Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Neckarsteinach Karten-Symbol

Gemeinde Neckarsteinach, Landkreis Bergstraße — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1429

Location

69239 Neckarsteinach, Hirschgasse 9 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Darmstadt II

religiöse Ausrichtung

orthodox

preserved

ja

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Bis zum Reichsdeputationshauptschluss waren in Neckarsteinach die Bistümer Worms, Speyer und Mainz begütert, während die umliegenden Ämter zur Kur-Pfalz gehörten. Am 14. März 1803 wurde der Ort hessisch.

Wahrscheinlich diese besondere Situation brachte es mit sich, dass schon 1429 eine jüdische Gemeinde im Ort nachweisbar ist. Aus diesem Jahr stammen die ältesten Urkunden, die eine Erhebung der so genannten Judensteuer erwähnen.1 1676 wird erstmals der Viehhändler Moses namentlich erwähnt. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mussten 400 Juden jährlich Leibzoll an den Stadttoren entrichten. Diese hohe Zahl begründet sich dadurch, dass in Neckarsteinach einerseits durch die Schifffahrt auf dem Neckar, andererseits aber auch durch zunächst zwei, später fünf Jahrmärkte, eine rege Handelstätigkeit herrschte. Die Zahl der jüdischen Einwohner blieb dagegen mit etwa 40 Personen in der Mitte des 18. Jahrhunderts vergleichsweise konstant.

Namentlich wurden erstmals 1801 acht Schutzjuden genannt. Es waren Hirsch Jonas, Löw Salomon, Moises Abraham, Mayer Simon, Liebmann Joseph, Jonas Hirsch, Moises Hirsch und Abraham Hirsch, die sich zusammenschlossen, um eine Synagoge einzurichten. Zusätzlich lebte die Witwe Brendel in Neckarsteinach.2 Die Gemeinde war sogar wohlhabend genug, sich einen angestellten Rabbiner leisten zu können. Als die acht Partner den Vertrag zum Kauf des Wohnhauses sowie der Einrichtung und Nutzung der Synagoge schlossen, verfassten sie ihn in hebräischen Buchstaben. Daher musste er in deutsche Schrift übersetzt werden, um die amtliche Genehmigung einholen zu können. Die Übersetzung nahm Löw Hertz Riche vor, der sich selbst als angestellter Rabbiner der Gemeinde und wohnhaft in Heidelberg bezeichnete.3 Der Vertrag wurde am 11. August 1803 durch das Amt genehmigt. Er stellt gleichzeitig eine erste Synagogenordnung dar.

1809 lebten neben den acht Schutzjuden elf weitere Männer in der Stadt, teilweise Söhne der Schutzjuden, teilweise Dienstboten oder Knechte.4 Nicht zuletzt auf Drängen der christlichen Einwohner wurde der Zuzug jüdischer Familien erschwert, indem die Stadt von hessischen Juden einen Vermögensnachweis über 1.000 Gulden, von ausländischen sogar über 8.000 Gulden forderte. Trotz dieser restriktiven Zuzugsbeschränkung nahmen Vertreter der jüdischen Gemeinde am 3. Juni 1803 an der feierlichen Übergabe der als Simultaneum genutzten Kirche an die neue Obrigkeit teil. 1823 wurde die Niederlassungsbeschränkung wieder aufgehoben. Gleichwohl blieb es zunächst schwierig, die notwendige Zahl an Männern für den Gottesdienst zu stellen. So liegt ein Beschwerdeschreiben des Gemeindevorstands vor, demzufolge 1832 mehrfach durch frühzeitiges Verlassen der Synagoge durch nur eine Person die erforderliche Zahl unterschritten wurde.5

Bis 1860 hatte die Zahl der Gemeindemitglieder mit sieben Familien und 60 Personen ihren höchsten Stand erreicht. Allein fünf Familien trugen den Namen Oppenheimer.

1889 weihte die Gemeinde die neue Synagoge ein.

