Hessian World War I Primary Sources

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Illustrations

↑ Ignaz Hautumm aus Fulda über einen Sturmangriff auf englische Stellungen in Flandern, 1916

Abschnitt 1: Der Verlauf des Sturmangriffs am 19. April 1916

St. Julien¹ 21. 4. 16

Meine liebe Frieda²!

Ich habe gestern dein Osterpaketchen mit den vielen schönen Sachen erhalten, fast zu schön zum essen. Denn so etwas kannte ich rauhe Kriegerseele nur noch von fürmichsagen. Was wird mein, vom Commisbrot unempfindlich gewordener Magen dazu sagen. Ich danke dir recht herzlich dafür. Ich hatte leider das Paketchen schon geöffnet, als deine Karte ankam. Das Osterfest bin ich Gott sei Dank nicht im vordersten Graben, sondern in Staserrn³, wo sich das Fest schon besser feiern läßt. Wie ich dir schon mitteilte, haben wir in der Nacht vom 19./20. die englischen Stellungen gestürmt, und will einmal versuchen, dir so ein Unternehmen wahrheitsgetreu zu erzählen.

Die Unternehmung war vom 1. Batl. 236⁴ auszuführen, und zwar so, daß von den 4 Kompagnien je 30 Mann starke freiwillige Patruillen die Stellungen nach Artillerievorbereitung nehmen sollten, dieselben vollständig zu zerstören und danach wieder zurückkommen sollten, da die Stellung für uns weiterhin keinen Wert hatte, sondern uns nur un[be]quem war. Die Gräben lagen von uns 400 m entfernt. Wir 30 Freiwilligen unserer Kompagnie bekamen unseren Teil, der zu nehmenden Gräben vorher genau bezeichnet, und zwar mußten wir zu 2 Wellen vorgehen in 1 Minute Abstand. Am 19. abends 6 Uhr begann unsere Artillerie aus allen Kalibern ihr eisernes Lied, welches innerhalb 2 Stunden den zu nehmenden Graben samt den 5 m breiten Drahtverhau kurz und klein trommelten. Um 8.15 Uhr abends ging die erste Welle von 15 Mann darunter meine Wenigkeit, jeder bewaffnet mit Gewehr, 5 Handgranaten und kurzem Dolch (letz[t]erer erhielten wir nachträglich) sowie einer Drahtschere aus 2 Stellen aus unserem Graben vor. Die Engländer, die wohl bei der Tageshelle noch nicht an einen Angriff glaubten, scheinen uns nicht beobachtet zu haben, denn wir rannten bis an den Graben heran, ohne daß von Seite Englands ein Schuß fiel. Ich muß noch bemerken, daß die 2. Linie des englischen Grabens 50 m hinter dem ersten zu nehmenden Graben lag. Die 2. Welle, die 1 Minute später rausging um uns zu verstärken, wurde bemerkt und das Elend von Seitens Englands ging an. Wir gingen also am Graben heran, und da der Drahtverhau kurz und klein war, so ging ohne Aufenthalt hindurch, und in den zerschossenen Graben hinein. Da lag nun ein toter Engländer neben dem andern, die Unterstände kaput geschossen und die darin befindlichen Engländer teils tot, teil schwer verwundet. In einem Unterstand, der ganz geblieben war, kommen 6 Engländern heraus, 4 davon fielen gleich auf die Knie und jammerten, German gutt, Germann gut, die andern 2 wollten ausreißen, doch wir hinterher, und am Genick gefaßt, und mit dem Gewehrkolben bekehrt. Sonst im Graben alles tot.
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1. Flämisch Sint-Juliaan, heute Teil der Gemeinde Langemark-Poelkapelle in der belgischen Provinz West-Flandern. ↑
2. Bei der Adressatin könnte es sich um Fräulein Frida Neuber handeln, die als junge Lehrerin an der evangelischen Schule tätig war. Dies würde auch erklären, wie der Brief als Abschrift in dien Chronik der Schule gekommen ist. ↑
3. Unbekannt, möglicherweise verschrieben. ↑
4. 1. Bataillon des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 236. ↑