Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Biografie

Ruhl, Ludwig Sigismund [ID = 15346]

* 10.12.1794 Kassel, † 7.3.1887 Kassel
Prof. – Maler, Grafiker, Museumsdirektor, Akademieprofessor, Zeichner, Stecher, Schriftsteller
Biografischer Text

Ludwig Sigismund Ruhl, 1794 in Kassel geboren, reiste 1812/1813 zur malerischen und zeichnerischen Ausbildung nach Dresden und lebte ab 1815 in München. Dort arbeitete er gemeinsam mit dem befreundeten Carl Philipp Fohr, den er in die Ölmalerei einführte. In Zusammenarbeit schufen sie Gemälde wie „Der verirrte Ritter“ und „Burg Zwingenberg am Neckar“.1 Nach seinem Aufenthalt in Rom 1818, welcher nicht vom Kurfürsten unterstützt wurde, kehrte er 1820 nach Kassel zurück. Dort wurde er 1832 Direktor des Museums, der Bildergalerie sowie der kurprinzlichen Bibliothek und erhielt 1833 „die Direktion der churprinzlichen Bibliothek zu Wilhelmshöhe und des damit vereinigten geheimen Cabinets-Archiv[s]“.2 Von 1832 bis 1840 lehrte Ruhl an der Kasseler Akademie. Von 1840 bis 1867 war Ruhl dort Akademieprofessor sowie Direktor. Zu seinen Schülern zählten u.a. G. A. Primavesi (1774–1865) und E. Primavesi (um 1800–1866).3

Die Ernennung Ruhls zum Direktor im Jahr 1840 brachte ein Umdenken hinsichtlich der Ziele der Akademie mit sich. Nach Ruhl erzeuge das seinerzeitige Verhältnis von Nachfrage und Angebot aufgrund der Anzahl an Akademiekünstlern ein Ungleichgewicht. Er glaubte unter den aktuellen Verhältnissen nicht an ein Erreichen der Ziele der Akademie und setzte sich für eine Ausbildung von Künstlern und Handwerkern unter einem Dach Mithilfe eines interdisziplinären Unterrichtes sowie einer entsprechenden Ausrichtung der Akademie ein.4

In den 1830er Jahren war Ruhl gemeinsam mit unter anderem Robert, Wolff, Henschel, Grimm, Müller, Hummel und Bromeis aktiv an der Neuorganisation der Akademie beteiligt, die insgesamt sieben Jahre dauern sollte.5 Ruhl nahm in seiner Amtszeit Kontakt zu den Münchner, Dresdner, Berliner, Düsseldorfer und Kopenhagener Kunstakademien auf, um sich über deren Reformen zu informieren und die „organisatorischen Strukturen der Akademie an den Zeitgeist und an die Handhabung anderer künstlerischer Ausbildungsstätten anzupassen“.6 Jedoch blieben die Reformversuche Ruhls weitestgehend unrealisiert, da sie beim Kurfürsten wenig Interesse fanden.7 Neben seinen Bestrebungen als Akademiedirektor modellierte er etwa „vier allegorische Figuren“ für das damalige Empfangszimmer des Kasseler Ständehauses sowie halblebensgroße singende Engel, welche Goethe in sein Buch „Kunst und Altertum“ aufnahm.8

S. Kritten


  1. Th.-B. 1935, S. 187.
  2. Nagler 1845, S. 34.
  3. Sitt 2018, S. 199, 234.
  4. Mävers 2020, S. 229-230.
  5. Mävers 2020, S. 221.
  6. Mävers 2020, S. 218 f., 246.
  7. Mävers 2020, S. 236-237, 268.
  8. Nagler 1845, S. 33 f.

Literatur