Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Kriegsnotizen des Soldaten August Rompf aus Dillenburg, 1914

Abschnitt 5: Erschöpfung der Einheit, Wachdienste

[48-49] Am nächsten Morgen, 29.10., alle Jäger aus dem Graben zurück. Nun treffe ich zu meiner größten Freude Helmuth und auch Willi Henn von Herborn wieder. Wir drei bleiben nun immer zusammen und verbringen die Zeit von morgens 6-10 Uhr in einem Schweinestall woselbst wir sehr gut schliefen.

Etwa um 10 Uhr alle Jäger antreten. Wir waren nun alle zusammen etwa noch 150 Mann, 1 Leutnant (Kunke) und 1 Feldwebel (Reinhardt). Das war der Rest des stolzen Batallions.

Gegen Mittag gehen wir in ein anderes Gehöft. Nachmittags sollen wir noch einen breiten Deckungsgraben ausheben, doch werden wir durch Beobachtung feindlicher Flieger gestört. Es war auch gut, denn unsere Kräfte versagen bald vollständig. Wir gehen nun wieder in das letzte Gehöft und verbringen dort die Nacht. Ich habe sehr gefroren und habe mir auch den Magen verdorben.

Am 30.10. morgens glaubte ich mich krank melden zu müssen, doch lasse ich es noch einmal. Helmuth meldet auch krank und geht zur Erholung zurück zur Bagage. Wir verbringen den Tag in einem Haus. Abends müssen wir wieder in unser Gehöft zurück. Von ½ 9 - ½10 Uhr abends habe ich Wache, denn unsere Bagage sollte kommen. Als meine Ablösung um ¾ 10 noch nicht da war gehe ich ins Gehöft zurück und sehe, daß kein Jäger mehr da ist. Ich gehe zu meinem Posten zurück und warte. Um ½ 12 Uhr kommt Willi Henn um mich abzulösen. Wie er mir sagt, sind wir etwas weiter vor in ein anderes Gehöft gegangen. Wir kommen nun überein beide auf Wache zu bleiben, da ich doch im Dunkeln den Weg nicht hätte finden können. Wir lösen uns nun die Nacht hindurch gegenseitig ab. Es hatte offenbar so sein sollen, daß ich nicht zurückgehen sollte.

Unsere Jäger machten in der Nacht nochmals einen Sturm auf die feindliche Stellung, welcher mit großen Verlusten erfolglos blieb. Durch diesen Sturm sind nun viele wieder versprengt worden.

Wir sind nun am 31.10. etwa noch 60 Mann zusammen. Davon meldet sich noch etwa die Hälfte krank, denn die Leute sind total kaputt. Den 31.10. verbringen wir in verschiedenen Häusern. Am Abend rücken wir mit 239ern zusammen wieder nach vorne. Doch kommen wir nicht zum Schießen, nur pfeifen uns dauernd die Kugeln um die Ohren. Die Nacht verbringen wir wieder auf freiem Felde.

Heute, am 1.11. (Sonntag), liegen wir wieder den ganzen Tag auf derselben Stelle, wo wir die Nacht verbracht haben. Willi Henn und ich liegen immer zusammen. Vormittags lesen wir uns beide einen Abschnitt aus dem neuen Testament. Ich durchlebe in Gedanken einen Gottesdienst. Nachher stellen wir beide Betrachtungen über Zivilleben an. Wie hat sich doch alles verändert.


Persons: Henn, Willi · Kunke, Leutnant · Reinhardt, Feldwebel · Rompf, August
Places: Herborn
Keywords: Schützengräben · Jäger-Bataillon Nr. 11 · Flieger · Bagage · Sturmangriffe
Recommended Citation: „Kriegsnotizen des Soldaten August Rompf aus Dillenburg, 1914, Abschnitt 5: Erschöpfung der Einheit, Wachdienste“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/11-5> (aufgerufen am 25.04.2024)