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Eindämmung der Einleitungsmaßnahmen von Abraumwasser aus dem Kalibergbau an der deutsch-deutschen Grenze gefordert, 8. September 1987

Mit der am 8. September 1987 unterzeichneten „Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die weitere Gestaltung der Beziehungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes“ hat die Bundesrepublik Deutschland die Deutsche Demokratische Republik unter Anbietung finanzieller Beteiligung aufgefordert, „wirksame Maßnahmen“ zur Eindämmung der Werraversalzung durch Abwässer des Kalibergbaus zu unterhalten.1 Diese Absichtserklärung hatte zum Ziel, die Ableitung verschmutzten Wassers in die Werra in beiderseitigem Einvernehmen der betroffenen Länder zu regulieren.2

Obwohl bereits die durch Einleitung von Salzlaugen in Flussgewässer entstehenden Folgeschäden bekannt waren, wurde mit der Einstellung des Laugeneinpressverfahrens in den Kalibergwerken in Thüringen seit 1968 in verstärktem Ausmaß eine direkte Einleitung von Salzlaugen in die Flüsse vorgenommen, wie beispielsweise im hessisch-thüringischen Grenzgebiet. Bereits seit Anfang der 1950er Jahre stellte man eine erhöhte Fischsterberate fest, seit den 1960er Jahren ein Aussetzen des Gefrierens des Werraflusses. Beides konnte auf die erhöhte Salzkonzentration im Wasser zurückgeführt werden. Mit der erhöhter Versalzung der Werra wurde auch in Mündungsflüssen wie der Weser entsprechende Phänomene beobachtet.3 Die Einleitung des gesamten ungereinigten Abraumwassers in die Werra erfolgte durch alle drei thüringischen Kalibergwerke. Das kostenaufwendige elektrostatische Verfahren, wie es die beiden westdeutschen Betriebe zur Verringerung der Abwassermenge bereits zu diesem Zeitpunkt verwenden, wird mit der Begründung einen dafür nicht tauglichen Werksuntergrund zur Verfügung zu haben, zur Einführung in den thüringischen Werken abgelehnt.4

Trotz der Anfang September 1987 erfolgten Unterzeichnung einer beidseitigen Vereinbarung wurde erst 1989 an einem grenzübergreifenden Umweltschutzabkommen gearbeitet. Vielmehr existierten zuvor einzelne Vereinbarungen, die sich mit unterschiedlichen Problemen im Bereich des Umweltschutzes im Grenzgebiet auseinandersetzten. Auch die Belastung der Werra durch Kalisalze wurde peripher thematisiert, gezielte und nachhaltige Maßnahme erschienen offensichtlich nicht erstrebenswert.5 Offensichtlich verfolgte die DDR letztmalig im Jahr 1977 Pläne für den Bau einer Abwasserleitung für das volkseigene Kombinat bis zum Meer.6 Erst Jahrzehnte später wurde Ende der 1970er Jahre verstärkt die Umweltproblematik in den Blick genommen, wenngleich noch mehrere Jahre vergehen mussten, bis letztendlich eine konkret umzusetzende Vereinbarung zwischen BRD und DDR in den Blick genommen werden konnte.7
(FW)


  1. Vgl. Fischbach, DDR-Almanach `89, S. 84.
  2. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.1.1981, S. 5: Eine der großen deutschen „Kalilandschaften“.
  3. Vgl. Eckert, Geteilt, aber nicht unverbunden, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, S. 82 f.
  4. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.1.1981, S. 5: Eine der großen deutschen „Kalilandschaften“.
  5. Vgl. Fischbach, DDR-Almanach `89, S. 78.
  6. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.3.2008, S. 57: Streit ums Salz zwischen Ost und West.
  7. Vgl. Paucke, Ökologisches Erbe, S. 241.
Records
Recommended Citation
„Eindämmung der Einleitungsmaßnahmen von Abraumwasser aus dem Kalibergbau an der deutsch-deutschen Grenze gefordert, 8. September 1987“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/5153> (Stand: 8.9.2021)
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