Hessian World War I Primary Sources

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↑ Percy Graf von Bernstorff, Zeitungsberichte des Regierungspräsidenten in Kassel an den Kaiser, 1917-1918

Abschnitt 4: Bericht vom 25. Januar 1917 (4)

◀ [951-952] Bei diesen Maßnahmen der Kriegsfürsorge und der Kriegswohlfahrtspflege beteiligten sich Männer und Frauen aller Stände und politischer Parteien [S. 952] eifrigst und rückhaltlos, auch die Sozialdemokraten, selbst in den südlichen Städten des Bezirks (Hanau und Umgegend), die in der Mehrzahl sich zum linken Flügel der Partei, der sogenannten Arbeitsgemeinschaft bekennen. Nur die militärische Ausbildung der Jugend hat die Sozialdemokratie bekämpft und ihr Hindernisse bereitet.

Bei diesem eifigen Zusammenarbeiten war die Bevölkerung in den ersten fünf Monaten des Krieges freilich von Emährungssorgen fast vollständig verschont und lebte in dieser Beziehung fast sorglos dahin. Nicht daß die Stadtgemeinden etwa die Hände in den Schoß gelegt hätten! Im Gegenteil, es muß rühmend anerkannt werden, daß die Leiter der größeren Städte mit Umsicht den Einkauf von Lebensmitteln im großen Stil durch geschickte Beamte und Kaufleute besorgten. Als jedoch die Absperrungspolitik unserer Feinde ein Einschreiten der öffentlichen Gewalt zur Streckung und gerechten Verteilung der unentbehrlichsten Nahrungsmittel notwendig machte, war die Bevölkerung hierauf noch nicht vorbereitet, und es hat einiger Zeit bedurft, bis sie sich des Ernstes der Lage bewußt war. Als dies der Fall war, hat sie sich willig in die ihr auferlegten Opfer gefügt.

Zu diesem günstigen Verlauf trug die glückliche Organisation der Brotgetreideversorgung bei. Nach Überwindung der ersten Schwierigkeiten, die aber im wesentlichen die ausführenden Behörden empfanden, ging die Verteilung des Mehls ungestört seinen Lauf. Die Unbequemlichkeit der Brotkarte wurde von den Konsumenten fast mit einem gewissen Humor ertragen. Im Laufe des Jahres 1915 wurde die von der Stadt Kassel schon zu Beginn des Krieges errichtete Stadteinkaufstelle in eine solche für den Bezirk ausgestaltet. Die Städte versorgten sich infolge der höheren Orts angeregten Abschlachtung von Schweinen mit Dauerwaren, und noch im Herbst wurde durch Abkommen zwischen den Städten und benachbarten Kreisen unter meiner Leitung die Versorgung der städtischen Bevölkerung mit Kartoffeln gesichert, in die allerdings später durch die Beschlüsse des Bundesrats eingegriffen wurde. ▶