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Hessische Biografie

Portrait

Ludwig von Boyneburg zu Lengsfeld
(1466–1537)

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GND-Nummer

117751499

Boyneburg zu Lengsfeld, Ludwig von [ID = 10744]

* 1466, † 1537 Felsberg, katholisch; evangelisch
Hofrichter, Statthalter, Rat, Landvogt
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Boineburg zu Lengsfeld, Ludwig von
Wirken

Werdegang:

  • 1493 Rat Landgraf Wilhelm des Mittleren von Hessen
  • 1494 Landvogt an der Werra
  • 1496 Hofmeister
  • 1497 Rat des Kurfürsten von Köln
  • 1502 Statthalter an der Lahn
  • 1505-1508 Hofrichter zu Marburg
  • 1509-1514 Geheimer Rat, Land-Hofmeister und Regent für den unmündigen Landgrafen Philipp
  • 1527 nach einem Streit mit diesem Sühne, wieder Rat und Statthalter an der Lahn, Hofrichter in Hessen bis 12.3.1533
  • Herr auf Lengsfeld c.p.
  • erwarb Altenburg an der Eder

Lebensorte:

  • Marburg
Familie

Vater:

Boineburg zu Lengsfeld, Otto II. von, † 1466, auf Felsberg

Mutter:

Lüngeln, Anna von, Erbin von Felsberg, Tochter des Andreas von Lüngeln auf Felsberg und der Merge von Storndorf

Partner:

  • Herda, Mathilde (Mechthildis) von, aus dem Haus Brandenburg, * um 1469 † nach 1508, Tochter des Raban von Herda zu Brandenburg, Hessischer Rat und Statthalter in Kassel, und der Katharina von Hutten
  • Meysenbug, Elisabeth von, Heirat vor 1535, Tochter des Wilhelm von Meysenbug und der Gertrud Eckbrecht von Dürkheim

Verwandte:

  • Boineburg zu Lengsfeld, Wilhelm von <Sohn>, 1490-1525, zu Lengsfeld
  • Schwertzell, Margarethe von, geb. von Boineburg zu Lengsfeld <Tochter>, † 28.1.1570, verheiratet mit Ludwig Schwertzell von Willingshausen, † 1529
  • Boineburg zu Lengsfeld, Ludwig von <Sohn>, 1497-1529, GND, verheiratet 1517 mit Anna Schenk zu Schweinsberg
  • Hopfgarten, Anna von, geb. von Boineburg zu Lengsfeld <Tochter>, verheiratet 1527 mit Wilhelm von Hopfgarten
  • Haun, Magdalene, geb. von Boineburg zu Lengsfeld <Tochter>, verheiratet 1528 mit Martin von Haun
  • Schlitz gen. von Görtz, Katharina, geb. von Boineburg zu Lengsfeld <Tochter>, † 1560, verheiratet mit Friedrich IV. Schlitz gen. von Görtz, † 1560
  • Eschwege, Barbara, geb. von Boineburg zu Lengsfeld <Tochter>, verheiratet 1531 mit Reinhard von Eschwege
  • Boineburg zu Lengsfeld, Georg von <Sohn>, 1504-1564, JUD, Hessischer Geheimer Rat
  • Breidenbach gen. Breidenstein, Agnes von, geb. von Boineburg zu Lengsfeld <Tochter>, verheiratet 1549 mit Georg Wolfgang von Breidenbach gen. Breidenstein
  • Boyneburg zu Lengsfeld, Ludwig von <Sohn>, 1535-1568, Amtmann in Homberg/Ohm
Nachweise

Quellen:

Literatur:

