Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Katzenfurt

Gemeinde Ehringshausen, Lahn-Dill-Kreis — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

um 1770

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1970

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Katzenfurt wurde 1233 erstmals urkundlich erwähnt und zählte bis 1806 zu unterschiedlichen Linien des Hauses Solms. Danach vorübergehend im Besitz der Herzöge von Nassau, kam es 1816 an Preußen und liegt heute als Ortsteil von Ehringshausen im Lahn-Dill-Kreis.

Um 1770 ist die dauerhafte Anwesenheit von Juden in Katzenfurt belegt.1 Die Zahl der jüdischen Einwohner lag 1817 bei 31, 1895 bei 33 und 1910 bei 37 Personen.

1835 lebten in Katzenfurt Joseph Feist mit seiner Frau Ester und seinem Sohn Feist, Hirsch Jessel mit seiner Frau Sara seiner Tochter Täubchen, Maier Levi mit seiner Frau und sechs Kindern, Haimann Süßmann mit seiner Frau Eva und sieben Kindern. Sie erwirtschafteten ihr Einkommen überwiegend als Fleischer und teilweise als Krämer. Bessel Süssmann mit ihren drei Kindern, die Witwe von Jacob Seelig mit zwei Kindern und Sara Seelig mit drei Kindern galten als arm. Aaron Zadeck lebte mit seiner Frau und seinem Sohn als Händler. Der Lehrer Heller Levi stammte aus Böhmen und soll schon seit etwa 1817 ansässig gewesen sein.2

Seit 1845 sind die festen Familiennamen Aaron, Hirsch, Hohlberg, Levi, Abraham und Sternberg im Ort vertreten.3

Die jüdische Gemeinde wurde vor 1938 aufgelöst. Ihre Mitglieder zählten danach zur Gemeinde Wetzlar.4

Schon in den 1930er Jahren gelang vielen Katzenfurter Juden die Auswanderung, einige verzogen auch in größere Städte. Drei Menschen wurden 1942 deportiert und ermordet.

Betsaal / Synagoge

1842 muss es in Katzenfurt bereits eine Synagoge oder einen Betraum gegeben haben, denn in Zusammenhang mit dem Schulunterricht wurde der Vorsänger Michael Gans genannt. Diese Einrichtung wurde 1848 auch von den in Edingen lebenden Juden besucht. Es handelte sich einen zweistöckigen Fachwerkbau, dessen Obergeschoss als Betraum diente. Dieser verfügte 1853 über Platz für ca. 30 Männer und 15 Frauen und galt als „ziemlich gut eingerichtet“.5 Das Untergeschoss war an eine christliche Familie vermietet.6 Ab etwa 1936 konnte das Gebäude wegen Baufälligkeit nicht weiter benutzt werden. Im Betsaal befanden sich einige Bänke ein kleiner Ofen und zwei kleine Schränkchen. Ein großer Teil der Kultgegenstände wurde nach Auflösung der Gemeinde in die Synagoge nach Wetzlar ausgelagert. Darunter befanden sich fünf Thorarollen, fünf Paar Thoraaufsätze mit silbernen Schellen, fünf silberne Thoraschilder, fünf silberne Lesefinger, 20 Thoramäntel, 30 Wimpel, vier Thoraschreinvorhänge, vier Decken für das Vorleser- und das Vorbeterpult, eine Ewige Lampe, ein siebenarmiger Leuchter, ein Channukahleuchter, 30 Seelenlichter, zwei silberne Weinbecher, eine silberne Hawdallahgarnitur, ein Trauhimmel, ein Megillah, zwei Schofarhörner, zwölf Gebetsmäntel, fünf Paar Gebetriemen, 20 Gebetbücher, 20 Sätze Festgebetbücher, 20 Bände Pentateuch, ein Satz Aufrufplatten und eine Ethrogbüchse.7

In der Pogromnacht wurde das Gebäude trotzdem überfallen und einige verbliebene Gegenstände, vor allem private Gebetbücher, entwendet und in die Dill geworfen.8 Von einer Brandschatzung wurde aufgrund der dichten Nachbarbebauung abgesehen.

Das Haus wurde 1970 abgerissen.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

1853 hieß es in einem kurzen Bericht über die Gemeinde, dass diese über kein gemeindeeigenes Badehaus verfügte.9

Schule

1842 war der Vorsänger Michael Gans gleichzeitig Lehrer der jüdischen Kinder. Er wird aber ausschließlich den Religionsunterricht gehalten haben, denn darüber hinaus besuchten alle Kinder die Katzenfurter Volksschule.

Cemetery

Der jüdische Friedhof liegt etwa 300 Meter nördlich des kommunalen Friedhofs am Ende der Kirchstraße. 17 Grabsteine und Fragmente haben sich erhalten, der älteste stammt von 1892, der jüngste von 1934.10 Das Areal diente als Friedhof für die in Edingen, Greifenstein, Daubhausen und Katzenfurt Verstorbenen.

Auch der Friedhof wurde im Dritten Reich geschändet und teilweise in Ackerland umgewandelt.

Katzenfurt, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Indices

Persons

Nassau, Herzöge von · Joseph Feist · Ester · Feist · Hirsch Jessel · Sara · Täubchen · Maier Levi · Haimann Süßmann · Eva · Bessel Süssmann · Jacob Seelig, Witwe · Sara Seelig · Aaron Zadeck · Heller Levi · Aaron, Familie · Hirsch, Familie · Hohlberg, Familie · Levi, Familie · Abraham, Familie · Sternberg, Familie · Gans, Michael

Places

Ehringshausen · Böhmen · Wetzlar · Edingen · Greifenstein · Daubhausen

Sachbegriffe Geschichte

Preußen · Pogromnacht

Sachbegriffe Ausstattung

Öfen · Thorarollen · Thoraaufsätze · Schellen · Thoraschilde · Lesefinger · Thoramäntel · Wimpel · Thoravorhänge · Decken · Vorlesepulte · Vorbeterpulte · Ewige Lampen · Leuchter · Chanukkaleuchter · Seelenlichter · Weinbecher · Hawdalah-Garnituren · Trauhimmel · Megillot · Schofarot · Gebetmäntel · Gebetriemen · Gebetbücher · Festgebetbücher · Pentateuch · Aufrufplatten · Etrogbüchsen

Sachbegriffe Architektur

Fachwerkbauten

Fußnoten
  1. Keiner: Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Katzenfurt, S. 46
  2. HHStAW 423, 85
  3. www.a-h-b.de/AHB/Listen/Asslar.htm
  4. HHStAW 503, 7367
  5. HHStAW 423, 583
  6. Keiner: Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Katzenfurt, S. 55
  7. HHStAW 518, 1168
  8. Keiner: Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Katzenfurt, S. 55
  9. HHStAW 423, 583
  10. Vgl. Katzenfurt, Jüdischer Friedhof in LAGIS (s. Link)
Recommended Citation
„Katzenfurt (Lahn-Dill-Kreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/152> (Stand: 11.7.2023)