Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Pessimistische Berichte und gedrückte Stimmung zur Kriegslage, 26. August 1918

Der Wiesbadener Regierungspräsident bezeichnet in seinem monatlichen Bericht an das Stellvertretende Generalkommando des 18. Armeekorps die Stimmung in der Bevölkerung als gedrückt. Er führt das auf die neuerlichen Rückschläge an der Front, die schwierige Lebensmittelversorgung – Fehlen der Frühkartoffeln, fleischlose Wochen usw. – und die vermehrten Fliegerangriffe zurück. Er stützt sich in seiner Einschätzung auf die Berichte mehrerer Landräte, die vor allem über einen negativen Einfluss von Frontnachrichten auf die Stimmung in der Heimat berichten: Der Landrat von Biedenkopf teilte am 19. August 1918 mit, dass zu der gedrückten Stimmung nicht wenig die im Lande umgehenden Gerüchte von Überläufen von ganzen Divisionen, Widersetzlichkeiten ganzer Truppenteile usw. beitrugen.¹.
Die außerordentlich gedrückte und kleinmütige Stimmung in allen Teilen, Stadt und Land, des Kreises Limburg wurde nach Ansicht des Landrats bestärkt durch die Äußerungen der von der Front kommenden Urlauber, die an einen militärischen, durchschlagenden Endsieg nicht mehr recht glauben.² Auch im Rheingau wurde den umlaufenden Gerüchten über große Verluste, Gehorsamkeitsverweigerungen, Überlaufen ganzer Regimenter, Attentate auf Hindenburg usw. [...] nur zu leicht Glauben geschenkt, zumal auch vielfach Urlauber von der Front die Stärke des Feindes, die größere Güte seines Materials usw. in überschwänglicher Weise darstellen und die Kriegslage für Deutschland als wenig aussichtsreich bezeichnen sollen.³
(OV)

1. HHStAW Bestand 405 Nr. 6360, Bl. 138 ↑
2. Ebenda, Bl. 138. Bericht vom 16. August 1918. ↑
3. Ebenda, Bl. 150. Bericht vom 16. August 1918. ↑