Wenig später sank die Zahl der Gemeindemitglieder auf 24, um bis 1925 wieder auf 35 anzusteigen.6 Lebten 1933 noch sieben Familien mit 30 Angehörigen in der Stadt, so sank diese Zahl vor allem durch Auswanderung bis 1938 auf 13 Personen. Während die Synagoge in der Pogromnacht nicht angezündet wurde, wurden einzelne Personen in „Schutzhaft“ genommen und Wohnungen überfallen.

15 Menschen wurden im Holocaust ermordet.

1942 veräußerte die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland den verbliebenen Besitz an die bürgerliche Gemeinde. Nach einem Vergleich ging er 1949 an die JRSO über.7

Betsaal / Synagoge

Es wird davon ausgegangen, dass die jüdische Gemeinde in der Mitte des 18. Jahrhunderts unweit des heutigen Stadtgartens einen Betraum mit Mikwe unterhielt. Für die Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts liegen unterschiedliche Auskünfte vor. Gesichert ist, dass Gottesdienst in einem Privathaus gefeiert wurde. Allerdings wird als Besitzer einmal Marx Salomon, ein andermal Salomon Mardochäus genannt.

1801 schlossen sich die acht in den Schutz aufgenommenen Juden zusammen, kauften das leerstehende Wohnhaus eines kurz zuvor verstorbenen Ehepaares und ließen es zur Synagoge umbauen. Kaufpreis und Umbaukosten beliefen sich auf rund 3.000 Gulden. In einem Vertrag regelten die Vertragspartner, wer welche Summe dazu beitrug. Im Gegenzug erwarben sie dafür je einen vererbbaren Sitz für sich und ihre Ehefrauen. Das noch ausstehende Geld sollte durch eine Kollekte und ein Darlehen aufgebracht werden.

Der Gottesdienst fand im Obergeschoss „gegen die ausserhalb Neckarsteinach an den Neckar ziehende und da das Haus im Thor gelegen ist, auch gegen die nacher Hirschhorn führenden Straße der bürgerlichen Wachstube gegenüber“8 statt. Über dem Betraum erstreckte sich die Frauenempore mit zwölf Plätzen. Im Erdgeschoss befand sich die Wohnung des Lehrers, in der auch Religionsunterricht erteilt wurde. Die Gemeinde war sogar wohlhabend genug, sich einen angestellten Rabbiner leisten zu können. Dies war Anfang des 19. Jahrhunderts der in Heidelberg wohnende Löw Hertz Riche. Zu Ehren der Herrschaft und als Dank für die Baugenehmigung sagte die Gemeinde zu, das fürstliche Wappen anzubringen. Am 28. Juli 1803 forderte sie der Amtmann auf, stattdessen den hessischen Löwen anzubringen.

Ab Mitte der 1830er Jahre wurde der leerstehende Keller unter dem Haus vermietet. Zeitweise hatte ihn der ehemalige Wirt des „Hirschen“ inne, um dort Kartoffeln einzulagern, 1871 pachtete ihn ein örtlicher Handwerker.9

Das Haus kann aber in keinem sehr guten Zustand gewesen sein, denn immer wieder mussten Reparaturen durchgeführt werden. Sie sind heute nur noch im Einzelfall nachweisbar.

Auch der Einbau der Mikwe hat das seine dazu beitragen, den baulichen Zustand zu verschlechtern. Bereits 1845 war sie undicht geworden und später hatte jemand vergessen, den Hahn zu schließen, sodass der Hausgang unter Wasser stand.

Dem half auch eine Generalsanierung 1860/61 nicht dauerhaft ab.

Dieser Zustand sollte sich erst mit den Bau der neuen Synagoge ändern.

