Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Tagebuch des Soldaten Heinrich Preis aus Moischt (1914-1915)

Abschnitt 9: Verlustreiche Sturmangriffe bei Comines, 8.-11. Nov.

[17-20] 8. Novbr. Morgens war Sturm geplant,die Attilerie befeuerte die Stellung wie wahnsinnig, kaum hört sie auf, und der Feind [erkennt] unsre Absicht, gibt es ein furchtbares Attileriefeuer und Gewehrfeuer. Aus dem Sturm wird nichts, bei Anbruch der Nacht wird weiter geschantst, Laufgräben gebaut wobei es vile Verwundete gibt.

9. Novmbr. heute soll es draufgehen. [S. 18] Die schwere Attilerie beschießt die feindlich Stellung, nacher soll es zum Sturm gehen, Etliche von uns sind mit Handgranaten bewaffnet. Wir liegen noch im Graben und warten auf Befehl. Nachmitags gegen 4 Uhr Befehl zum Sturm, vor uns ligt noch ein Schützengraben, Ich springe mit meiner Gruppe zuerst vor in den Graben. Rechts von uns springt die Maschinen Gewehr vor, links folgt alles nach bis der Graben voll ist, was weiter springt wird abgeschossen. Darunter auch unser Komp.-Führer Feldwl. Weil und noch andre. Wir hatten große Verluste. Jetzt heißt es weiter vor. Zuerst springt ein Leutnant von der Maschinen Comp. Ich will mit meiner Gruppe folgen, Reservist Wagner springt vor mir, er ist noch keine 2 Schritt von Graben, da fält er durch die Brust getroffen todt zu Boden, links fält noch einer, rechts fält noch ein Unffz. Ich springe wieder zurück in Graben. Der Leutnant springt und komt glücklich in [S. 19] ein etwa 40 Metr. vorliegendes Granatloch. Ihm folgt noch ein Mann von der 12. Comp. Auch ich wage es und komme glücklich hin. Da wurde ich zum Eisern Kreuz vorgeschlagen, welches ich im Lazaret speter erhilt. Nach mir komt noch der Resr. Herrmann Ludwig1 aus Großsehlheim. Abends ziehen wir uns wieder zurück.

10. Novebr. Morgens 7 Uhr soll der Sturm wieder los gehen unter bleibt aber, da unsre Attillerie den Wald noch einmal beschießen soll. Nachts Verbleiben wir im vodern Schützengraben.

11. Novbr. Morgens 7 Uhr Befehl Sturmangriff. Die Attillerie schißt noch ein paar mal, dann gehts los, zu Anfang springen nur wenige. Auch ich mit meiner Gruppe, bis in das Gratnatloch, dann springen mehrere das Loch ist voll, die dann noch springen werden abgeschossen oder schwer verwundet. Es war ein furchtbares Jammern. Nebenbei muß ich noch bemerken, daß die [S. 20] Leute alle Mutlos waren, durch die großen Verlusten, dazu fehlte es an der richtigen Führung, die wenigen Ofziere welche noch da waren hatten selbst den Muth verloren. Nun gibt es vor uns noch einmal ein richtiges Schnellfeuer, dann springt alles vor, die 168 welche Links neben uns liegen, fangen an, Wier folgen sofort, die Franzosen fliehen, als sie unser Hurra hören. Alles stürmt wüthent hinter her, was nicht erschossen wird das wird erstochen. Der Feind hat furchtbare Verluste. So gehts durch den 900 Metr. langen Wald.


  1. Hermann Ludwig aus Großseelheim gehörte zur 12.Kompanie des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 83. Er fiel zwei Tage später, am 12. November 1914, im Gefecht bei Wijtschaete, an dem Heinrich Preis wegen seiner Verwundung nicht mehr teilnahm. Hermann Ludwig war von Beruf Maurer. Er wurde 24 Jahre alt (Standesamt Großseelheim, Sterbenebenregister 1914 (HStAMR Best. 915, Nr. 3815, S. 21)).

Personen: Preis, Heinrich · Weil, Feldwebel · Wagner, Reservist · Ludwig, Herrmann
Orte: Großseelheim
Sachbegriffe: Sturmangriffe · Artillerie · Infanterie · Schanzarbeiten · Laufgräben · Handgranaten · Schützengräben · Maschinengewehre · Feldwebel · Gefallene · Maschinengewehrkompanien · Reservisten · Unteroffiziere · Leutnante · Eisernes Kreuz · Offiziere · Mutlosigkeit · Infanterie-Regiment Nr. 168 · Franzosen · Nahkampf
Empfohlene Zitierweise: „Tagebuch des Soldaten Heinrich Preis aus Moischt (1914-1915), Abschnitt 9: Verlustreiche Sturmangriffe bei Comines, 8.-11. Nov.“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/3-9> (aufgerufen am 25.04.2024)