Hessian World War I Primary Sources

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Illustrations

Der Ausmarsch der Marburger Jäger Anfang August 1914
hier in der Kasernenstraße (heute: Gutenbergstraße)

↑ Eugen Korschelt, Erinnerungen des Marburger Zoologen und Rektors, 1914-1919

Abschnitt 3: Mobilmachungstag, Einrücken der Studenten ins Feld

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Der furchtbare Tag von Sarajevo war gekommen; man ahnte und glaubte vorauszusehen, was nun folgen würde. Es war eine Zeit von drückend schwüler Stimmung voll trüber Erwartung. Wie immer gegen Schluß des Semesters stand für die Universität die Rektorwahl bevor. Ungewöhnlicherweise, denn ich war schon Rektor gewesen, fiel sie auf meine Person, was ausgemacht gewesen sein muß, denn sie war einstimmig. Mir machte sie als freundliche Schätzung und fester Willensausdruck der Kollegen begreiflicherweise einen tiefen Eindruck. Glücklich allerdings war ich nicht darüber; denn schon das erste Mal hatte ich das Rektoramt, weil wenig dafür geeignet und wegen des großen Zeitverlustes sehr ungern übernommen; doch blieb mir unter den obwaltenden Umständen und den besonderen Zeitverhältnissen gar nichts anderes übrig, abgesehen davon, daß mir die Wahl als Ehre erschien, die nicht abzulehnen war.

Die Ereignisse überstürzten sich, es kam der Tag der Mobilmachung. Am Nachmittag hatte Kurs stattfinden sollen, und tatsächlich erschien noch ein großer Teil der Studenten. Kurze Ansprache mit besten Wünschen für einen guten Ausgang und glückliche Wiederkehr. Dann gingen sie nach herzlichem Abschied ernsten Sinnes davon, viele auf Nimmerwiedersehen. Der Krieg würde ein sehr schwerer werden; denn die uns gegenüberstehende Macht war zu groß, und weitere Feinde würden dazu kommen, wie sicher vorauszusehen. Grübelnd über das Schicksal dieser herrlichen jungen Leute ging ich nach Hause, wo ich andere von ihnen antraf, die sich zu verabschieden kamen. Abermals bewegter und rührender Abschied im Gefühl großer Unsicherheit eines Wiedersehens.

Bedrückten Sinnes ging ich mit meiner Frau durch die Stadt, um [S. 173] Näheres zu hören und Einrichtungsgegenstände für die vorauszusehende Einquartierung zu beschaffen, was sich schon sehr bald als notwendig erwies. Am nächsten Tage erschienen die Assistenten Prof. Tönniges¹, Prof. Harms² und Dr. Georgi, um Abschied zu nehmen. Ersterer stellte die Rückkehr noch vor Weihnachten nach siegreich beendetem Feldzug in Aussicht. Mir wollte das unter den obwaltenden Umständen weniger einleuchten, doch behielt ich meine Auffassung der Lage für mich. Tatsächlich war er zu Beginn des Semesters schon wieder da, allerdings mit zerschossenem Arm und anderen Schädigungen. Der Krieg ging zunächst ohne ihn weiter, bis er wieder eintreten konnte und ihn bis zu Ende mitmachte, um schließlich bei den Kämpfen im Baltikum ein Bataillon zu führen und erst im Mai 1919, also etwas später als gedacht, zurückzukehren.

Abschied nehmen kamen bald auch Oberpräparator Wiese als Feldwebel und Hilfsdiener Gaßmann, ebenfalls als gedienter Soldat. Den Institutsdiener und späteren Laboranten Koch hielt es als Feldwebel ebenso wenig: doch war er schon älter und übrigens der letzte vom Institut noch vorhandene Angestellte, so daß sein Bleiben verfügt wurde. Obwohl gesundheitlich damals nicht ganz auf der Höhe, war er mit dem Bescheid gar nicht einverstanden, mußte sich jedoch in das Unvermeidliche fügen.

Schweren Herzens sahen meine Frau und ich allein mit dem Rektor, der uns dorthin gebeten hatte, von dem einsamen Vorgarten der Universität den Auszug des mit Marburg so eng verbundenen Jägerbataillons. Von guten Bekannten abgesehen, wem von den vielen wird es beschieden sein, gesund und heil oder überhaupt zurückzukehren? Reiches junges Leben, voller Pläne und Hoffnungen, sollte dahingegeben werden; denn die Zahl der feindlichen Länder mehrte sich, und es wurde ein noch viel schwereres Ringen, als vorauszusehen.
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1. Prof. C. Tönniges, Assistent am Zoologischen Institut der Universität Marburg. ↑
2. Prof. Dr. Jürgen Wilhelm Harms (1885-1956), seit 1910 Privatdozent der Zoologie an der Universität Marburg, 1922 ordentlicher Professor an der Universität Königsberg. Harms war ein Schüler Eugen Korschelts. ↑