Leben

Im Dienst Landgraf Wilhelms II. 1491 Dezember 81; er hatte diesem Geld überbracht, als er beim König in Nürnberg weilte2, wird im April 1492 zu Erzbischof Hermann von Köln entsandt3, ist Rat Landgraf Wilhelms II. 1493 September4, Rat und Landvogt an der Werra 1494 Oktober 295, 1496 Mai 176. Hofmeister des Landgrafen 1496 August 187, gehört als solcher 1496 Oktober 3 zu den Unterhändlern, die den Ehevertrag zwischen Landgraf Wilhelm II. und Herzogin Jolanthe von Lothringen in Nanzig abschließen6. 1496 September 30 werden Boyneburgs Bezüge wie folgt festgesetzt: er erhält aus dem Gericht Felsberg 30 Vt. Korn, 22 Vt. Gerste, 40 Vt. Hafer, 18 Vt. Hopfen, 6 Kühe, 6 Hämmel, 6 Gänse, je 20 Michaels- und Fastnachtshühner, 6 zu mästende Schweine, 1 ½ Vt. Erbsen, 1 ½ Vt. Mohn (slasal), 12 Fd. Heu, 1 Vt. Salz, 4 fl. für Fastenspeise und ausreichend Streu und Spreu (kabe)9. Schiedsmann Landgraf Wilhelms in den Streitigkeiten mit Graf Wilhelm von Henneberg über Schmalkalden 149810. Hofmeister 1498 Juli 911, 1500 April 2112. Ist seit 1497 Juni 30 auch Rat und Diener Erzbischof Hermanns von Köln gegen eine Jahresrente von 30 fl.13. Statthalter des Niederfürstentums Hessen zu Kassel 1500 September 314, 1501 Februar 2815, 1502 Mai 916, Landvogt an der Lahn 150117, Statthalter des Oberfürstentums bzw. des Landes an der Lahn 1502 Juli 2018 ununterbrochen bis 1508 Januar 1219. Hofrichter in Marburg 1505 August 1020. 1506 Juni 1 befiehlt ihm Landgraf Wilhelm das Statthalteramt an der Lahn von neuem und zugleich das Hofrichteramt auf ein Jahr. Er soll in dieser Zeit auf dem Marburger Schloß in eigener Kost wohnen und 6 reisige Pferde mit den Farben des Landgrafen, wie sie jeweils sein werden, halten und zwar auf eigene Futterung, Schäden und Kosten und dazu 8 Personen auf dem Schloß, die der Landgraf kleiden und besolden will, nämlich einen Kammerknecht, einen Schreiber21, einen Kellner, zwei Pförtner und drei Saalwächter, die Boyneburg jedoch verköstigen soll. Er darf die Untertanen nicht mit Diensten beschweren, diese müssen lediglich das notwendige Holz aufs Schloß führen. Er soll das Amt nach bestem Wissen versehen, darf keine Geschenke annehmen und muß sich gemäß der Hofgerichtsordnung22 und seinem Eide verhalten. Er erhält für das Jahr seiner Bestallung 500 fl. und für seine Haushaltung das notwendige Bettgewand und Küchengeschirr. Wird er außerhalb seines Amtes verwendet, erhält er dafür besonders Futter und Mahl. Wird sich der Landgraf während Boyneburgs Amtsjahr länger als einen Monat in Marburg aufhalten, dann soll sich Boyneburg auf eines der landgräflichen Schlösser an der Lahn, für das kein Amtmann bestellt ist, begeben und sich an die dortige Amtsgift halten, doch werden die 8 Personen, die Boyneburg für das Marburger Schloß stellen muß und die während der Anwesenheit des Landgrafen dort bleiben, von Boyneburgs Amtsentschädigung abgesetzt23. 1506 August 11 setzt ihn der Landgraf als einen seiner Testamentsvollstrecker und Vormünder für die Landgräfin Anna und ihre Kinder ein24 und bestimmt, daß er nach dem Tode des Landgrafen seinen Sitz auf dem Marburger Schloß nehmen soll25. Hofrichter ist er noch 1507 Oktober 2126 und auch wohl noch 1508, scheint dann aber nach dem Sturz Wallensteins auf Einfluß der Landgräfin Anna aus der Gunst Landgraf Wilhelms II. verdrängt worden zu sein und wird daraufhin ihr entschlossener Feind und Führer der hessischen Landstände gegen ihre Ansprüche auf Vormundschaft und Regentschaft nach dem Tode des Landgrafen27. Amtmann Erzbischof Hermanns von Köln über Homberg/E. 150828. Als Hofmeister29 tritt er im August 1509 an die Spitze der landständischen Einung, die unter Zurückdrängung des Einflusses der Herzöge von Sachsen als Obervormünder des Landgrafen Philipp I., dessen Mutter Landgräfin Anna, die von Landgraf Wilhelm II. im zweiten Testament von 1508 Januar 2930 zur Vormünderin ihres Sohnes und Regentin von Hessen bestimmt worden war, entmachtet und Boyneburg mit einigen Adelsgenossen die Regentschaft überträgt, was zur offenen Feindschaft zwischen den Regenten und der Landgräfin führt31. So wird Boyneburg Landhofmeister und Regent von 1509 Oktober 332 bis 1514 März33. Dann wird er von der Witwe Landgraf Wilhelms II, Anna geb. Herzogin von Mecklenburg, mit Hilfe eines Teiles der hessischen Stände, der sich wegen seiner selbstherrlichen Regierungsweise von ihm abgewandt hatte34, als Haupt des ständischen Regiments gestürzt35. Seine Güter werden konfisziert36 und er selbst ist unter der Beschuldigung verweigerter Rechnungslegung für die Zeit der Regentschaft jahrelang aufs schwerste beschuldigt und verfolgt worden37, bis er schließlich 1527 wieder durch Landgraf Philipp rehabilitiert wird und sein Statthalteramt an der Lahn und das Hofrichteramt zurückerhält38. Er war nach dem Sturz des Hofmeisters Hans von Dörnberg durch Landgraf Wilhelm II. im Jahr 150039 und dem Sturz des Statthalters Konrad von Wallenstein durch denselben Landgrafen im Jahr 150840 der mächtigste Adlige Hessens als Führer der Stände, die unter ihm ihren politischen Höhepunkt, aber auch ihren Absturz erlebten, der den Weg zum modernen Fürstenstaat Landgraf Philipps des Großmütigen freimachte. – Boyneburg war verheiratet mit Mechthild, Tochter des einflussreichen hessischen Hofmeisters Rabe von Herda41.


