Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1489 März 24

Almosenbrief für die Kirche zum Pfannstiel in Weilburg

Regest-Nr. 10341

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, 79, 27, (17. Jahrhundert). Papier.
Drucke: Eichhoff, Kirchenreformation in Nassau-Weilburg 1, S. 12 ff.
Regesten: Struck, Quellen zur Geschichte der Klöster 4, S. 29 f. Nr. 1415.
Regest
Elisabeth von Gottes Gnaden Landgräfin von Hessen, Gräfin von Nassau und Saarbrücken, Witwe, und Graf Philipp von Nassau und Saarbrücken tun jedermann (allen und iclichen fursten, geystlichen und werntlichen, prelaten, graven, frihen, rittern, ettelen, knechten, strengen, vesten, irbern, wirdigen, unsßirn lieben herren und allermenniclich) kund, daß das Gotteshaus zum Pfannstiel bei Weilburg, in ihren Grafschaften gelegen, Trierer Diözese, zu Ehren der hochgelobten Königin Maria, des Himmelsfürsten St. Johannes des Täufers, und des Nothelfers St. Valentin geweiht, wo ein Bild der Jungfrau Maria in einem Baum stand, durch das Maria wirkliche Wunderzeichen getan hat und noch täglich an denen, die sie in Not suchen, vollbringt, nach Gottes Willen mitsamt dem Baume, den Glocken, Meßgewändern, Kelchen, dem Ornat und Kleinod verbrannt ist mit Ausnahme der Kreuze auf den Meßgewändern und des Marienbildes, das gleich nach dem Brande durch einen Priester unverletzt in der Erde gefunden und würdig wieder an die erste Statt gesetzt ist, wo es seine Wohnung haben wollte. Maria hat dort viele große Wunder getan. So ist ein Kind in ein Feuer gefallen und so sehr davon geschädigt, daß die Eltern ihm die Hirnschale aus seinem Haupt genommen haben. Die Hirnschale hängt noch heute vor dem Bilde Unserer lieben Frau zum Pfannstiel, und das Kind ist noch am Leben. Ein anderes zeichen geschah an einer Frau, die ein Kind gebären sollte und der von den Frauen nicht geholfen werden konnte, sodaß sie starb. Sie war schon 2 1/2 Stunden tot, da ging ihr Mann in ein anderes Schloß und wollte Nägel zu dem Sarg (der laden) holen. Inzwischen kam ein (geistlicher) Bruder vor das Haus, und auf seine Frage, was sie da für ein Wesen hätten, antworteten ihm die Frauen, daß dort eine Frau mit einem Kinde gestorben sei. Da riet der Bruder, die Frau zur himmlischen Königin zum Pfannstiel zu geloben. Als es geschah, ward die Frau sogleich wieder lebendig und gebar einen Sohn. Beide sind noch heute am Leben. Darum haben die Aussteller über der verbrannten Stätte und dem unverletzten Bilde zu Ehren Gottes, Marias, St. Johanns und St. Valentins wiederum einen schönen, köstlichen Bau eines Gotteshauses mit fünf Altären angefangen. Vom Papst mitsamt seinen Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen ist allen denen, die hilfreich Hand zu dem Gotteshaus reichen, Ablaß verheißen, da die Almosen die Sünde löschen wie das Feuer, damit der Mangel an Kelchen, Glocken, Meßgewändern, Altartüchern und allen kirchlichen Zieraten und Paramenten, die zum Meßamt und Gottesdienst gehören, abgestellt wird. Für die Almosen, die man schickt, ist in dem Gotteshaus eine Bruderschaft gestiftet, die man in den vier Fronfasten mit Vigilien und Seelmessen und brennenden Kerzen, als wären alle leiblich gegenwärtig, auch mit Sing- und Lesemessen, die bis an den Jüngsten Tag gestiftet sind, begeht, indem man für die Lebendigen betet, daß es ihnen zu einem guten Ende verhelfe, und für die Toten, daß ihnen Gott die ewige Ruhe und Seligkeit gebe. Diese Bruderschaft soll auch durch Beisteuer aller frommen Christenmenschen gefestigt werden. Wer also in Betrachtung des Leidens unsers Herrn Jesu Christi und des Seelheils seiner Eltern und Vorfahren mit den Ausstellern Bruder und Schwester der hochgelobten Marienbruderschaft werden will und Gold oder Silber, ganz oder zerbrochen, zu den neuen Kelchen, einem Grab Jesu Christi und zu den Monstranzen, worin man den zarten, frommen Leichnam Christi trägt, oder etwas Tuch oder Garn für den Altar oder etwas zu den neuen Glocken, die ein Anfang aller guten Werke und Worte sind, an Erz, Zinn, Messing oder Kupfer gibt oder durch ihre treuen Diener und Boten dieses Schreibens schickt, der verdient sich damit große Gnade und Ablaß gemäß den römischen Bullen. Die Aussteller bitten daher, barmherzig zu sein, wie Christus barmherzig sein will allen, die Barmherzigkeit auf Erden erzeigen, und Almosen zu geben, da nur unsere guten Werke uns von diesem Jammertal nachfolgen, auch nicht zu dulden, daß diese Sendboten von einem Untertan gehindert oder geschmäht werden, sondern jene mit guten Empfehlungen umherzusenden. Den Lohn dafür werden sie von Gott dem Allmächtigen und seiner Mutter Maria, Patronin jenes Gotteshauses, empfangen.
Siegel beider Aussteller und jenes Gotteshauses, das Hermann von Katzenfurt, Statthalter desselben, Cläsgen von Drommershausen und Cloppis Henne von Weilburg, Baumeister, ankündigen.

Wortlaut der Datierung

Geg. 1489 uff den dinstag nach dem sontag zu lattin genand oculi.

Nachweise

Aussteller

Nassau-Weilburg, Grafen, Elisabeth die Schöne, Frau Johanns III., geb. Landgräfin von Hessen · Nassau-Weilburg, Grafen, Philipp II.

Empfänger

Weilburg, Kirche am Pfannstiel

Siegler

Nassau-Weilburg, Grafen, Elisabeth die Schöne, Frau Johanns III., geb. Landgräfin von Hessen · Nassau-Weilburg, Grafen, Philipp II.

Weitere Personen

Katzenfurt, Hermann von, Statthalter des Gotteshauses in Weilburg · Drommershausen, Cläsgen von · Cloppis, Henne, von Weilburg, Baumeister

Weitere Orte

Nassau, Grafen · Saarbrücken, Grafen · Weilburg, Kirche am Pfannstiel · Trier, Diözese

Sachbegriffe

Grafen · Witwen · Kirchen, Neubau von · Kirchen, abgebrannte · Diözesen · Wundertaten · Kinder, verletzte · Glocken · Meßgewänder · Kelche · Ornate · Kleinodien · Kirchen, Ausstattung von · Priester · Geburten, tötliche · Schlösser · Tote, wiedererweckte · Päpste · Kardinäle · Erzbischöfe · Bischöfe · Ablaßhandel · Altartücher · Seelstiftungen · Seelmessen · Baumeister · Statthalter · Metall, Sammeln von · Altmetall, Wiederverwertung von

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Struck, Klöster und Stifte 4

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 10341 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/10341> (Stand: 30.04.2024)