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Grabdenkmäler

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Jakob Diefenbach 1627, Neuweilnau

Neuweilnau · Gem. Weilrod · Hochtaunuskreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Neuweilnau

Gebäude / Areal:

Neuweilnau (Weilrod), Evangelische Pfarrkirche

Angaben zum Standort:

Der ursprüngliche Standort im Kirchenraum ist unbekannt.

Angaben zum Aufbewahrungsort:

Heute ist sie innen in der Ostwand des Chores plan aufgerichtet.

Merkmale

Datierung:

1627

Typ:

Grabplatte

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

87 x 192 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 6,5, (B-D) 3,5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabplatte des Jakob Diefenbach. Schmale Platte aus rotem Sandstein. Auf der Randleiste läuft die Grabinschrift (A) in einer Zeile ohne Linien um mit Beginn links unten. Im oben rundbogig geschlossenen Feld sind zwei reliefierte Wappenschilde zu sehen, die an einem Ring aufgehängt erscheinen, in den Zwickeln sitzen florale Ornamente. Darunter befindet sich eine Beschlagwerktafel mit zwei Bibelparaphrasen bzw. Denksprüchen in einer (B) und sechs Zeilen (D) sowie dem Bibelzitat (C), gleichfalls in sechs Zeilen. Die untere Randleiste ist zerstört oder im Boden verborgen, daher heute Textverluste bei (A). Platte oben rechts und unten links schräg gebrochen. Die Hausmarke auf dem rechten Wappen ist nahezu unkenntlich. Kleine Dreiecke sind Worttrenner.

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

Amtspersonen

Enthaltene Wappen:

Diefenbach5)

unkenntlich6)


  1. Über Fluss Hausmarke (Anhang Nr. 17).
  2. Ein nach unten weisender Pfeil, Rest verstümmelt.

Dargestellte Personen:

Diefenbach, um 1575 geboren, war ab 1617 nassau-saarbrückischer Amtmann zu Neuweilnau. In den Wirren des 30jährigen Krieges als Geisel nach Fulda verschleppt, starb er dort an den Folgen der durch die Soldateska erlittenen Misshandlungen.11)


  1. Vgl. Kaethner/Kaethner, Weilrod 234.

Sonstiges:

Die Kapitalis ist schlank, vor allem bei Umschrift (A); sie zeigt M mit sehr kurzem Mittelteil, spitzovales O, R mit geschwungener und stark einwärts gekrümmter Cauda, teilweise leicht nach rechts geneigtes S, dessen gegenläufige Bögen wechselnd groß sind. Nexus litterarum wird sparsam verwendet.

Der als Paraphrase von Sir 38,23 seit dem Mittelalter häufig in sepulkralem Kontext verwendete Spruch HODIE MIHI CRAS TIBI thematisiert die Vergänglichkeit allen menschlichen Daseins. Vor allem in literarischen Quellen, wie etwa in der ursprünglich aus dem Orient stammenden, seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in Literatur und Kunst auftauchenden Legende der Begegnung der drei Lebenden mit den drei Toten7), fanden Vergänglichkeitstopoi weite Verbreitung. Im Kontext von Grabinschriften begegnet der Spruch mehrfach auch in Verbindung mit der aus der mittelalterlichen Buß- und Erbauungsliteratur stammenden memento-mori-Formel.8) Hingegen wird bei (D) mit dem abgewandelten Zitat aus dem Brief des Paulus an die Philipper der Hoffnung auf eine Auferstehung in Christo Ausdruck verliehen. Diese Inschrift zitiert aus dem zwischen 1615 und 1620 erschienenen Werk des Pädagogen, Lexikographen und Rektors des Heidelberger Gymnasiums, Melchior Adam9) († 1622), den fünf Teile und 546 Einzelbiographien umfassenden „Vitae“. Adam war im Besitz einer großen Anzahl gedruckter Leichenpredigten und konnte für diese Biographien berühmter Gelehrter des Zeitraums 1400–1618 u. a. aus den Beständen der Heidelberger Bibliotheca Palatina schöpfen. Sein 1620 in Heidelberg in der Reihe der „Vitae“ erschienener Band „Vitae Germanorum theologorum“ enthält einen Artikel zum Leben und Sterben des Schweizer Theologen und Antistes am Basler Münster, Johann Jakob Grynaeus († 1617); die darin zitierte Wehklage10) des unter unerträglichen Schmerzen leidenden Schweizers könnte Vorlage für den Text von (D) auf dem Grabmal in Neuweilnau gewesen sein.


  1. Vgl. u. a. Rotzler, Begegnung 7f.
  2. Vgl. u. a. DI 7 (Stadt Naumburg) Nr. 325, DI 25 (Ludwigsburg) Nr. 668, DI 29 (Worms) Nr. 582, DI 38 (Bergstraße) Nrr. 193, 201, 202.
  3. Zu ihm vgl. Kelchner, Adam; Schubert, Adam; Seidel, Vitae.
  4. Sie lautet nach Adam, Vitae Germanorum Theologorum 875: „Vt nunc triste mori est, sic dulce resurgere quondam, Christus ut in vita: sic quoque morte lucrum est. In terra labor est; requies sed suavis in urna, in summo venient gaudia summa die“, freundl. Hinweis von Dr. Michael Oberweis, Mainz.
Inschrift

Umschrift:

A WEILAND DER EHRNV[EST] / VND HOCHGELEHRT H͜ERR IACOB

TIEFENBACH VON CAM[BERG / – – – / ] SELIGER STA͜RB DEN 21 ·

SEPT(EMBRIS) · 627a) · SEIN͜ES A͜LTERS IM 52 · IAH͜R /

B HODIE MIHI CRAS TIBI1) MORS PA͜RCIT NVLLI2)

C PSAL(M) 68 · / GELOBET SEY DER / HEERb) DEGLICHc) GOTT / LEGT

VNS EINE / LAST AVFF ABER / ER HILFT VNSZ AVCH3)

D VT NVNC TRISTE / MORI EST SIC DVLCE / RESVRGERE / QVON-

DAM /

CHRISTVS VT IN / VITA SIC QVOQVE / MORTE LVCRVM EST4)


  1. Sic! 1 fehlt.
  2. Steinmetzfehler: Das zweite E besitzt keinen Mittelbalken, und an seinem oberen Balken ist der Versuch zu erkennen, den Buchstaben zu einem R zu korrigieren, was jedoch nicht vollständig ausgeführt wurde.
  3. Sic für TÄGLICH.
  1. Sir 38,23 (Paraphrase): „Memor esto iudicii mei; sic enim erit et tuum: mihi heri et tibi hodie“; vgl. auch Zajic, Gedächtnis 306.
  2. Vgl. Walther, Lateinische Sprichwörter II/8, Nr. 38354g; vgl. zu einem ähnlichen Text auch DI 71/1 (Trier II) Nr. 484.
  3. PsH 68,20.
  4. Vgl. Phil 1,21: „Mihi (enim) vivere Christus est et mori lucrum“ und unten bei Anm. 10.

Übersetzung:

(B) Heute mir, morgen dir. Der Tod verschont keinen.

(D) Obschon sterben traurig ist, so ist es süß, dereinst aufzuerstehen, weil Christus im Leben wie auch im Tode ein Gewinn ist.

Kommentar:

Elegisches Distichon (D).

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Wappen:

Diefenbach · unkenntlich

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 228.

Zitierweise
„Jakob Diefenbach 1627, Neuweilnau“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2502> (Stand: 20.3.2023)