  1. Rechn. I, Bilstein (28/12 Bl. 12v.).
  2. Rechn. I, Kassel Kammerschreiber Spezialrechnung (16/5 Bl. 23).
  3. Rechn. I, Spangenberg (100/6 Bl. 54v.).
  4. Gundlach zitiert: Lehenbuch Landgraf Wilhelms II.
  5. Desgleichen: Mannbuch Landgraf Philipps Bl. 93a.
  6. Kopiar 59 I Nr. 3.
  7. Kopiar 59 I Nr. 6.
  8. Kopiar 59 I Nr. 3.
  9. Urkk. Bestallungen.
  10. Kopiar 9 Nr. 3.
  11. Rechn. I, Spangenberg (101/4 Bl. 7).
  12. Rechn. I, Gudensberg (61/16 II Bl. 16). 1499 wird sein Knecht Dietmar Bartholomäus genannt (Rechn. I, Felsberg 47/2 Bl. 25).
  13. Schenk zu Schweinsberg, Landgraf Philipp S. 87.
  14. Kopiar 59 I Nr. 51. – Kopiar 13 Nr. 229.
  15. Rechn. I, Spangenberg (102/7 Bl. 35v.).
  16. Rechn. I, Bilstein (30/6 Bl. 43).
  17. Rechn. I, Treysa (110/11 Bl. 13v.).
  18. Best. 257, Fragmenta actorum des Hofgerichts Bd. VI mit der eigenhändigen Unterschrift: stathelder an der Loyne.
  19. Schenk zu Schweinsberg, Landgraf Philipp S. 87.
  20. Urkk., Depositum von Dörnberg.
  21. 1507 wird als sein Schreiber Ludwig genannt (Rechn. I, Kassel Kammerschreiber 11/8 Bl. 14).
  22. Es handelt sich um die durch Druck veröffentlichte hessische Hofgerichtsordnung Landgraf Wilhelms II. von 1500 August 24 (letzter Abdruck bei Gundlach II Nr. 80), nach der das Hofgericht viermal im Jahr in Marburg tagen sollte.
  23. Druck bei Gundlach II Nr. 81 (zu 1506 Mai 25) nach dem Revers in Urkk., Samtarchiv Nachtr. 0,393. – Gleichzeitige Kopie im Kopiar 13 Nr. 263. – Registriert in Kopiar 130 Nr. 12.
  24. Urkk., Landgräfliche Testamente. – Glagau, Landtagsakten S. 4 Anm. 5.
  25. Ebd.
  26. Küch, Marburger Rechtsquellen I S. 237.
  27. Glagau, Landtagsakten S. 22.
  28. Schenk zu Schweinsberg, Landgraf Philipp S. 87. – Rechn. I, Homberg/E. (67/23 Bl. 23).
  29. So wird er schon 1509 Juli 24 genannt (Rechn. I, Homberg/E. 67/24 Bl. 15v.).
  30. Druck bei Glagau, Landtagsakten Nr. 1.
  31. Glagau, Landtagsakten S. 35 ff.
  32. Ebd. S. 40, 43 f.
  33. Noch am 10. Januar 1514 hatte er dem Kammerschreiber über 600 fl. Dienst- und Kostgeld für das Jahr 1514 quittiert (Rechn. I, Kassel Kammerschreiber 13a/1 Bel.).
  34. Glagau, Landtagsakten S. 167 ff.
  35. Ebd. S. 229 ff.
  36. Dazu gehörte u. a. Burg und Amt Sichelstein, für das er 1510 März 22 6000 fl. erlegt hatte, um es aus der Pfandschaft Henning Rauscheblatts einzulösen (Urkk., Passiv-Schuldverschreibungen: von Boyneburg), da der Pfandgläubiger sein Geld zurückverlangte, die Kammer aber nicht zahlen konnte (Glagau, Landtagsakten S. 260). Vgl. im übrigen ebd. S. 425 ff. und S. 463 ff.
  37. Ebd.
  38. Vgl. dazu Gundlach III S. 30. 37.
  39. Siehe dort.
  40. Ebd.
  41. Kopiar 13 Nr. 230.
Zitierweise
„Boyneburg zu Lengsfeld, Ludwig von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/117751499> (Stand: 27.2.2024)