Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Kirch-Brombach Karten-Symbol

Gemeinde Brombachtal, Odenwaldkreis — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1713

Location

64753 Brombachtal, Ortsteil Kirchbrombach, Birkerter Weg 6 | → Lage anzeigen

religiöse Ausrichtung

orthodox

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1969

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Im Breuberger Land siedelten sich erst nach dem Dreißigjährigen Krieg Juden an. In Kirch-Brombach wurde zuerst Herz aus Umstadt genannt, der sich 1713 im Ort niederließ. Ihm folgten Aaron, Kobel und Lösser. 1756 finden sich noch die beiden Namen Lösser und Isaak.

1828 lebten im Ort 68 Juden, 1844 werden 13 Juden als Hausbesitzer im Brandkataster geführt. 1857 waren 81 Juden gemeldet. Mit 8,7 Prozent der Gesamtbevölkerung war damit sowohl absolut als auch relativ die höchste Zahl erreicht. Bis 1925 sank sie auf 11 Personen, um 1930/35 lebten nur noch zwei ältere jüdische Einwohner in Kirch-Brombach.

Aus dem Jahr 1823 ist erstmals ein Gesamtverzeichnis jüdischer Familien in Kirch-Brombach erhalten. Es führt die Namen Speier, Ullmann, Stübel, Simson, Marx, Strauß, Katz, Seligmann und Wolf.1 Im 19. Jahrhundert bestanden als gemeindliche Einrichtungen eine Synagoge, eine Mikwe und ein Gemeindehaus mit Schule.

Die überwiegende Mehrzahl der jüdischen Bewohner erwirtschaftete ihr Einkommen als Händler oder Kaufleute. Dabei galten um 1850 fünf Familien als wohlhabend, die übrigen als durchschnittlich begütert oder sogar arm. Sofern sie Geschäfte oder Niederlassungen hatten, lagen diese überwiegend in der Hauptstraße und prägten im 19. Jahrhundert das Bild des Ortes.2

Die Gemeinde wurde 1927 aufgelöst3, seit 1939 lebte kein Jude mehr im Ort.

Betsaal / Synagoge

Mitte des 19. Jahrhunderts bestand eine Synagoge, über deren Baujahr bislang nichts bekannt geworden ist.4 Möglicherweise erwarb 1787 der damalige Zentschultheiß ein baufälliges Haus und stellte es der Gemeinde als Synagoge oder Betraum zur Verfügung. Bis 1823 hatte die Gemeinde einen Platz am Rande des Dorfes erworben und beantragte bei dem Fürsten von Wertheim die Anweisung einiger Eichenstämme zum Bau einer Synagoge. Diese ist erstmals im Brandkataster von 1829 nachweisbar und lag am damaligen Ende des Birketer Weges.5 Sie wurde bis Anfang 1928 genutzt und nach Rückgang der Zahl der Gemeindemitglieder am 23. April diesen Jahres für 1.200 Mark an die politische Gemeinde verkauft.

An ihrer Ostwand befand sich der Thoraschrein, zentral stand das Almemor mit einem Wickelpult. Mit Ausnahme eines siebenarmigen Leuchters, zweier Kerzen und des Ewigen Lichts gab es keine weiteren kultische Gegenstände oder Bilder.6

Das Gebäude wurde anschließend in ein Feuerwehrhaus umgebaut und nach Errichtung des neuen Feuerwehrhauses im Jahr 1969 abgebrochen.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Eine Mikwe lässt sich erst mit der Einführung des Brandkatasters 1829 sicher nachweisen. Sie lag zunächst neben dem Gemeindehaus ebenfalls am Birketer Weg, kam in den folgenden Jahren aber trotz einiger durchgeführter Sanierungsmaßnahmen in Verfall. 1871 erfolgte ein Neubau hinter dem Brunnen in der Höhenstraße 16. Die Mikwe war ein massives eingeschossiges Bruchsteingebäude mit Zeltdach. Hinter dem kleinen Eingangsbereich befand sich ein Raum zum Umkleiden und Abtrocknen. Das seitlich gelegene Becken war über sieben Treppenstufen zu erreichen. Seine Oberkante lag etwa auf gleicher Höhe wie das umliegende Gelände. Wie lange diese Einrichtung genutzt wurde, ist ungeklärt.

Die aufstehenden Gebäude gingen 1923 in den Besitz von Isaak Ullmann über, der sie einschließlich seines Wohnhauses 1939 unter dem Druck nationalsozialistischer Repressalien an Adam Rebscher verkaufte. In den 1970er Jahren wurde die Mikwe abgebrochen.

Gemeindehaus

Ebenfalls erst mit Einrichtung des Brandkatasters 1829 lässt sich in Kirch-Brombach auch ein Gemeindehaus nachweisen. Es lag zwischen der Synagoge und dem westlich davon befindlichen Friedhof. Möglicherweise wurde es gemeinsam mit der Synagoge kurz zuvor errichtet. Es barg neben dem Schulraum eine Wohnung, die zeitweise verpachtet war. Allerdings behielt sich die jüdische Gemeinde das Recht vor, darin Matzen zu backen. Zu diesem Zweck hatte der Pächter die Wohnstube auszuräumen und den Ofen anzuheizen.7

Das Gemeindehaus war bis 1929 im Besitz der jüdischen Gemeinde, die es am 6. August diesen Jahres für 600 Mark an die politische Gemeinde verkaufte. In den 1970er Jahren wurde das Gebäude an eine christliche Familie weiterverkauft.

Cemetery

Die Verstorbenen der Gemeinde wurden auf dem Friedhof in Michelstadt bestattet.

Michelstadt, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Michelstadt, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Bibliography

Indices

Persons

Herz · Aaron · Kobel · Lösser · Isaak · Speier, Familie · Ullmann, Familie · Stübel, Familie · Simson, Familie · Marx, Familie · Strauß, Familie · Katz, Familie · Seligmann, Familie · Wolf, Familie · Wertheim, Fürsten von · Ullmann, Isaak · Rebscher, Adam

Places

Umstadt · Michelstadt

Sachbegriffe Geschichte

Dreißigjähriger Krieg

Sachbegriffe Ausstattung

Thoraschreine · Almemore · Wickelpulte · Leuchter · Kerzen · Ewige Lampen

Sachbegriffe Architektur

Bruchsteinbauten · Zeltdächer

Fußnoten
  1. Hawelky, 1986, S. 9
  2. Winter, 1985, S. 151
  3. Alicke, 2008, Sp. 2783
  4. Hawelky, 1986, S. 24
  5. Hawelky, 1986, S. 24
  6. Hawelky, 1986, S. 25
  7. Hawelky, 1986, S. 26
Recommended Citation
„Kirch-Brombach (Odenwaldkreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/100> (Stand: 26.4.2022)