Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Deutsche Bundesbank in Frankfurt nimmt Tätigkeit auf, 1. August 1957

Mit dem heutigen Inkrafttreten des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank firmiert das Notenbankinstitut der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, die bisherige „Bank deutscher Länder“ in Frankfurt am Main unter ihrem neuen Namen „Deutsche Bundesbank“. Parallel dazu verschwindet mit der Inkraftsetzung des Bundesbank-Gesetzes der bisherige zweistufige Aufbau des Zentralbanksystems, dessen Zuständigkeiten vollständig auf die neu gegründete Deutsche Bundesbank übertragen werden. Die bislang unabhängigen Landeszentralbanken (einschließlich der Berliner Zentralbank) verlieren ihren Status als rechtlich selbstständige Notenbanken und verschmelzen als Bundesbank-Hauptverwaltungen auf Landesebene gemeinsam mit der bisherigen Bank deutscher Länder in der neuen Institution.

Zugleich tritt am heutigen Donnerstag der Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank in der nach dem neuen Gesetz vorgeschriebenen Form zusammen, um alle mit der Umbenennung und der Anpassung an die neue Rechtsform zusammenhängenden fragen zu diskutieren.¹ Er wird wie bereits zuvor in der „Bank deutscher Länder“ als oberstes Entscheidungsorgan wirken und sich als Gremium aus den Angehörigen des die Geschäfte führenden Bundesbank-Direktoriums², bestehend aus dem vormaligen Präsidenten des Zentralbankrates der Bank deutscher Länder und jetzigen Bundesbank-Präsidenten Karl Bernard (1890–1972) und dem Bundesbank-Vizepräsidenten Wilhelm Könneker (1898–1984) sowie bis zu sechs weiteren Mitgliedern, und den insgesamt zehn Präsidenten der Landeszentralbanken zusammensetzen.

Die Deutsche Bundesbank gibt zu dem Vorgang folgende Erklärung ab³:

Die bisherigen Bestimmungen für den Geschäftsverkehr mit der Bank deutscher Länder und den Landeszentralbanken, die währungs- und kreditpolitischen Anordnungen dieser Banken sowie die bisherigen Anordnungen, Genehmigungen und Mitteilungen der Bank deutscher Länder und der Landeszentralbanken auf dem Gebiete der Devisenbewirtschaftung, des Devisen- und übergebietlichen Zahlungsverkehrs und der Statistik gelten nach der Verschmelzung der Landeszentralbanken mit der Bank deutscher Länder zur Deutschen Bundesbank gemäß Paragraph 1 des Gesetzes über die Deutsche' Bundesbank vom 26. Juli 1957 sinngemäß weiter, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Nötige Anpassungen werden in Kürze bekanntgegeben.

Die „Bank deutscher Länder“ (BdL) war am 1. März 1948 durch das Gesetz Nr. 60 der Militärregierung in Frankfurt als zentrales Organ zur Umsetzung der Währungspolitik in der amerikanisch und britisch besetzten Zone errichtet worden.⁴ Zu ihren Aufgaben zählten neben der Koordinierung der Politik vor allem die Notenausgabe und für bestimmte Spezialaufgaben, wie zum Beispiel die Devisenbewirtschaftung. Gemeinsam mit den rechtlich selbständigen Landeszentralbanken der einzelnen Länder der westlichen Besatzungszonen bildete sie ein zweistufiges Zentralbanksystem, dessen föderativer Aufbau sich stark an dem der Federal Reserve (Federal Reserve System) in den Vereinigten Staaten orientierte. Sie unterlag bis 1951 alliierter Weisungsbefugnis.
(KU)

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1. Nach Beschluss des heute neu konstituierten Zentralbankrates wird es bereits am kommenden Donnerstag, den 8. August, eine weitere außerordentliche Sitzung geben in der die Beratungen zu den Übergangsmaßnahmen fortgesetzt werden sollen. ↑
2. Zu den Leitungs- und Verwaltungsaufgaben des Direktoriums zählen insbesondere Geschäfte mit dem Bund und seinen Sondervermögen, Geschäfte mit bundesweit arbeitenden Kreditinstituten, Devisen- und Auslandsgeschäfte. ↑
3. Zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.8.1957, S. 11. ↑
4. Der französisch besetzte Teil Westdeutschlands schloss sich am 1. November 1948 der Zentralbank an. ↑