Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Fritz Sames, Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 in den Vogesen, 1914

Abschnitt 13: Ereignisse

[12-13] Um 5 Uhr hatte sich das Artilleriefeuer beruhigt, es beruhigten sich die fantastischen Gerüchte, und die Ruhe der Erschöpfung kam über die Leute. Das II. Bataillon biwakierte auf der Feste. Es war das erste und auch das letzte Mal, daß die mitgenommene Zeltausrüstung in ihrer ursprünglichen Bestimmung verwendet wurde. Nichts vermag in die Verdrießlichkeit der Marschnachwehen eine raschere Aufmunterung zu bringen, als der Anblick eines harmlos-launigen Mißgeschicks. Hauptmann Stoppelhaar hatte — die Dunkelheit war schon eingetreten — nach seinem Gepäck gerufen. Jemand ließ eine Taschenlampe aufblitzen. Die Pferde des Gepäckwagens schenken, kehrten um, rasten die steile Zufahrtsstraße hinab. Die geöffnete Wagentüre klappte zurück und wie Eier aus einem Korbe kollerten Kisten, Koffer, Säcke Stück für Stück auf die Straße, sie weithin bedeckend, bis zuletzt das leere Wagengehäuse an einem Prellstein zerschellte.

Von Feste K. W. II. rückten am nächsten Tage zwei Kompagnien zum Schanzen nach der Dangolsheimer Höhe.

Das I. Bataillon hatte die Nacht in Sulzbad, das III. Bataillon in Dahlenheim in Alarmquartieren zugebracht. Was mag der neue Tag bringen? Ob der Feind seinen Vorstoß gegen das untere Breuschtal fortsetzen [S. 13] wird? Die mit dem Frühesten einlaufenden Befehle ließen vermuten, daß man sich hierauf gefaßt machen müsse. Es sollte, wie an die Befestigung der Dangolsheimer Höhe, auch an die des Scharrach- und Sulzberges herangegangen werden. Die Bahnhöfe Molsheim und Wolxheim seien zu besetzen. Auf den genannten Höhen begann ein rüstiges Schaffen. Zum ersten Male — es mußte auf deutschem Boden sein — lernte der Wehrmann die schonungslose Faust des Krieges kennen. Sie zerknickte die Halme der Felder, legte sich auf die Weingärten des Scharrach- und Sulzberges. Aechzend brachen unter den Beilhieben die Rebstöcke, das schweißerpflegte Gut vieler Jahre. Gräben entstanden an ihrer Stelle, zogen sich im Halbkreis um die Gipfel. Die abgehauenen Reben wurden über die ausgeworfene Erde geworfen, um sie dem spähenden Feinde zu verbergen. Scheinstellungen ohne solche Verkleidung, die die feindliche Artillerie auf sich ziehen sollten, legte man im gehörigen Abstande vor den Kampfgräben an.


Persons: Sames, Fritz · „Stoppelhaar“, Hauptmann
Places: Dangolsheim · Dahlenheim · Molsheim · Scharrachberg · Sulzbad · Wolxheim
Keywords: Ausrüstung · Landwehr-Infanterie-Regiment 81 · Stellungen · Taschenlampen · Täuschung · Weinreben · Zerstörung
Recommended Citation: „Fritz Sames, Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 in den Vogesen, 1914, Abschnitt 13: Ereignisse“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/47-13> (aufgerufen am 06.05.2024)