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Hessian Biography

Portrait

Ludwig IV. Landgraf von Hessen-Marburg
(1537–1604)

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Hessen-Marburg, Ludwig IV. Landgraf von [ID = 1345]

* 27.5.1537 Kassel, † 9.10.1604 Marburg, Begräbnisort: Marburg Lutherische Pfarrkirche, am 23.10.1604, evangelisch
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Other Names

Other Names:

  • Hessen, Ludwig der Ältere Landgraf von
Activity

Career:

  • Regierender Landgraf zu Marburg seit 1567

Role:

  • Hessen-Marburg, Landgrafschaft, Landgraf 1567-1604
Family Members

Father:

Hessen, Philipp Landgraf von, * Marburg 13.11.1504, † Kassel 31.3.1567

Mother:

Sachsen, Christina Herzogin von, 1505–1549

Partner(s):

Relatives:

References

Bibliography:

Image Source:

Landgraf Ludwig IV. „der Ältere“, Ölbild Universitätsmuseum Marburg (Foto: Wikipedia), in: Franz, Das Haus Hessen, Darmstadt 2012, S. 70

Life

Landgraf Philipps Zweitgeborener ist in der entscheidenden Entwicklungsphase zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr elternlos aufgewachsen: der Vater fern in der Gefangenschaft, die Mutter früh verstorben. Seine wichtigste Bezugsperson wurde der ältere Bruder Wilhelm IV., dem er seine Anhänglichkeit lebenslang bewahrt hat. Nach der Rückkehr des Vaters 1552 hat sich die Pubertätskrise, die durch die unerquickliche Atmosphäre am Kasseler Hof mit Philipps Nebenfrau Margarethe und ihren Kindern im Hintergrund verschärft wurde, zu einer Art Vater-Sohn-Konflikt entwickelt. Sein Gleichgewicht hat Ludwig in einem langjährigen Aufenthalt am Stuttgarter Hof (ab 1561) zurückgewonnen. Hier erhielt er die entscheidenden Eindrücke für seine religiösen und politischen Überzeugungen. Auch nach seiner Heirat mit der württembergischen Prinzessin Hedwig blieb Hauptwohnsitz einstweilen Stuttgart. Erst 1565 kehrte er endgültig nach Hessen zurück, zunächst in das ihm vom Vater als Residenz zugewiesene, kriegszerstörte Darmstadt, dessen Auf- und Ausbau er maßgeblich beeinflusst hat.

Bei der Landesteilung 1567 erhielt Ludwig Oberhessen (mit Marburg, Gießen, Alsfeld, Grünberg und Nidda) und siedelte damit nach Marburg über. Die Mahnung des väterlichen Testaments zu brüderlicher Einigkeit hat er sehr ernst genommen und sich dem älteren Bruder Wilhelm stets untergeordnet, auch im Konfliktfall. Die Reichs- und Außenpolitik der beiden Brüder war eng aufeinander abgestimmt, so etwa bei der Vertretung auf den Reichstagen und bei Auseinandersetzungen mit den Nachbarn zum Ausgleich territorialer und hoheitlicher Ansprüche (Verträge von Merlau 1582 mit Kurmainz und von Karlstadt 1584 mit dem Deutschen Orden). Der territorialstaatliche Ausbau Oberhessens folgte mit der Behördenorganisation und der staatlichen Erfassung der Landeseinnahmen (Dorfbuch 1577) dem Kasseler Vorbild. Die gesunde wirtschaftliche Gesamtlage erlaubte eine ausgedehnte Bautätigkeit unter der Leitung von Baumeister Eberhard Baldewein (Kanzlei und Rentkammer-Anbau am Marburger Schloss, Zeughaus und Wallanlagen in Gießen, Schlösser in Grünberg, Merlau und Romrod).

Zur harten Belastungsprobe für die brüderliche Einigkeit wurde die konfessionelle Entwicklung. Während der Kasseler Wilhelm in den nach-lutherischen Lehrstreitigkeiten eine neutrale Haltung zu wahren suchte und stärker den Reformierten zuneigte, vertrat Ludwig ein entschiedenes Luthertum, worin er durch Landgräfin Hedwig und den 1576 aus Tübingen nach Marburg berufenen Theologie-Professor Aegidius Hunnius (1550–1603) bestärkt wurde. Gesamthessische Generalsynoden waren angesichts der offen zutage tretenden Gegensätze in der Pfarrerschaft nach 1582 nicht mehr möglich. Ludwig verzichtete allerdings auf Druck seines Bruders auf die Unterzeichnung der „Konkordienformel“ von 1580, mit der die innerprotestantische Spaltung besiegelt wurde, und nahm 1591 auch die Landesverweisung seines Predigers Hunnius durch Wilhelm hin.

Die letzten Lebensjahre Ludwigs waren überschattet von Krankheiten und fortschreitender Alters-Demenz. Dazu kam die unglückliche Ehe mit der 30 Jahre jüngeren zweiten Frau, vor deren Eskapaden er die Augen verschloss, obwohl er sichtlich darunter litt. Diese zweite Ehe blieb wie die erste kinderlos, so dass Ludwig in seinem Testament von 1595 die hälftige Teilung Oberhessens zwischen seinen Neffen Moritz in Kassel und Ludwig V. in Darmstadt verfügte, wobei jede Veränderung des Konfessionsstandes mit dem angedrohten Verlust des Erbteils untersagt wurde. Die Bedeutung dieses Testaments für die hessische Geschichte brachte Ludwig IV. später den Beinamen Testator, dem Land aber einen jahrzehntelangen Streit, der zunächst mit juristischen und dann mit militärischen Mitteln ausgetragen und erst im Westfälischen Frieden endgültig beigelegt wurde.

Fritz Wolff

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 70 f.)

Citation
„Hessen-Marburg, Ludwig IV. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/119021854> (Stand: 15.1.2024)