Anfang des Jahres 1885 waren abermals Reparaturen fällig, das Dach war undicht. Nachdem man dieses abgenommen hatte, musste man feststellen, dass auch das Auflager und Teile der Wände marode waren. Deswegen wurde aus Gründen der Verkehrssicherheit angeordnet, alle baufälligen Bauteile abzubrechen. Danach blieb nicht mehr viel stehen. Daher sah sich die Gemeinde in der misslichen Lage, ohne nennenswerte eigene finanzielle Mittel einen Neubau errichten zu müssen. Ein zunächst zur Deckung der Abbruchkosten beantragtes Darlehen wurde gewährt.10 Am 2. Februar 1887 ging der Bauantrag für die neue Synagoge ein. Ursprünglich war geplant, sie auf den Grundmauern der alten zu errichten. Als Baumaterial war Sandstein vorgesehen und das Gebäude sollte außer dem eigentlichen Betraum auch eine Lehrerwohnung und eine Mikwe enthalten. Den Bauplan hatte der Großherzogliche Straßenmeister Konrad Sack aus Hirschhorn vorgelegt und die Baukosten auf 9.500 Reichsmark beziffert. Gegen diesen Plan erhob allerdings die bürgerliche Gemeinde Einspruch. Hintergrund war, dass die Straße nach Hirschhorn erneuert und verbreitert werden sollte. Freiwillig erklärte sich die jüdische Gemeinde bereit, die untere Ecke der Straßenfassade um einen halben Meter zurück zu versetzen und einen Prellstein aufzustellen. Mehr, so die jüdische Gemeinde könne nicht zurückgewichen werden, weil im Inneren die Mikwe und ein Zimmer der Lehrerwohnung eingerichtet werden sollte, in dem zudem Unterricht für die Kinder stattfand. Weitere Zugeständnisse würden den Raum so verkleinern, dass er praktisch nicht mehr nutzbar sei. Über diesem Abstand kam es zwischen Vertretern der politischen und der jüdischen Gemeinde zu einem Ortstermin, in dessen Verlauf die politische Gemeinde ein „Geschenk“ in Höhe von 1.000 Reichsmark zusagte. Diese Summe entsprach recht genau den Änderungskosten des Bauplanes und dem Wert des Geländes, das der Straße zugeschlagen werden sollte. Die jüdische Gemeinde willigte im Gegenzug ein, 85 Zentimeter zurück zu weichen. Dies erschien einigen Gemeinderatsmitgliedern allerdings nicht ausreichend. Sie beantragten einen Abstand von 1,50 Metern, weil andernfalls das Floßholz nicht an das Neckarufer transportiert werden könne.11 Ein weiterer Grund, so der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, war, dass das Schild des benachbarten Gasthauses bei größerem Abstand für die Durchreisenden früher erkannt werden konnte. Nur um das zu erreichen, habe der Wirt die Eingabe unterzeichnet. Schließlich einigte man sich auf einen Abstand von rund 90 Zentimetern. Dafür war nun vorgesehen, über der Straße einen Balkon anzubringen. Auch dieser Kompromiss wurde durch weitere Einwände verhindert. So kam es am 9. März 1888 abermals zu einer Schlichtungsverhandlung, in deren Verlauf die jüdische Gemeinde sogar anbot, den Bauplatz zu verkaufen, wenn ihnen eine geeignete Alternative angeboten würde. Weil es aber angeblich keinen anderen geeigneten Platz gab, wurde dieses Angebot kurze Zeit später wieder zurückgenommen.

Der neue Bauantrag wurde in veränderter Form schließlich am 16. März 1888 eingereicht. Bis August des gleichen Jahres war die Baustelle eingerichtet und ein Teil des Baumaterials lagerte auf dem Platz, darunter auch die Steinplatte mit den zehn Geboten. Diese Tafel wurde eines Nachts mit Wagenschmiere beschmiert. Als „Täter“ vermutete man ein vorbeifahrendes Fahrzeug, das mit der Achse die Steine gestreift hatte. Bis 10. November 1888 war der wesentliche Teil des Rohbaus abgeschlossen. Für den Innenausbau sollte abermals eine Sammlung durchgeführt werden.

