Hessische Biografie
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GND-Nummer
116466405
Gatzert, Christian Hartmann Samuel Freiherr von [ID = 1174]
- * 4.6.1740 Meiningen, † 3.4.1807 Gießen, evangelisch
Prof. Dr. jur. utr. – Jurist, Professor, Minister, Gesandter - Wirken ↑
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Werdegang:
- Besuch des Lyzeums in Meiningen
- 1757 Studium der Philosophie, der Medizin und der Rechte in Göttingen
- 1761-1763 Hofmeister in Göttingen
- 10.3.1764 Promotion zum Doktor beider Rechte an der Universität Göttingen
- Oktober 1764 außerordentlicher Professor in Göttingen
- 1763 Hofmeister bei der Familie von Uslar, Tour nach Holland, England
- 30.3.1767 zum 29.5.1767 Fürstlich-Hessischer Regierungsrat in Darmstadt und dritter ordentlicher Professor der Rechte in Gießen
- 1772 dazu Syndikus der Akademie
- April 1773 Geheimer Regierungsrat
- 1779 als Assessor des Obersächsischen Kreises beim Reichskammergericht präsentiert, aber von Kursachsen verhindert, weil innerhalb des Kreises für Barby nicht gezahlt worden war, beim zweiten Versuch durch Preußen verhindert
- 1783 Fürstlich-Hessen-Darmstädtischer Appellationsgerichtsrat in Darmstadt
- 1787 Geheimer Rat
- 1784 (?) Direktor des Oberappellationsgerichts
- 1792 Mitglied des Geheimen Ministerium (Minister des Auswärtigen)
- 17.7.1790 Erhebung in den Kurpfälzisch-Bayerischen Freiherrenstand
- Familie ↑
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Vater:
Gatzert, Johann Vitus, 1688-1753, Mädchenschullehrer und Kantor in Meiningen
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Mutter:
Hunneshagen, Johanna Catharina Charlotte, * 12.1.1703 Leutesdorf, † 2.4.1787 Meiningen, Tochter des Johann Adam Hunneshagen, * Jüchsen 26.9.1663, † Leutersdorf 20.4.1726, Pfarrer in Leutersdorf, und der Anna Sophia Köhler
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Partner:
- Haberkorn, Catharina Ernestina Sophia, (⚭ 1.1.1769) * Schellnhausen 6.7.1739, † Gießen 11.5.1812, Tochter des Friedrich Wilhelm Haberkorn, 1733 Oberförster in Schellnhausen, 1769 in Gießen, und der Barbara Wilhelmine Follenius
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Verwandte:
- Ayrer, Georg Heinrich <Onkel>, 1702-1774, Professor in Göttingen
- Nachweise ↑
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Literatur:
- Allgemeine deutsche Biographie, Bd. 8, Leipzig 1878, S. 413 f. (Walther)
- Neue deutsche Biographie, Bd. 6, Berlin 1964, S. 91 f. (Friedrich Knöpp)
- Stadtlexikon Darmstadt, Stuttgart 2006, S. 292 (Eckhart G. Franz)
- Wolfgang Huschke (†), Die Herkunft des hessen-darmstädtischen Staatsmanns Christian Hartmann Samuel Freiherrn von Gatzert (1739–1807), in: Archiv für Familiengeschichtsforschung 5 (2001), S. 164-176
- Haupt/Lehnert, Chronik der Universität Gießen von 1607–1907, Gießen 1907, S. [63]
- Julius Reinhard Dieterich, Ein Gießener Professor als hessischer Staatsminister, in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde NF 5 (1907), S. 462-514
- Christoph Weidlich, Biographische Nachrichten von den jetztlebenden Rechts=Gelehrten in Teutschland, 1. Theil, Halle 1781, S. 209
- F. W. Strieder, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte
- J. G. Gruber, Allgemeine Encyclopäpie der Wissenschaften u. Künste, 1851, S. 404 f.
- L. v. Lehsten, Die hessischen Reichstagsgesandten 2, 2003, S. 451-454
- Filippo Ranieri, Eine Begegnung mit dem Common Law an der Universität Göttingen Mitte des 18. Jahrhunderts. Zur „Commentatio iuris exotici historica de iure communi Angliae. Of the Common Law of England“ von Christian Hartmann Samuel Gatzert, in: M. Wittinger/R. Wendt/G. Ress (Hrsg.), Verfassung-Völkerrecht-Kulturgüterschutz. Festschrift für Wilfried Fiedler zum 70. Geburtstag (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht 26), Berlin 2011, S. 931-953
- Leben ↑
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Gatzert wurde 1784 Direktor des Oberappellationsgerichts. Er folgte in diesem Amt dem Geheimen Rat Wilhelm Adolph Miltenberger (1714–1784).
Als Außenminister war Gatzert Bevollmächtigter Hessen-Darmstadts auf dem Kongress von Rastatt, wo er sich der österreichischen Partei anschloss. Er wurde aber von Darmstadt aus demontiert und in seinen Instruktionen seit Herbst 1798 auf sein Amt als Hanau-Lichtenbergischer Kabinettsminister eingeschränkt, weil Pappenheim inzwischen die französische Partei am Darmstädter Hof gestärkt hatte. Am 8. Mai 1799 kehrte Gatzert nach Darmstadt zurück, forderte und erhielt am 14. Mai seinen Abschied. Pappenheim folgte ihm als Bevollmächtigter in Rastatt.
Gatzert kehrte nach Gießen zurück und starb dort 1807, seine Frau 1812. Da das Ehepaar kinderlos geblieben war, fiel der gesamte Nachlass an die Verwandten der Ehefrau Dietz-von Grolman-Hallwachs.
Schelling berichtete 1796 über seinen Besuch bei Gatzert im Brief an seine Eltern: „Der Geh. Rath nahm mich mit sehr vieler Distinktion auf. Ich hatte das nicht erwartet, man hatte mir hier gesagt, il a l’orgeuil d’un parvenu... Die Frau vom Hause – eine gute, ältliche Dame, die im Reden anstößt, im groben Gießner Dialekt spricht und ihre Gäste beinahe zu Tode füttert... Auf altdeutsche Weise fing der Herr Geh. Rath nach Tisch die Unterhaltung mit mir an. Ich fand ihn als einen mann von Geist und Kenntnissen, und ich schätze mich glücklich, daß er Mitvormund meiner Eleven <Riedesel v. Eisenbach> ist. Ich werde an ihm eine Stütze gegen den aristokratischen Sinn der übrigen finden. Ich erwartete aristokratische Prätensionen. Nichts weniger! Ich sollte die jungen Leute erziehen wie man jeden andern erzieht, der ein brauchbarer, kenntnißreicher gebildeter Mann werden soll. Ich soll Adelsstolz und Aristokratism im Keim zu unterdrücken suchen. Sie staunen vielleicht, ich staune auch, ich fand den Mann ganz anders als man ihn mir geschildert hatte. Er kennt den Geist des Zeitalters und weiß recht gut, wie der Adel beschaffen sein muß, um sich gegen den Andrang des Bürgerstandes, der doch immer eine unendliche Majorität brauchbarer, gebildeter, kenntnißvoller und geist- und talentvoller Menschen enthält, zu behaupten.“1
- Zitiert nach Ludwig Fertig (Hrsg.), Bildung in der Residenz. Texte zur Erziehungs- und Schulgeschichte Darmstadts 1600–1950 (Darmstädter Schriften 75), Darmstadt 1999, S. 67 f. ↑
- Zitierweise ↑
- „Gatzert, Christian Hartmann Samuel Freiherr von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/116466405> (Stand: 25.4.2024)