Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Johannes Ledroit, Mobilisierung des Hessischen Landwehr-Infanterie-Regiments 118, 1914

Abschnitt 5: Auftreten und Erscheinungsbild der Truppe

[S. 12] Innerhalb acht Tagen also war das aus Mannschaften der verschiedensten Regimenter und Gegenden gebildete Regiment zu einem einheitlichen Ganzen zusammengeschweißt worden. Sowohl bezüglich der Ausrüstung wie der Schlagfertigkeit war die Hauptsache getan. Nur geringe Beanstandungen gab es noch. So paßten den Lothringern mit ihren auffallend kleinen Füßen vielfach die derben Kommisstiefel nicht. Nun, diesem Uebelstande half man später mit erbeuteten französischen Stiefeln ab. Auch waren eine Anzahl Waffenröcke zu fällig, man hatte eben mit den großen starken Rheinhessen gerechnet. Nun, hier half der Kompagnieschneider ab. Wirklich gefehlt haben nur einige Revolver für Offizierdiensttuer und Sanitätsmannschaften, sonst aber war das Ganze in Bezug auf Vorbereitung wie Ausführung eine Musterleistung, die aber keineswegs Einzelerscheinung war, nein, im ganzen deutschen Heere klappte es so.

Am 13. August war Exerzieren, Appell und Unterricht in den Kompagnien. Die letzten Ausgleiche in Ausrüstung und Kleidung wurden vollzogen. Auch Mannschaften ausgetauscht, weil eine ganze Anzahl als felddienstuntauglich damals wieder entlassen wurde. Die Erkennungsmarken, die am Halse zu tragen waren, das Memento mori, wurden ausgegeben. Von abends 6 Uhr ab war das Regiment marschbereit.

Ueberall beherrschte die Frage: „Was geschieht mit uns nun?" die Unterhaltung. Die meisten meinten: „Ach wir von der Landwehr, wir bleiben doch in Mainz als Besatzungstruppen", wobei allerdings der Wunsch der Vater des Gedankens war, womit aber nicht gesagt werden soll, daß die Stimmung der Leute keine gute war. Allerdings die übertriebene Hurrastimmung der Zivilisten in der Stadt herrschte weder bei Offizieren noch Mannschaften, sondern eine ernste Stimmung mit dem Grundtone: Wir tun unsere Pflicht. Namentlich die Offiziere waren sich der Schwere dieser Pflicht bewußt, ahnten, daß uns der Sieg nicht so leicht würde, wie anno 1870, was die Mannschaften schon eher meinten.

Der folgende Tag, der 14. August, brachte schon die Entscheidung. Morgens war, die Zeit totzuschlagen, abermals kleiner Dienst in den Kompagnien, da kam plötzlich der Befehl, daß das Regiment gegen Abend als Etappentruppe abrücken solle. Wohin? erfuhr niemand als unser Kommandeur. Die Achselklappen wurden gerollt, daß man unsre Regimentsnummer nicht erkenne und die Wagenaufschriften sämtlich überklebt. Damals schienen uns diese Heimlichkeiten lächerlich, nachdem wir nun aber nach und nach einen Einblick in die ganz vorzügliche französische Spionage erhalten, nicht mehr.

[…]


Orte: Mainz
Sachbegriffe: Ausrüstung · Beschlagnahme · Erkennungsmarke · Geheimhaltung · Gehorsam · Manöver · Spionage · Uniformen · Landwehr-Infanterieregiment 118
Empfohlene Zitierweise: „Johannes Ledroit, Mobilisierung des Hessischen Landwehr-Infanterie-Regiments 118, 1914, Abschnitt 5: Auftreten und Erscheinungsbild der Truppe“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/43-5> (aufgerufen am 24.04.2024)