Die offizielle Einweihung fand schließlich am 23. August 1889 in Anwesenheit des Heidelberger Rabbiner Dr. Hillel Sondheimer statt. Dieser vertrat den eigentlich zuständigen, aber erkrankten hessischen Landesrabbiner Julius Landsberger.

Die Synagoge ist ein zweigeschossiges Gebäude aus rotem Sandstein, zentral tritt ein übergiebelter Mittelrisalit vor. Im stumpfen Giebel werden sich die Tafeln mit den zehn Geboten befunden haben. Im Inneren barg sie eine Mikwe, im Erdgeschoss die Lehrerwohnung samt Religionsschule und im Obergeschoss den Betraum samt Empore.

Von den 9.500 Mark Baukosten übernahm die politische Gemeinde schließlich doch die zugesagten 1.000 Mark.

Zu Beginn der 1930er Jahre verfügte die Synagoge über 25 Sitzplätze mit Pulten für Männer und 15 Sitzplätze für Frauen. Entsprechend hatte die Garderobeneinrichtung 40 Einheiten. Darüber hinaus gab es einen Thoraschrein mit Altaraufbau, ein Vorlesepult mit Schränkchen und Wickelbank, zwei achtflammige Kronleuchter aus Bronze, vier Seitenleuchter, zwei Kandelaber ebenfalls aus Bronze und einen für Kultgegenstände.12

Seit Anfang der 1930er Jahre wohnte eine christliche Familie in der Lehrerwohnung. In der Pogromnacht wurde ihr von Nazis aus Neckarsteinach und Ziegelhausen der Schlüssel zum Betsaal entrissen und das Mobiliar zerstört und aus dem Fenster geworfen. Angeblich, so Zeitzeugen später, habe der Mob zwei Säcke mit Metallgegenständen gestohlen.13 Weil das Gebäude selbst aufgrund der engen Bebauung nicht angezündet werden konnte, brachte man die Einrichtung an das Neckarufer und verbrannte es dort.

Im Zweiten Weltkrieg diente die ehemalige Synagoge zeitweise als Kriegsgefangenenlager, in den 1950er Jahren wurde sie verkauft und vollständig zu Wohnraum umgebaut.

Neben dem Eingang befindet sich heute eine Sandsteintafel mit dem Text „Ehem. Synagoge um 1800“.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Die älteste bekannte Mikwe befand sich unter einem Garten neben dem Haus von Hirsch Jonas unweit des Neckars, der sie um 1780 hatte graben lassen. Sie lag ungefähr 30 Fuß, das entspricht rund 10 Metern14, unter der Erdoberfläche. 36 steinerne Stufen führten hinab zu einem etwa 1,20 Meter breiten und etwa 2,40 Meter hohen Gang, der auf halber Strecke rechtwinklig abknickte. An seinem Ende lag das eigentliche, ebenfalls 1,20 Meter breite und 2,50 bis 3,00 Meter lange Becken, das mit Steinplatten ausgemauert war. Das Wasser stammte aus einer unter einer Bodenplatte des Beckens hervortretenden Quelle. Der Wasserstand variierte in Abhängigkeit vom Wasserstand des Neckars. Durch den abknickenden Gang lag das Bad ständig im Dunkeln und konnte nur durch Kerzen oder Leuchten erhellt werden. Unweit des Beckens befand sich in der Wand eine Nische, in der in kalten Jahreszeiten Feuer gemacht und bei Bedarf ein Kessel mit Wasser erhitzt werden konnte, mit dem wiederum das Wasser der Mikwe angewärmt wurde. Einen Schornstein oder Rauchabzug gab es allerdings nicht. Von den Wänden tropfte das Wasser und die Treppe war ständig nass und feucht.15

Anfang des 19. Jahrhunderts änderten sich die hygienischen Vorstellungen und damit auch Vorschriften. So wurde den Kreisärzten am 17. Januar 1824 aufgetragen, alle Mikwen in ihrem Bezirk aufzusuchen, zu beschreiben und diesen Bericht zur Abstellung möglicher Missstände an die Landräte zu senden. Konsequenterweise folgte am 24. Juli 1825 eine Verordnung, wie Mikwen einzurichten wären.

