Hessian World War I Primary Sources

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↑ Eugen Korschelt, Erinnerungen des Marburger Zoologen und Rektors, 1914-1919

Abschnitt 2: Wahl zum Rektor, Fackelzug der Marburger Studenten

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Die mich persönlich sehr stark berührenden Vorgänge bringe ich deshalb zur Sprache, weil sie in eine Zeit fielen, die ich von Kollegen und Bürgern der Stadt mehrfach als den Gipfelpunkt rühmen hörte, welchen das Leben an der Universität in den Vorkriegsjahren erreichte. Bei besonderen Gelegenheiten und als eine von ihr zu vergebende Ehrung pflegte die Studentenschaft zu beschließen, einem ihrer Lehrer einen Fackelzug darzubringen, wovon einer der üblichen der für den scheidenden Rektor war. Die Gelegenheit hatte sich für mich mehrfach ergeben, doch glaubte ich stets auf das freundliche Angebot dankend verzichten zu sollen. Es schien mir, als wenn die dadurch in Stadt und Studentenschaft hervorgerufene Aufregung und Unruhe dem wenig bedeutungsvollen Anlaß durchaus nicht entspräche.

Als diesmal, der Juli war unterdessen herangekommen, das Angebot, und zwar dringend wiederholt wurde, weil man meinen Standpunkt schon kannte, verhielt ich mich genau so wie früher: doch nützte mir das wenig. Das Angebot wurde aus besonderen Gründen unter Hinweis auf meine Stellungnahme im Rektoratsjahr wiederholt. Letzteres überraschte mich, denn ich glaubte jene, eine ganze Reihe von Jahren zurückliegenden Vorgänge infolge des dauernden Wechsels in der Studentenschaft schon längst vergessen. In Erinnerung daran erwog ich eine Änderung meines Standpunktes, denn es waren unterdessen wieder Spaltungen in der Studentenschaft eingetreten, „Wenn der Ausschuß eine allgemeine, ausnahmslose Beteiligung der Korporationen, also eine bei dieser Gelegenheit zu erreichende, wirkliche Einigkeit der Studentenschaft verbürgen könne, wolle ich mich zur Annahme entschließen“, gab ich Bescheid.

Zu meiner Verwunderung wurde die gestellte Bedingung tatsächlich erfüllt, keine der zahlreichen Verbindungen schloß sich aus, und die Einigkeit der Studentenschaft war wenigstens für dieses Mal. hergestellt. Der Fackelzug konnte also steigen. Die Beteiligung war eine sehr große. Auf der Anmarschstraße den Berg hinauf waren Erfrischungsstationen mit Speise und Trank für die Fackelträger eingerichtet. Vor dem Hause wurden die üblichen Reden gehalten. Nachher [S. 172] versammelten sich die Chargierten bei uns im Haus. Unterdessen hatten die Fackelträger weit am Berg hinauf Stellung genommen. Es war ein schönes Bild, das die dazu geladenen, befreundeten Kollegen von den Fenstern und vom Vorgarten her bewunderten; wie nachher gesagt wurde, der glanzvolle Abschluß jenes Studentenlebens der Vorkriegszeit. Wir waren schon im letzten Monat des Sommersemesters 1914, das ein so jähes Ende fand. An diesem Abend herrschte heiterster Frohsinn; doch dauerte es nur noch eine kurze Weile, bis fast alle der an jener Feier Beteiligten hinaus ins Feld zogen und viele, sehr viele von ihnen nicht mehr zu uns zurückgekehrt sind.
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