Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Johannes Struckmann, Mobilmachung und erste Kriegswochen des Thüringischen Ulanen-Regiments Nr. 6 aus Hanau

Abschnitt 4: Vorrücken des Ulanen-Regiments nach Belgien

[60-61]
Inzwischen war der Allgemeine Aufmarsch der deutschen Armeen und der der 4. Armee im Großherzogtum Luxemburg vollendet. Bereits am 10. August konnte der Grenzschutz der 4. Armee gegen Belgien durch Teile des XVIII. Armee-Korps abgelöst werden. Das Ulanen-Regiment 6 löste das Husaren-Regiment 7 ab, das zum Teil schon mit feindlichen Aufklärungstruppen an der belgischen Grenze Gefechtsberührung gehabt hatte. Am 9. August war das Ulanen-Regiment 6 bis Sandweiler—Neuhäuschen, etwa 6 Kilometer östlich Luxemburg, vorgerückt. Am 10. August marschierte das Regiment durch Luxemburg nach Merl. Hier wurden um 6 Uhr vormittags die ersten Patrouillen und zwar 5 starke Offizier-Patrouillen gegen den Feind entsandt mit dem Auftrag, die belgische Grenze zu überwachen. Sie hatten den Befehl, bis zur Grenze vorzustoßen. Aber vergeblich hielten die Ulanen scharfe Wacht. Feindliche Kräfte hatten nirgends die luxemburgische Grenze überschritten.
Das Regiment marschierte nach Dippach, wo es sich nördlich des Dorfes am 10. und 11. bereitstellte.
Die vor der Aufmarschlinie liegende belgische Stadt Arlon erforderte als wichtiger Eisenbahnknotenpunkt die Besetzung. In der Nacht vom 11. zum 12. August wurde die 41. Inf.-Brigade unter Generalmajor von der Esch1, verstärkt durch 2. und 4. Eskadron des Ulanen-Regts. Nr. 6 und durch Feldartillerie nach Arlon vorgeschoben. Die Patrouille des Leutnants Schimmelfennig2 [S. 61] meldete am frühen Morgen Arlon vom Feinde frei. Die Stadt wurde um 7 Uhr vormittags ohne Widerstand besetzt.
Während die luxemburgische Bevölkerung sich den deutschen Soldaten gegenüber in jeder Weise loyal, ja meist sehr freundlich verhielt, so daß hier Patrouillen und Meldereiter sich fast wie im eigenen Lande bewegen konnten, änderte sich dieses Bild nach Überschreiten der belgischen Grenze völlig. Die Dorfstraßen waren leer, kein Mensch zeigte sich auf der Straße, die Häuser und Gehöfte waren verschlossen und verrammelt. Der Franktireurkrieg aber lebte allerorten auf und bedrohte in seiner hinterlistigen Form besonders Patrouillen und Meldereiter. Gar mancher brave deutsche Soldat, auch von unseren Ulanen, ist ihm zum Opfer gefallen, ohne daß es auch späteren Nachforschungen gelang, eine Spur der Vermißten zu finden. Auch in Arlon wurde besonders während der Nacht auf Posten, Meldereiter und Biwaks geschossen. Es bedurfte einer scharfen Proklamation und weiterer Strafmaßnahmen des Brigadekommandeurs, bis diesem Übel gesteuert wurde.


  1. Generalmajor Hans von der Esch (1862-1934). Siehe Wikipedia-Artikel Hans von der Esch.
  2. Nach den Angaben Struckmanns fiel Leutnant Schimmelfennig am 28. August 1914 auf Patrouille bei Autrecourt.

Persons: Struckmann, Johannes · Esch, Hans von der · Schimmelfennig, Leutnant
Places: Belgien · Luxemburg · Sandweiler · Neuhäuschen · Merl · Dippach · Arlon
Keywords: Thüringisches Ulanen-Regiment Nr. 6 · Ulanen-Regiment Nr. 6 · Grenzschutz · XVIII. Armeekorps · Husaren-Regiment Nr. 7 · Patrouillen · Meldereiter · 41. Infanterie-Brigade · Zivilbevölkerung · Franktireurs
Recommended Citation: „Johannes Struckmann, Mobilmachung und erste Kriegswochen des Thüringischen Ulanen-Regiments Nr. 6 aus Hanau, Abschnitt 4: Vorrücken des Ulanen-Regiments nach Belgien“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/91-4> (aufgerufen am 26.04.2024)