Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Versorgungsengpässe bei Butter in Frankfurt werden öffentlich beklagt, 5. Dezember 1915

Die Frankfurter Zeitung meldet:

Wer jetzt die Gespräche von Hausfrauen und zwar aller Schichten mit anhört, dem tönt immerfort das Thema Butter entgegen. Nicht vom Krieg und nicht vom Frieden, nur von der Butter reden sie. Ursache für die unzureichende Versorgung mit Butter in Frankfurt am Main ist ein im Oktober 1915 bestehendes Verbot der Ausfuhr von Butter und Käse, das der Staat Bayern erlassen hat und das die Butterzufuhr aus dem Allgäu in das Maingebiet unterbindet. Um den starken Preisanstieg des Streichfetts zu begrenzen, legt der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main gemeinsam mit den Städten Offenbach am Main, Darmstadt, Wiesbaden, Mainz, Hanau, Höchst am Main, Homburg und Gießen 1915 amtliche Höchstpreise für Butter fest. Die Stadt Mainz unterbindet am 18. Dezember per Verordnung selbst jeden Verkauf von Butter nach außerhalb, indem sie die Abgabe im Gesamtbezirk der Stadt auf die Inhaber der von der Kommunalverwaltung ausgegebenen Brotkarten beschränkt.¹

Die Zusammenfassung von Haushaltsrechnungen unterschiedlicher Herkunft erlaubt es, vor 1914 präzisere Aussagen zum Umfang des Konsums von Butter zu treffen. Der Butterverzehr im wohlhabenden Frankfurt am Main bezifferte sich vor Kriegsausbruch im Jahre 1910 auf durchschnittlich 5,9 Kilogramm pro Vollperson, während das umliegende Maingebiet nur einen Durchschnittswert von 2,5 Kilogramm Butterverbrauch erreichte. In Kassel wurde im gleichen Zeitraum deutlich mehr Butter konsumiert, nämlich 7,5 Kilogramm pro Vollperson. Bezogen auf das Deutsche Reich zeigte sich der durchschnittliche Butterverzehr 1910 stark von regionalen Gewohnheiten geprägt, allerdings ist für den Raum Hessen insgesamt von einem vergleichsweise relativ niedrigen Butterverbrauch zu sprechen. Besonders wenig Butter verzehrte man im süddeutschen Raum; hier findet sich zu diesem Zeitpunkt kein Ort mit überdurchschnittlich hohen Butterverbrauch.²
(KU)

1. Hedwig Brüchert, Städtische Sozialpolitik vom wilhelminischen Reich bis zur Weltwirtschaftskrise. Eine sozial- und kommunalhistorische Untersuchung am Beispiel der Stadt Mainz 1890–1930, Stuttgart 1994, S. 260. ↑
2. Vgl. HeBIS Peter Lesniczak, Alte Landschaftsküchen im Sog der Modernisierung. Studien zu einer Ernährungsgeographie Deutschlands zwischen 1860 und 1930 (Studien zur Geschichte des Alltags 21), Stuttgart 2003, S. 70 f. ↑