Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Assenheim Karten-Symbol

Gemeinde Niddatal, Wetteraukreis — Von Susanne Gerschlauer
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

Ende 13. Jahrhundert

Location

61194 Niddatal, Ortsteil Assenheim, Brunnengasse 4 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Oberhessen

religiöse Ausrichtung

orthodox

preserved

ja

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Die Ortsherrschaft über Assenheim lag seit Ende des 12. Jahrhunderts bei den Münzenberger Grafen, gegen Ende des 13. Jahrhunderts bei deren Nachfolgern, den Grafen von Falkenstein und den Herren von Hanau. Spätestens seit 1433 besaßen die Grafen von Solms-Rödelheim, Isenburg-Wächtersbach und die Herren von Hanau, deren Anteil 1736 an Hessen-Kassel fiel, die Rechte an der Gemeinde. 1815 trat das Großherzogtum Hessen die Rechtsnachfolge an. Assenheim besitzt seit 1275 Stadtrechte (Minderstadt).

Schon gegen Ende des 13. Jahrhunderts waren Juden in Assenheim ansässig.1 Trotz ihrer Vertreibung durch die Pogrome des 14. Jahrhunderts können bereits im 15. Jahrhundert wieder Juden in Assenheim nachgewiesen werden.2 Ende des 17. Jahrhunderts waren Juden in Bruchenbrücken wohnhaft.3

Vermutlich konnte um die Mitte des 17. Jahrhunderts, als 20 Juden in Assenheim lebten, eine eigene Synagogengemeinde gegründet werden.4 Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hob Volrath Graf zu Solms-Rödelheim den Schutzgeldzwang für Juden in Assenheim auf5 und erhöhte somit die Attraktvität der Ansiedlung in der Stadt. Im 19. Jahrhundert gehörten zur Synagogengemeinde Assenheim die Juden der Stadt (20 Personen), die Juden von Bruchenbrücken (15), die nach 1830 dazukamen, sowie die Bönstädter Juden (9), die seit der Auflösung ihrer eigenen Gemeinde und Schließung der Synagoge im Jahr 1918 Mitglieder wurden.6 Mitte der 1930er Jahre lebten etwa 1.200 Einwohner in Assenheim; der Anteil der jüdischen Assenheimer an der Gesamtbevölkerung entsprach zu dieser Zeit mit 24 Personen etwa 2 Prozent.7 Die Mehrheit der Assenheimer Juden lebte als Kaufleute und Viehhändler.

Im April 1938 wurde die Synagogengemeinde, bestehend aus sechs Familien, offiziell aufgelöst. 1942 wurden zwei Juden aus Assenheim und zwei aus Bruchenbrücken verschleppt und in Konzentrationslagern ermordet.8

Betsaal / Synagoge

Die erste schriftliche Erwähnung einer Synagoge stammt aus der Zeit um 1704.9

Belegt ist die Nutzung eines Betraumes in einem dafür offenbar vorgesehen gewesenen Anbau an das Wohnhaus des Kaufmanns Rülz in der Hauptstraße 6.10 Das Haus steht am nördlichen Rand des alten Ortskerns giebelständig zur Straße, der Anbau mit dem Betraum lag nach hinten, zur Nidda hin. Beide waren mit je unterschiedlich hohen Satteldächern gedeckt, wobei der First des Anbaus etwa einen Meter niedriger war als der des Haupthauses. Die Bauzeit dieses, bis heute mehrfach überformten, verputzten Fachwerkhauses könnte im frühen 18. Jahrhundert liegen, doch seit wann dieser Synagogenraum genutzt wurde ist, bisher nicht bekannt.

Die nachfolgende Synagoge ließ die jüdische Gemeinde 1862 in der Brunnengasse 4 bauen und konnte sie schon Ende desselben Jahres einweihen. Das Gebäude liegt im alten Ortszentrum, nur etwa 40 Meter vom ehemaligen Rathaus aus dem 18. Jahrhundert auf dem Marktplatz und rund 100 Meter von der um 1782 gebauten evangelischen Kirche entfernt. Die ehemalige Synagoge ist heute im Osten und Norden freistehend, auf der Südseite direkt an die Nachbarbebauung angrenzend. Der kleine Hofbereich im Westen wird von einem Zaun begrenzt. Das Haus steht traufständig zur Straße und hebt sich durch seine Massivbauweise, die Steilheit des Satteldaches sowie seine Gliederung durch Fries, Lisenen und hohe Rundbogenfenster von der umgebenden Wohnbebauung ab.

Das rechteckige, über einer Fläche von 10 x 8 Metern errichtete Gebäude besteht aus hellverputztem Backsteinmauerwerk. Auffallend ist seine vertikale Gliederung durch vier Ecklisenen sowie je zwei unprofilierte Lisenen an den Giebel- und Traufseiten. Die horizontale Gliederung erfolgt durch einen niedrigen, umlaufenden Sockel und einen umlaufenden Rundbogenfries, der den oberen Wandabschuss bildet. In der Mittelachse der nordöstlichen Traufseite, zur Brunnengasse hin, ist ein gekuppeltes Drillingsfenster mit Rundbogenabschluss eingebaut, das zusammen mit der roten Sandsteinrahmung der Fenster einen markanten Blickfang erzeugt. Im Ostgiebel, der zum Marktplatz hin ausgerichtet ist, befinden sich im oberen Drittel der Wand, noch unterhalb der Traufzone, in den äußeren beiden Feldern sandsteingerahmte Rundfenster.

