Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds
Brutale Lynch-Aktion an abgeschossenen US-Fliegern in Rüsselsheim, 26. August 1944
Nach einem schweren Luftangriff auf Rüsselsheim1 werden US-amerikanische Kriegsgefangene bei ihrem Marsch durch die Stadt östlich des Bahnhofs von aufgebrachten Bürgern durch den Ort gejagt und sechs von ihnen brutal ermordet. Die Mitglieder von Flugzeugbesatzungen der US Air Force, deren Maschinen zuvor über Norddeutschland abgeschossen worden waren, und die per Eisenbahn in das Durchgangslager Oberursel gebracht werden sollen, werden von einfachen Rüsselsheimer Bürgern mit Steinen und Dachziegeln beworfen und mit Knüppeln, Hämmern und Schaufeln geschlagen. Die deutschen Wachsoldaten, die den Fußmarsch der alliierten Kriegsgefangenen begleiten (die Eisenbahnverbindung ist durch den nächtlichen Luftangriff unterbrochen worden) schreiten nicht ein. Insgesamt sterben bei dem kollektiven Lynchmord sechs US-Soldaten. Vier von ihnen erschießt der NSDAP-Ortsgruppenleiter, als die von den Bürgern mißhandelten GIs regunglos am Boden liegen bleiben. Zwei der Kriegsgefangenen gelingt später schwerverletzt die Flucht: sie hatten sich bei der Mordaktion tot gestellt. Die Tötungen sind gemäß den bis Kriegsende im Deutschen Reich (de jure) in Kraft stehenden internationalen Vereinbarungen der Haager Landkriegsordnung von 1907 und der Genfer Konvention von 1929 völlig illegal und als schweres Kriegsverbrechen zu betrachten. Zum Andenken an die Opfer des Fliegermordes wird am 31. August 2004 in Rüsselsheim ein Mahnmal eingeweiht.
(OV/KU)
- In der Nacht zum 26. August werfen Flugzeuge der britischen Royal Air Force insgesamt 1.451 Tonnen Bomben auf Rüsselsheim und weitere 556 Tonnen Bomben auf Darmstadt ab. ↑
- Records
- Chronik deutscher Zeitgeschichte 2/II, S. 528
- Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991
- Additional Information
- Barbara Grimm, Lynchmorde an alliierten Fliegern im Zweiten Weltkrieg, in: Dietmar Süß (Hrsg.), Deutschland im Luftkrieg: Geschichte und Erinnerung (Zeitgeschichte im Gespräch 1), München 2007, S. 71-84.
Die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle in Kürze – Infobroschüre. Hrsg. vom Deutschen Roten Kreuz, 4., überarb. und erg. Auflage, München; Berlin: DRK-Service GmbH, 2007#
(eingesehen am 26.08.2013).- HeBIS Renken, Karl-Wilhelm: Die völkerrechtliche Stellung der Kriegsgefangenen nach dem „Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 27. Juli 1929“, Göttingen, Univ., Diss., 1935.
- HeBIS League of Nations / International Committee of the Red Cross (hrsg. Körperschaften): Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 27.7.29 (unveränd. Nachdr.), Genf 1945.
- Wikipedia: Fliegermorde (eingesehen am 26.8.2013)
- Wikipedia: Kriegsverbrechen (eingesehen am 26.8.2013)
- Wikipedia: Genfer Konventionen (eingesehen am 26.8.2013)
- Wikipedia: Haager Landkriegsordnung (eingesehen am 26.8.2013)
- Hebis-Klassifikation
- 446050 ,Kriminalität · 263460 ,Zweiter Weltkrieg
- Hebis-Schlagwort
- Rüsselsheim ; Lynchjustiz
- Recommended Citation
- „Brutale Lynch-Aktion an abgeschossenen US-Fliegern in Rüsselsheim, 26. August 1944“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/874> (Stand: 9.12.2022)