Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ von Scotti, Ausmarsch und erste Kriegswochen des 5. Rheinischen Dragoner-Regiments von Manteuffel aus Hofgeismar, 1914

Abschnitt 11: Patrouillen unter den Leutnanten von Scotti und Poel

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Patrouillen v. Scotti und Poel.

Auch die vom 15. bis 19. August mit nur kurzen Unterbrechungen in dem überaus schwierigen und unübersichtlichen Waldgelände von Suxy1 und Chiny2 aufklärende, ebenfalls durch Radfahrer Jäg. Batl. 63 verstärkte Fernpatrouille des Lts. v. Scotti (1./D. 5) war reich an Einzelgefechten und Zwischenfällen.

Nachdem sie sich durch Angriff und den Abschuß einer ganzen feindlichen Kürassierpatrouille den Weg in den Rücken des Feindes geöffnet hatte, war es ihr möglich, gegen den vor der Front der eigenen Division stehenden, noch völlig ungeklärten Gegner aufzuklären. Trotz verschiedener ernster Zusammenstöße mit feindlicher verschleiernder [S. 38] Kavallerie konnte die Patrouille die im Zusammenhang mit der bei Neufchateau4, stattgefundenen Schlacht5 stehenden großen Truppenbewegungen von Neufchateau auf Florenville6 beobachteten und zur Meldung bringen. Daß fast alle Meldungen die Division erreicht haben, und diese erst dadurch taktisch wertvoll wurden, ist einerseits der Findigkeit und dem Orientierungssinn, andererseits aber der schneidigen und tapferen Haltung der Meldereiter zu verdanken, die auf den weiten Strecken, die sie zurückzulegen hatten, noch manches Abenteuer zu bestehen gezwungen waren.

Die Fernpatrouille des Lts. Poel (2.), dessen Aufklärungsauftrag gegen Neufchateau lautete, und die sich noch am Morgen des 19. 8. mit der Fernpatrouille v. Scotti vorübergehend vereinigt hatte, mußte, da keine Meldungen einliefen, als vermißt bzw. abgeschossen oder gefangen angenommen werden. Nach etwa 8 Tagen aber traf sie unerwartet zu Fuß beim Regiment wieder ein. Sie war angegriffen, zum Teil abgeschossen und zersprengt worden, hatte aber beim Ul. Regt. 2 Anschluß gefunden. Die Freude über dieses unerwartete Wiedersehen war groß.

Die Eskadrons des Regiments lagen während dieser Tage bei Han7 im Biwak, das infolge strömenden Regens auch den ruhenden Teilen des Regiments keine Erholung bot.

Die Meldungen der Aufklärungs-Eskadrons und Fernpatrouillen der Division lauteten übereinstimmend von feindlichen Bewegungen von Florenville auf Izel. Da aber wiederholt auch Meldungen über feindliche Bewegungen in Richtung Neufchateau eingelaufen waren (wie später festgestellt, waren es zwei Armeekorps und die 9. französische Kavallerie- Division) war mit der Möglichkeit allgemeiner stärkerer feindlicher Angriffe auch in unserem Aufklärungsabschnitt sehr erheblich zu rechnen.

Deshalb erfolgte am 18. 8. die Bereitstellung der Division nördlich der Straße Marie - Han, ohne daß es zum Gefecht kam. Am 19. 8. erfolgte der Abmarsch der Division auf die Höhen bei Villers sur Semois8 , die 22. K.B. als Deckung der rechten Flanke. Der erwartete Angriff erfolgte aber auch an diesem Tage nicht.

Erst später erwies es sich, daß die in den Tagen vorher beobachteten starken feindlichen Bewegungen tatsächlich im Zusammenhang mit den Durchbruchsversuchen der 1. französischen Armee bei Neufchateau und denen der 3. französischen Armee westlich Longwy9 standen, die beide nicht nur abgewiesen, sondern die unmittelbare Fortsetzung der Offensive der deutschen 1. bis 5. Armeen zur Folge hatten.

Der linke Flügel der deutschen 4. Armee kämpfte bereits erfolgreich südlich Neufchateau. Da der rechte Flügel der deutschen 5. Armee in der Gegend von Virton10 kämpfte, wurde es die Aufgabe unserer 3. K.D. die Lücke zwischen beiden Armeen zu schließen und zu verschleiern.

Diese Aufgabe führte am 21. 8. zu harten Kämpfen, besonders auch für unser Regiment.


  1. Ort in der belgischen Provinz Luxembourg, östlich Chiny.
  2. Ort in der belgischen Provinz Luxembourg.
  3. Das 2. Schlesische Jäger-Bataillon Nr. 6 aus Oels (Niederschlesien).
  4. Neufchâteau, Stadt in der belgischen Provinz Luxembourg.
  5. Die Schlacht bei Neufchâteau vom 22. bis 23. August 1914.
  6. Florenville, Stadt in der belgischen Provinz Luxembourg, südwestlich von Neufchâteau.
  7. Han, Ort östlich Tintigny in der Provinz Luxembourg.
  8. Belgischer Ort nordöstlich Titigny.
  9. Französische Stadt im Dreiländereck Belgien - Luxembourg - Frankreich.
  10. Südbelgische Stadt nahe der französischen Grenze.

Personen: Scotti, von · Poel, Leutnant
Orte: Suxy · Chiny · Neufchâteau · Florenville · Han · Izel · Marie · Villers sur Semois · Longwy · Virton
Sachbegriffe: 5. Rheinisches Dragoner-Regiment von Manteuffel · Dragoner-Regiment Nr. 5 · Radfahrer · Jäger-Bataillon Nr. 6 · Patrouillen · Kürassierpatrouillen · Kavallerie · Schlacht von Neufchâteau · Leutnante · Meldereiter · Ulanen-Regiment Nr. 2 · Biwak · 22. Kavallerie-Brigade · Franzosen
Empfohlene Zitierweise: „von Scotti, Ausmarsch und erste Kriegswochen des 5. Rheinischen Dragoner-Regiments von Manteuffel aus Hofgeismar, 1914, Abschnitt 11: Patrouillen unter den Leutnanten von Scotti und Poel“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/90-11> (aufgerufen am 28.03.2024)