Die oben angeführte Beschreibung des Bades in Neckarsteinach entstammt dem entsprechenden Bericht des Kreisphysikus Dr. Becker und er kam zu dem Schluss, dass sie als nicht vorschriftsmäßig und zudem gesundheitsschädlich sofort zu schließen sei. Gleiches galt im Übrigen für eine ähnlich eingerichtete Mikwe im benachbarten Hirschhorn. Der Vorsteher der Gemeinde, Joseph Liebmann Goldstücker, hatte das Nutzungsverbot auch in der Gemeinde bekannt gemacht, allerdings sah er keine Möglichkeit, es auch durchzusetzen, zumal das Bad nur von drei Frauen genutzt wurde. Zudem habe die Gemeinde nicht die Mittel, die vorhandene Mikwe zu verbessern oder gar eine neue zu bauen.

Gleichwohl wurde dem Besitzer des Gartens, seit Anfang des 19. Jahrhunderts Moses Hirsch Oppenheimer und nach ihm sein Sohn Simon Oppenheimer, bei zehn Reichstalern Strafe verboten, weiterhin Zutritt zur Mikwe zu gewähren. Von der Anordnung, das Becken zuzuschütten, wurde wohl abgesehen, denn am 22. November 1831 bescheinigte Dr. Becker nach einer abermaligen Begehung, dass das Frauenbad „des Simon Oppenheimer dahier …, nun so gut eingerichtet ist, daß es ohne Nachtheil für die Gesundheit gebraucht werden kann.“16

Offensichtlich hatte man einige Verbesserungen durchgeführt. 1838 war ein Kessel vorhanden, mit dem das Quellwasser etwas erwärmt werden konnte und es war ein Kamin eingebaut worden. Unmittelbar über dem eigentlichen Bade-Keller befand sich ein weiterer kleiner Keller, ein Umkleideraum. Spinnenweben an Kessel und Kamin hatten gezeigt, dass beides nicht genutzt wurde. Darüber hinaus verfügte das Becken über keinen regulären Abfluss. Deswegen kam der neue Kreisphysikus Dr. Müller aus Hirschhorn im März 1839 zu dem Schluss, die verordnungswidrige Einrichtung schließen zu müssen. Ein Argument war auch, dass es sich formal um eine Privatmikwe handele, deren früherer Besitzer Moses Oppenheimer sie der jüdischen Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung stellte. Bereits 1829 hatte Oppenheimer seinen Erben Löb und Simon Oppenheimer verfügt, die Mikwe auf ihre Kosten in Stand zu halten und weiterhin unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Diese gaben an, seinerzeit auch Verbesserungen durchgeführt zu haben, die schließlich zu einer weiteren Duldung führten. Als Ende der 1830er Jahre abermals die verfügte Schließung anstand, drohten sie damit, der Gemeinde die Nutzung vollständig zu entziehen, wonach diese ohne diese eigentlich notwendige Einrichtung verbliebe. Einer Verfüllung widersprachen sie auf das Heftigste, weil es sich um eine Privateinrichtung handele und sie das Wasser auch zum Bewässern des Gartens und der Beete benutzten.17 Auch die Gemeinde wehrte sich gegen die Schließung, weil sie zu arm sei, einen Neubau durchzuführen. Gleichwohl wurde das Bad unter Androhung einer Strafe in Höhe von 15 Gulden durch die Behörden geschlossen. In der folgenden Zeit benutzten einige wenige Frauen aus Neckarsteinach das Bad im Haus des Salomon Sandel in Hirschhorn.

