Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian Biography

Portrait

Carl Landgraf von Hessen-Wanfried
(1649–1711)

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GND-ID

1262047951

Hessen-Wanfried, Carl Landgraf von [ID = 15941]

* 19./29.7.1649 Rheinfels, † 3.3.1711 Langenschwalbach, Begräbnisort: Bornhofen, katholisch
Other Names | Activity | Family Members | References | Life | Citation
Family Members

Father:

Hessen-Kassel, Ernst Landgraf zu, * Kassel 8./18.12.1623, † Köln 2./12.5.1693

Mother:

Solms-Münzenberg, Maria Eleonore Gräfin von, 1632–1689

Partner(s):

  • Salm-Reifferscheid, Sophia Magdalena Gräfin zu, 1649–1675
  • Leiningen-Dagsburg, Juliana Alexandrina Gräfin von, 1651–1703

Relatives:

References

Bibliography:

Life

Wie sein älterer Bruder Wilhelm erhielt auch Carl 1652 die Anwartschaft auf ein Kanonikat in Köln. Nach den Plänen des Vaters hätte er in Rotenburg regieren und seinem Bruder Rheinfels überlassen sollen. Carl entschied sich aber, seinen Wohnsitz in Wanfried zu nehmen, weil er die von Kassel als unverzichtbares Recht beanspruchten reformierten Gottesdienste in der Rotenburger Schlosskirche nicht ertragen wollte und die Nähe zum katholischen Eichsfeld suchte. Von Wanfried aus betrieb er, dem der Vater einen höchst beschwerlichen humeur und conduite bescheinigte, den Streit mit seinem Bruder Wilhelm mit gleicher Leidenschaft wie dieser. Sätze wie: will lieber crepieren, als meinem Bruder einen Strohhalm breit zu weichen oder wollte ihn mores lehren wie gleiche Brüder aneinander schreiben müssen und wo kein jus primae geniturae stattfindet, durchziehen die Korrespondenz. Mit den hessen-kasselischen Beamten, die für die Einhaltung der reservierten Hoheitsrechte zu sorgen hatten, lag er wie mit den Bediensteten seines Bruders im Dauerstreit. 1707 stritt er sich beim Mittagessen im Schwalbacher Schloss sogar mit dem Jesuitenprior. Als er drohte, tätlich zu werden und dem Prior einen Teller an den Kopf zu werfen, nannte ihn sein zu Hilfe geholter Neffe Ernst Leopold einen Bärenhäuter und setzte ihn mit den Worten ein alter Narr bist Du und die Untertanen wohl unglücklich, daß sie einen Narren zum Fürsten haben sollen, halts Maul kurzerhand vor die Tür.

Carls von Handgreiflichkeiten begleitete Wutausbrüche bestimmten schließlich auch sein Familienleben. Die erste Frau Sophie Magdalena von Salm-Reifferscheid starb auf der Rückreise von einem anlässlich des Heiligen Jahres unternommenen Rom-Besuch 1675 in Venedig bei der Geburt einer Tochter und wurde mit dem Kind dort beigesetzt. Der Witwer Carl heiratete 1678 Alexandrine Juliane, die vom lutherischen Bekenntnis zum katholischen Glauben konvertierte, resolute Witwe Landgraf Georgs des Mittleren von Hessen-Darmstadt. Diese bemühte sich um einen Ausgleich mit Landgraf Karl in Kassel und brachte auch ihren Gemahl dazu, dem Namensvetter in Kassel nach dem Regierungsantritt Kaiser Josephs I. 1706 die vom Bruder Wilhelm verweigerten Vollmachten für die Reichslehns-Empfängnis zu unterschreiben und sich bereit zu erklären, gegen eine angemessene Entschädigung auf seine Rechte an Rheinfels zu verzichten; doch war die Sache noch bei Carls Tod nicht endgültig entschieden.

Erst ein Jahr vor seinem Tode zeigte sich Carl milder gestimmt und lud im Februar 1710 zu einer Familienversöhnungsfeier mit Maskerade nach Schwalbach ein. Sogar der verhasste Bruder Wilhelm aus Rotenburg hatte eine Einladung bekommen, zu Carls Bedauern aber abgesagt. Als Carl 1711 in Schwalbach starb, wurde er wie sein Vater in Bornhofen beigesetzt. Von den sechs Kindern erster und den zehn Kindern zweiter Ehe starben Karl Ernst (1669), Eleonore (1670–1671), Friedrich (1673–1692), Philipp (1674–1694), eine Tochter (1675), Ernst (1680), Karl Alexander (1683–1684) und Josefa (1687–1689) noch als Kleinkinder oder Jugendliche. Nach dem Tode von Landgräfin Alexandrine Juliane 1703 in Wanfried und ihrer Beisetzung in der Kirche des Franziskanerklosters auf dem Hülfensberg musste Kaiser Leopold eine Kommission einsetzen, die Carls miserable Landesverwaltung und sein Schuldenwesen untersuchen und dafür sorgen sollte, dass die acht überlebenden Kinder angemessen alimentiert und die Töchter nicht gegen ihren Willen verheiratet würden. Carls zahlreiche mit Frauen niederen Standes gezeugte Kinder sind namentlich nicht bekannt.

Uta Löwenstein

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 201 f.)

Citation
„Hessen-Wanfried, Carl Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/1262047951> (Stand: 25.3.2024)