Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds
In Frankfurt werden mehr als 400 „Asoziale“ und Juden im Rahmen der „Juni-Aktion“ verhaftet, 14. Juni 1938
Im Rahmen der reichsweit durchgeführten „Juni-Aktion“ nimmt die Polizei in Frankfurt am Main mehr als 400 als „Asoziale“ und „Arbeitsscheue“ verunglimpfte Personen in „Vorbeugehaft“, darunter 123 vorbestrafte Frankfurter Juden. Ziel der „Aktion“ ist es, durch die „vorbeugende“ Verhaftung, Verschleppung und Internierung zum Teil nichtsesshafter und vorbestrafter arbeitsfähiger Männer („Bettler“, „Landstreicher“, „Zigeuner“, Zuhälter und andere) in den Konzentrationslagern Buchenwald, Sachsenhausen und Dachau für „allgemeingefährlich“ erklärte Angehörige der subproletarischen Schicht aus dem öffentlichen Leben zu „entfernen“ und in den Lagern in einer „Erziehungskur zur Arbeit“ ihre Arbeitskraft auszunutzen.
Die Juni-Aktion wurde bereits zu Jahresbeginn durch die Dienststelle Vierjahresplan im persönlichen Stab des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler vorbereitet. Sie ist Teil der sogenannten Aktion Arbeitsscheu Reich, die bereits zwischen dem 21. und 30 April 1938 zur Verschleppung von 1.500 bis 2.000 „asozialen“ Personen in das Konzentrationslager Buchenwald geführt hat. Im Gegensatz zu dieser ersten Verhaftungswelle im April wird die „Juni-Aktion“ allerdings auf Anweisung Hitlers ausdrücklich um eine antisemitische Komponente erweitert: neben „Asozialen“ werden auch jüdische Bürger deportiert und interniert, die zuvor „mit mindestens einer Gefängnisstrafe von mehr als einem Monat bestraft sind“.
(KU)
- Records
- Wolfgang Ayaß, „Ein Gebot der nationalen Arbeitsdisziplin“. Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ 1938, in: Ders. u. a., Feinderklärung und Prävention: Kriminalbiologie, Zigeunerforschung und Asozialpolitik, Berlin 1988, S. 43-74 (Hier zitiert nach der unter dem selben Titel verfügbaren Online-Ressource, [ohne Seitenzählung], Stand: 18.7.2012)
- Additional Information
- DigAM - digitales archiv marburg: Ausstellung Verfolgung der Sinti und Roma in Hessen von der frühen Neuzeit bis nach dem II. Weltkrieg / von Udo Engbring-Romang. 4. Die nationalsozialistische Verfolgungspolitik in Hessen bis 1938, Dok. 16: Hessisches Staatsarchiv Marburg, HStAM Best. 330 Kirchhain 3096: Abschrift eines streng vertraulichen Schnellbriefes des Reichskriminalpolizeiamtes Berlin an die Kriminalpolizeileitstellen zur „Vorbeugenden Verbrechensbekämpfung durch die Polizei“, 1. Juni 1938 (Stand: 19.7.2012)
- Wolfgang Ayaß, Schwarze und grüne Winkel: die nationalsozialistische Verfolgung von „Asozialen“ und „Kriminellen“; ein Überblick über die Forschungsgeschichte, in: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (hrsg. Körperschaft) / Diercks, Herbert (Red.): Ausgegrenzt: „Asoziale“ und „Kriminelle“ im nationalsozialistischen Lagersystem(Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland 11) Bremen 2009, S. 16-30
- Hans-Dieter Schmid, Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ 1938, in: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (hrsg. Körperschaft) / Diercks, Herbert (Red.), Ausgegrenzt: „Asoziale“ und „Kriminelle“ im nationalsozialistischen Lagersystem, Bremen 2009, S. 31-42
- Institut für Stadtgeschichte der Stadt Frankfurt am Main: Frankfurt am Main 1933–1945: Terror und Verfolgung: Sinti und Roma: Die Deportation von Sinti und Roma in Konzentrations- und Vernichtungslager 1938–1944 (eingesehen am 14.6.2023)
- Wikipedia: Juni-Aktion (eingesehen am 14.6.2019)
- Meyer, Winfried: Die nationalsozialistische Verfolgung der „Asozialen“ und die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ / Jansen, Frank: Rechtsextremistische Tötungsverbrechen an Obdachlosen in den letzten zehn Jahren (Stand: 19.7.2012), 2 Beiträge [als Teil von Winfried Meyer,: „Asoziale“ als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung gestern und Opfer rechter Gewalt heute Veranstaltung zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in der Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen am 26. Januar 2001, veröffentlicht in: Stiftung Topographie des Terrors (hrsg. Körperschaft): Gedenkstätten-Rundbrief 2/2001, Nr. 99, S. 13-25.]
- Hebis-Schlagwort
- Obdachlosigkeit Nationalsozialismus
- Recommended Citation
- „In Frankfurt werden mehr als 400 „Asoziale“ und Juden im Rahmen der „Juni-Aktion“ verhaftet, 14. Juni 1938“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/4607> (Stand: 14.6.2023)