Daraufhin fasste die Gemeinde den Beschluss, der Lehrerwohnung in der Synagoge einen Raum zu entziehen und darin eine Gemeindemikwe einzurichten. Allerdings verzögerte sich die Realisierung zunächst, weil erst die finanziellen Mittel gesammelt werden mussten. Dann war die Frage zu klären, woher das Wasser kam und schließlich wurde dem Vorsteher der Gemeinde, Simon Oppenheimer vorgeworfen, das Vorhaben nicht mit der nötigen Energie voranzubringen, weil sich die alte Mikwe in seinem Garten befand und er kein echtes Interesse an einer neuen habe.

Grundsätzlich bestand Einigkeit, dass das Wasser aus dem wenig oberhalb gelegenen Rathausbrunnen genommen werde sollte. Das erwies aber zunächst als nicht praktikabel, weil das gesamte Wasser des Überlaufs bereits vergeben war. Erst als sich einer der Nutzer bereit erklärte, in seine Leitung einen Kran und Ablauf für die Synagoge machen zu lassen, machten die Planungen Fortschritte. Der Kreisbaumeister Köhler legte Pläne vor, das vordere Zimmer der Lehrerwohnung in eine Mikwe umzubauen. Die Bauausführung oblag dem Bauaufseher Keller. Bis Dezember 1843 war das Bad fertig. Die Wände waren vollständig mit Holz verkleidet, hinein führte eine hölzerne Treppe und es gab eine Möglichkeit, das Wasser zu erwärmen. Alles in allem hatte Dr. Müller sie bei einer Revision als schön und sehr zweckmäßig bezeichnet. Allerdings sei sie wesentlich größer, als die durch die religiösen Gesetze geforderten 40 se'a, etwa 800 Liter. Dazu wollte er den zuständigen Rabbiner befragen. Tatsächlich schlug dieser eine Verkleinerung vor, die aber zunächst nicht durchgeführt wurde. Bis Dezember 1845 hatte sich das auch erledigt, denn in diesem Monat „trat der größte Nothfall ein, weil die Badewanne durchaus kein Wasser mehr hielt und zu allen Fugen sein Fortgang nahm, so daß keine Frau das Bad mehr bedienen kann.“18 Der Vorsteher Simon Oppenheimer hätte nun eigentlich den Bauaufseher um einen Kostenüberschlag für die notwendigen Reparaturen ersuchen müssen. Er hatte diese Anfrage aber an Schiffbauarbeiter Johannes Ebert übertragen, da dieser auch die Mikwe in Heppenheim hatte abdichten können, die ein ähnliches Problem hatte.

1895 wohnte das Lehrerehepaar samt fünf Kindern in dieser Wohnung. Um wenigstens etwas Ausweichfläche zu haben, benutzte die Familie das Umkleidezimmer vor der Mikwe als Küche und die Mikwe selbst als Abstellraum, der aber für jede Nutzung leer zu räumen war.19

Wie aufwändig es war, dieses Bad benutzen, zeigt eine kurze Notiz. Zunächst hatte die oder der Badewillige den entsprechenden Tag mit dem Lehrerehepaar abzusprechen, damit dieses ihre Sachen aus dem Raum holen konnten. Eigentlich sollte zu diesem Zeitpunkt bereits die Schlüsselübergabe stattfinden, was aber in der Regel erst nach der Räumung des Zimmers geschah. Das zum Erwärmen des Wassers notwendige Brennholz musste mitgebracht und rechtzeitig vorher Feuer gemacht werden. Gleichzeitig war der Brunnenmeister zu informieren, damit dieser das Wasser in die entsprechende Leitung leitete.20 Anschließend war der Raum zu reinigen und der Schlüssel wieder abzugeben.

Schule

Ein Schulbesuch der jüdischen Kinder im 18. Jahrhundert ist nur schwer nachweisbar. Erst mit Einrichtung der Synagoge 1801, als in dem gleichen Gebäude auch eine Lehrerwohnung geschaffen wurde, ist bekannt, dass in diesem Haus der Religionsunterricht stattfand. Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besuchten die Kinder für die anderen Schulfächer die christliche Volksschule.