Der Haupteingang im Westgiebel liegt in der Mittelachse. Eine heute zweiflügelige Tür erschließt das Innere. Wahrscheinlich waren in dem heute einfach verputzen rechteckigen Feld oberhalb der Tür ehemals Attribute einer synagogalen Nutzung vorhanden, etwa eine Bemalung oder ein Fenster mit Davidsternmotiv. Symmetrisch zu beiden Seiten des Haupteingangs sind in Kopfhöhe fast quadratische Fenster von etwa 50 Quadratzentimetern eingebaut, die heute zugemauert sind. Im Innenraum bestand zumindest entlang der Westwand eine Frauenempore, die vermutlich über eine im Foyerbereich gelegene Treppe zu erreichen war. Weitere Einzelheiten zur Ausstattung des Raumes sind nicht bekannt.

Seit 1936 fand in der Synagoge kein Gottesdienst mehr statt. Während der Reichspogromnacht 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge komplett zerstört. Das Haus selbst blieb vermutlich wegen der dicht angrenzenden Nachbarbebauung von Brandstiftung verschont.

Nach 1939 ging der Bau in kommunalen Besitz über. Für eine Nutzung als Feuerwehrgerätehaus nach dem Krieg bis in die 1980er Jahre wurden umfangreiche Umbaumaßnahmen vorgenommen, etwa ein Einfahrtstor in die Westwand gebrochen, Fenster im Süden zugemauert und ein Schlauchturm auf das Dach gebaut. Diese Maßnahmen konnten durch eine später erfolgte Umnutzung mit Reparaturmaßnahmen überwiegend rückgängig gemacht werden. Nach der umfangreichen Sanierung, Renovierung und dem kompletten Umbau um 199011 dient die ehemalige Synagoge heute dem Verein „Kulturelles und Kommunales“ in Assenheim als Veranstaltungsort. In Anlehnung an die ursprüngliche Beschaffenheit des Innenraumes wurde dabei eine Empore im Westen eingebaut, die wegen der Verwendung moderner Formen und Farben jedoch keinen Anspruch auf Ähnlichkeit zum Original erhebt. Eine Bronzetafel am Eingang erinnert an die ehemaligen jüdischen Assenheimer.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Möglicherweise gab es in dem Gebäude Hauptstraße 6, in dem der Betraum untergebracht war, auch eine Mikwe, doch gibt es hierfür keinen Beleg.12 Nach dem Kauf des Gebäudes Eckgasse 10 im Jahr 1853 richtete die jüdische Gemeinde im Keller des Hauses eine Mikwe ein.13

Schule

Das im Jahr 1853 erworbene Gebäude Eckgasse 10 diente der jüdischen Gemeinde als Schule und Versammlungsraum. 1887 wurde das zuvor eingeschossige Gebäude um ein Stockwerk aufgestockt, um Raum für eine Lehrerwohnung zu schaffen. Bis zum Verkauf an einen Nachbarn im Jahr 1941 verblieb das Gebäude im Besitz der jüdischen Gemeinde bzw. deren Rechtsnachfolger.

Cemetery

Der Friedhof mit ca. 985 Quadratmetern Fläche liegt in Richtung Bruchenbrücken. Seit wann er genutzt wurde, ist bisher nicht bekannt.14

Assenheim, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustration available

(in Bearbeitung)

Indices

Persons

Münzenberg, Grafen von · Falkenstein, Grafen von · Hanau, Herren von · Solms-Rödelheim, Grafen von · Isenburg-Wächtersbach, Grafen von · Volrath Graf zu Solms-Rödelheim · Rülz

Places

Bruchenbrücken · Bönstadt

Sachbegriffe Geschichte

Pogromnacht · Assenheim, Verein Kulturelles und Kommunales

Sachbegriffe Architektur

Satteldächer · Friese · Lisenen · Backstein · Rundbogenfriese · Sandsteinrahmungen · Frauenemporen · Emporen · Gedenktafeln

Fußnoten
  1. HStAD F 24 C, 39/1
  2. HStAD C 1 A, in 45
  3. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 49
  4. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 48
  5. Geschichtsverein Niddatal (s. Weblink)
  6. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 48 f.
  7. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 48; Ruppin, Juden, S. 74; Liliental, Wanderungen, S. 45
  8. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 49
  9. HStAD F 24 C, 39/2, darin: Manual über Einnahmen und Ausgaben der Judenschule, 1704–1733. Vgl. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 49
  10. Abbildung alte Synagoge, aus: Meisinger, Assenheim, S. 4
  11. Eine Sanierung erfolgte im Rahmen einer Dorferneuerungsmaßnahme.
  12. Meisinger, Assenheim, S. 5
  13. Meisinger, Assenheim, S. 5
  14. Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 49
Recommended Citation
„Assenheim (Wetteraukreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/72> (Stand: 22.7.2022)