Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Neustadt Karten-Symbol

Gemeinde Breuberg, Odenwaldkreis — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1437

Location

64747 Breuberg, Ortsteil Neustadt, Wertheimerstraße 26 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Darmstadt II

religiöse Ausrichtung

orthodox

preserved

nein

Jahr des Verlusts

1939

Art des Verlusts

Zerstörung

Gedenktafel vorhanden

ja

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Der älteste archivalische Nachweis eines jüdischen Einwohners in Neustadt stammt vom 7. Oktober 1437. An diesem Tag bestätigte Meyer aus Babenhausen, in der Stadt zu leben. Aus dem Jahr 1469 stammt eine Urkunde, die David, Abraham und Saul aus Neustadt nennen.1 Zu dieser Zeit hatte das 1388 erstmals urkundlich erwähnte Neustadt das Recht, einen Wochen- und zwei Jahrmärkte abzuhalten. Während des Dreißigjährigen Krieges ließ sich Joseph in Neustadt nieder, weil ihm die Stadt mehr Sicherheit bot. Auch aus dem späteren 17. Jahrhundert liegen nur fragmentarische Nachrichten über jüdische Bewohner vor.

Im 18. Jahrhundert stellten mehrfach Juden aus Neustadt Anträge auf ermäßigtes Schutzgeld, ohne dass daraus eine vollständige Aufzählung der jüdischen Einwohner zu entnehmen wäre. Diese liegt zuerst aus dem Jahr 1773 vor, als Löw Jesel, Feist Jesel, Löw Moyses, Mordachaj Seeligmann und Koppel Abraham schutzgeldpflichtig waren.2

1837 lebten 16 jüdische Männer in der Stadt. Zu dieser Zeit hatten die Familien bereits feste Namen angenommen. Häufig finden sich seitdem die Namen Haas, Darmstädter, Speier, Wertheimer oder Wolf.3

Zahlten 1773 fünf Juden für sich und vermutlich für ihre Familien Schutzgeld, so stieg die Zahl der jüdischen Bewohner über 49 im Jahr 1828 auf 83 Einwohner im Jahr 1857. Damit hatte sie ihren höchsten Stand erreicht. In den folgenden Dekaden sank die Zahl jüdischer Einwohner über 52 im Jahr 1900 auf 19 in 1936. Bis zum Jahr 1942 sank sie weiter auf acht Einwohner. Alle wurden deportiert.

Im März 2009 ließ die Gemeinde einen Gedenkstein und Stolpersteine und 2011 abermals Stolpersteine setzen.

Betsaal / Synagoge

Wo im 17. und 18. Jahrhundert Gottesdienst gefeiert wurde, ist heute unbekannt. Bis 1830 hatte sich auch formal eine jüdische Gemeinde gebildet, die in diesem Jahr ein zweistöckiges Haus erwarb, um darin eine Lehrerwohnung einzurichten und auf dem rückwärtig gelegenen Grundstück eine Synagoge zu erbauen.4

Ab 1938 stand die politische Gemeinde im Besitz des Grundstücks. Die Kultgegenstände waren zuvor nach Höchst im Odenwald verbracht worden. 1939 wurde das Lehrerwohnhaus abgebrochen und die Synagoge zerstört.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Mit größter Wahrscheinlichkeit bestand bereits im 18. und 19. Jahrhundert eine Mikwe. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die Gemeinde noch zum liberalen Rabbinat Darmstadt I zählte, war diese Einrichtung aber vernachlässigt worden. Um 1895 schloss sich die Gemeinde dem orthodoxen Rabbinat II unter Rabbiner Dr. Marx an, der um 1897 Neustadt einen Besuch abstattete. Auf seine Anregung und mit seiner finanziellen Unterstützung wurde die Mikwe bis November 1900 instand gesetzt.5

Schule

Ob und wo im 17. und 18. Jahrhundert Unterricht gehalten wurde, ist heute unbekannt. Bis 1830 hatte sich auch formal eine Gemeinde gebildet, die in diesem Jahr ein Haus erwarb, um darin eine Lehrerwohnung einzurichten. Üblicherweise wurde dort auch Unterricht gehalten. Von 1836 bis 1895 sind acht Lehrer namentlich bekannt geworden. 1875 hatte Jacob Klemann noch 16 Kinder zu unterrichten. 1906 waren es nur sieben.6

Cemetery

Am Südhang des Breubergs gibt es zwei Flurstücke mit den Namen „Am Judenkirchhof“ und „Am Judenkirchhofsrain“, die auf die Existenz eines spätmittelalterlichen jüdischen Friedhofs hinweisen. Unbekannt ist, in welchem Zeitraum hier Beerdigungen stattfanden.

Die Verstorbenen der Neustädter Gemeinde wurden zunächst auf dem Friedhof in Michelstadt bestattet. Später, nachdem in Höchst ein Friedhof angelegt worden war, fanden die Bestattungen dort statt.

Michelstadt, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Höchst (Odenwald), Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Michelstadt, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Indices

Persons

Meyer · David · Abraham · Saul · Joseph · Löw Jesel · Feist Jesel · Löw Moyses · Mordachaj Seeligmann · Koppel Abraham · Haas, Familie · Darmstädter, Familie · Speier, Familie · Wertheimer, Familie · Wolf, Familie · Marx, Dr. · Klemann, Jacob

Places

Babenhausen · Höchst im Odenwald · Michelstadt

Sachbegriffe Geschichte

Dreißigjähriger Krieg · Gedenksteine · Stolpersteine

Fußnoten
  1. Geibel, 1978, S. 142.
  2. HStAD G 15 Erbach, L 222.
  3. Geibel, 1978, S. 146.
  4. Der Israelit vom 8. November 1900.
  5. Geibel, 1978, 148.
Recommended Citation
„Neustadt (Odenwaldkreis)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/104> (Stand: 23.7.2022)