Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Harry Heußner, Das Landsturm-Infanteriebataillon Hersfeld in Belgien, 1914-1918

Abschnitt 2: Einquartierung und Ausrüstung

[I, S. 90] Da standen sie nun, vorläufig noch im schlichten Gewand des friedlichen Bürgers, nebeneinander: Die Fabrikanten, Kaufleute, Fabrikarbeiter und Handwerker aus Hersfeld und Rotenburg, die Bauern aus Hünfeld und aus dem Fulda- und Aulatal, die Bergarbeiter aus dem Kaligebiet im Werratal und aus den Kupferbergwerken des Richelsdorfer Gebirges, die Zangen- und Nagelschmiede aus Schmalkalden, alle beseelt von einem Willen und einem Geist. Wir waren alle altgediente Leute im Alter von 40 bis 45 Jahren, einige auch darüber oder darunter. Da die Zahl der Gestellungspflichtigen die Bataillonsstärke von 1000 Mann bei weitem überstieg, wurden alle über 43 Jahre alten Mannschaften wieder nach Hause geschickt. Viele von diesen aber sind dann bald wieder einberufen worden und haben in Rußland alsbald im Schützengraben gelegen, während aus uns die jüngeren Jahrgänge im Laufe der nächsten zwei Jahre nach und nach herausgezogen wurden und das Bataillon geschlossen erst 1916 an die Front kam.

Offiziere und Mannschaften kamen in Bürgerquartiere. Wir erinnern uns dankbar der Opferbereitschaft, die 1914, wie überall, auch in Hersfeld herrschte. Die Einquartierung wurde von der Hersfelder Bürgerschaft nicht als Last empfunden, sondern als freudiger Dienst am Vaterlande. Die Quartiergeber taten hingebend alles, um den Familienvätern, die aus dem gemütlichen Behagen des eigenen Heims herausgerissen worden waren und nun des Dienstes ungewohnte Bürde auf sich nehmen mußten, den Aufenthalt in Hersfeld behaglich zu gestalten.

Der Aufstellung des Bataillons folgte seine Einkleidung. Wir bekamen blaue Litewken1, Tschakos2 und Gewehr 88. Die Kammern der ersten und zweiten Kompanie wurden in das Gymnasium, die der dritten und vierten in die Nordschule gelegt, zugleich in Verbindung mit den Appellplätzen. Es war zu bewundern, mit wieviel Umsicht und Geschick unsere Kammerunteroffiziere, die solchen Posten vorher noch nie bekleidet hatten, ihrer Aufgabe gerecht wurden.


  1. Feldrock; Bestandteil der legeren Offiziersuniform.
  2. Kopfbedeckung der Jäger- und Schützenbatailone.

Persons: Heußner, Harry
Places: Hersfeld · Hünfeld · Richelsdorf · Rotenburg · Rußland · Schmalkalden
Keywords: Landsturm-Infanteriebataillon · Uniformen · Vaterland · Waffen
Recommended Citation: „Harry Heußner, Das Landsturm-Infanteriebataillon Hersfeld in Belgien, 1914-1918, Abschnitt 2: Einquartierung und Ausrüstung“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/44-2> (aufgerufen am 27.04.2024)