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Freigabe des Bad Homburger Stadtwalds zum Holzeinschlag, 20. Februar 1947

Wegen des strengen Winters gibt die Stadt Bad Homburg für ihre Bürger den Stadtwald zum Holzeinschlag frei. Diese Maßnahme ist nur ein lokales Beispiel für die überall in Hessen und ganz Deutschland aufgrund der kritischen Versorgungslage im kalten Winter 1947 freigegebenen Abholzung: Heizmaterial wird zur Mangelware, vielerorts sind die oft aus der Vorkriegs- und Kriegszeit stammenden Vorräte an Lebens- und Betriebsmittel gänzlich aufgebraucht, was die Lage gegenüber dem Jahr 1945 teils deutlich verschärft.

Die zwischen November 1946 und März 1947 herrschenden Witterungsverhältnisse machen diesen Winter zu einem der kältesten im 20. Jahrhundert. So werden 1947 beispielsweise aus dem etwa 1.500 Hektar großen Stiftswald südwestlich von Helsa und Kaufungen (im Wald-Wuchsgebiet des Nordosthessischen Berglandes, eingebettet in Kaufunger Wald, Söhre und Lichtenauer Hochfläche) 154 Festmeter Nutzholz, dagegen aber 3.558 Festmeter Brennholz geerntet. Prozentual steht damit ein Nutzholzanteil von etwa vier Prozent einem Brennholzanteil von rund 96 Prozent gegenüber. Die durch den kalten Winter und fehlende Einfuhrmöglichkeiten ausgelöste Freigabe des Einschlags verschärft die bereits bestehende Beanspruchung deutscher Waldgebiete zusätzlich. 1946 hatte die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet, dass die bereits während des Krieges stark ausgebeuteten deutschen Waldgebiete nach Kriegsende weiterhin und in zunehmendem Maße beansprucht werden – mittlerweile vor allem für den Bedarf der Besatzungsmächte. So gingen allein im Dezember 1945 30.000 Festmeter Holz aus der französischen Besatzungszone nach Frankreich; „aus der britischen Zone werden monatlich 10 000 t Bauholz herausgeholt und nach England, zur Beschleunigung des Wohnungsbaues, geschafft“.1 Im Thüringer Wald, wo im Zuge der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone die Gutswaldungen vielfach mit aufgeteilt und den Siedlern in Parzellen von höchstens 10 und 12 Morgen zugewiesen worden sind, begründet man die Freigabe des Holzeinschlags und die daraus resultierenden großflächigen Abholzungen damit, daß diese Wälder nur der Jagdliebhaberei der Großgrundbesitzer gedient hätten.2
(KU)


  1. DIE ZEIT 7/1946, 4.4.1946, S. 7. Vgl. auch DIE ZEIT 4/1947, 23.1., S. 1 f.: Zwangsexport – Tatsachen zur deutschen Holzausfuhr / von Josef Niemöhlmann.
  2. Ebd.
Belege
Weiterführende Informationen
  • DNB Rudolf Keylwerth, Der Brennholzeinschlag 1946 – sein Ausmaß, seine Bedeutung, seine Folgen (Merkblätter des Reichsinstituts für Forst- und Holzwirtschaft 1), Hamburg-Reinbek 1947
Empfohlene Zitierweise
„Freigabe des Bad Homburger Stadtwalds zum Holzeinschlag, 20. Februar 1947“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/925> (Stand: 26.11.2022)
Ereignisse im Januar 1947 | Februar 1947 | März 1947
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