Schrapnells, krepierten, warfen Erd- und Wasserfontänen auf. Es krachte, dröhnte, stieß ununterbrochen. Die Erde bebte. Unser Feuer lag besonders heftig auf dem ganz zerschossenen Dorf Biaches und auf einem schmalen Wäldchen links davon. Die französische Artillerie streute das Nordufer des Flusses, die Stadt, die Brücken, die Straße von La Chapellette1 nach Biaches ab. Auf uns fiel kein Schuß. Und doch erschauerte man. Die Nerven waren überreizt, die Augen überanstrengt; die Ohren hörten nicht mehr recht. Man brüllte sich gemachte Beobachtungen zu.

Da plötzlich, es mochte zwischen 5 und 6 Uhr sein, sahen wir deutsche Soldaten vorbrechen, auf den Ostrand des Wäldchens. Über freies Gelände gegen den Wald. Auch in Biaches schien man zum Sturm vorgegangen zu sein. Gewehr- und Maschinengewehrgeknatter mischte sich unter das Krachen, Dröhnen und Heulen der Geschosse und Geschütze. Man vernahm Hurrarufen. Wir schrieen mit. Bald hörten wir, daß Biaches zum großen Teil genommen sei. [S. 3]

Auch die Angreifer des Wäldchens kamen sprungweise voran. Wir sahen das Blitzen der Bajonette. Sahen manchen aber auch plötzlich die Arme hochwerfen und hintenüber sinken. Doch die anderen stürmten weiter, von Granatloch zu Granatloch sprangen sie. Doch da, was war das? Plötzlich stockte die Vorwärtsbewegung. Französische Maschinengewehre hämmerten. Der Angreifer war wohl vor einen Drahtverhau gekommen. Und hier hielt ihn der Verteidiger nieder. Wohl schien der Nordostrand des Waldes genommen zu sein. Weiter feindwärts kamen die Unsrigen nicht vorwärts, vor Pulverdampf, aufspritzenden Erdschollen, Steinen, herumgewirbelten Ästen und Baumstümpfen konnte man nichts deutlich sehen. Was nun? Wie steht die Sache? Wird man uns jetzt bald brauchen? Unsere Spannung war vom Zuschauen schon aufs höchste gestiegen. —

Da kam Erlösung vom Druck. Befehle kamen: „Die 4. und 1. Kompagnie brechen sofort auf und melden sich beim Führer des Sturmbataillons Infanterie-Regiment 160 zwischen La Chapellette und Biaches und empfangen dort weitere Befehle."


  1. Ort südlich Péronne auf dem westlichen Sommeufer.

Persons: Hofsommer, Ernst
Places: Biaches · Péronne · La Chapelette
Keywords: Sommeschlacht · Mörser · Geschütze · Haubitzen · Franzosen · Granaten · Schrapnells · Artillerie · Bajonette · Nahkampf · Granatlöcher · Maschinengewehre · Drahtverhaue · Infanterie-Regiment Nr.160
Recommended Citation: „Ernst Hofsommer, Bericht eines Frankfurter Lehrers über einen Sturmangriff in der Sommeschlacht, 1916, Abschnitt 2: Kampf um das Dorf Biaches bei Péronne“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/87-2> (aufgerufen am 19.04.2024)