Mit dem Einbau der Mikwe wurde die Lehrerwohnung erheblich verkleinert. Sie bestand im Wesentlichen aus einem großen Raum, der Wohnstube, die durch eine halbhohe Bretterwand in zwei Hälften geteilt war. Hier fand auch der Unterricht der Kinder statt, hier trafen sich die Männer vor und nach den Gottesdiensten und hier trat die Gemeinde zu ihren Treffen zusammen.

Dieser Zustand besserte sich erst etwas nach dem Bau der neuen Synagoge. Während der Bauzeit fand der Religionsunterricht nach Ende des Nachmittagsunterrichtes der christlichen Kinder im unteren Schulraum des Rathauses statt.21

Nach Abschluss der Bauarbeiten wohnte der Lehrer Rabinsky zunächst noch in der Synagoge. Durch die Planänderungen war die Lehrerwohnung auf die Dauer aber zu klein geworden, so dass man 1895/96 an anderer Stelle eine Wohnung anmietete.

Cemetery

Die Gemeinde bestattete ihre Verstorbenen auf dem um 1700 eingeweihten Friedhof in Hirschhorn. Von den dort erhaltenen 227 Grabsteinen sind viele verwittert und zudem viele Inschriften nicht mehr lesbar. Trotzdem können 58 Grabstätten sicher Verstorbenen aus Neckarsteinach zugeordnet werden. Der älteste dürfte der von Abraham, Sohn des Jonah sein, der am 19. Februar 1734 verstarb. Die jüngste Bestattung ist die des Joseph Ledermann, des letzten Vorstehers der Gemeinde, der am 24. Juli 1935 verstarb. Darüber hinaus ist aus den Grabinschriften etwas über Rabbiner, beziehungsweise Vorsteher der Gemeinde zu erfahren. Einer von ihnen war Rabbiner Meyer, der zu einem unbekannten Zeitpunkt verstarb. Da aber zwei seiner Söhne 1818 bzw. 1829 verstarben, wird er überwiegend im 18. Jahrhundert gelebt haben. Auch Rabbiner Lipmann war im 18. Jahrhundert Gemeindevorsteher. Er verstarb am 12. Dezember 1794. Sein Grabstein trägt die Darstellung zweier Spitzen, darunter einer Scheibe. Der Rabbiner Mosche, Sohn des Rabbiners Zwi starb am 9. Februar 1829.

Der Rabbiner Josel war mit Pes verheiratet, die zu einem unbekannten Zeitpunkt verstarb.

Hirschhorn, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Hirschhorn, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustration available

(in Bearbeitung)

Fußnoten
  1. Hinz: Neckarsteinach, S. 52
  2. HSTAD E 14 B, 103/4
  3. HSTAD E 14 B, 103/4
  4. HStAD E 5 D, 3
  5. HStAD G 15 Heppenheim, L 177
  6. Hinz: Neckarsteinach, S. 56
  7. HHStAW 518, 1454
  8. HStAD E 5 D, 3
  9. HStAD G 15 Heppenheim, L 177
  10. HStAD G 15 Heppenheim, L 178
  11. HStAD G 15 Heppenheim, L 178
  12. HHStAW 518, 1454
  13. HStAD G 15 Heppenheim, J 987
  14. Kunz: Wörterbuch, S. 427
  15. HStAD G 15 Heppenheim, L 72
  16. HStAD G 15 Heppenheim, L 72
  17. HStAD G 15 Heppenheim, L 68
  18. HStAD G 15 Heppenheim, L 68
  19. HStAD G 15 Heppenheim, L 71
  20. HStAD G 15 Heppenheim, L 68
  21. HStAD G 15 Heppenheim, L 92
Recommended Citation
„Neckarsteinach (Landkreis Bergstraße)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/49> (Stand: 12.1.2024)