Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

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Herzogtum Nassau 1819 – 13. Seck
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Langendernbach Karten-Symbol

Gemeinde Dornburg, Landkreis Limburg-Weilburg — Von Wolfgang Fritzsche
Basic Data | History | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | References | Indices | Recommended Citation
Basic Data

Juden belegt seit

1723

Location

65599 Dornburg, Ortsteil Langendernbach, Bahnhofstraße 16 | → Lage anzeigen

Rabbinat

Weilburg

preserved

nein

Art des Verlusts

Abbruch

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historical Gazetteer

History

Langendernbach wurde 879 erstmals urkundlich genannt. Anfang des 12. Jahrhunderts gehörte der Ort zur Herrschaft Diez, die ihn im 14. Jahrhundert an verschiedene Linien des Hauses Nassau verpfändeten. Seit 1816 gehörte er zum Herzogtum Nassau und ab 1867 zum Königreich Preußen. Seit 1974 ist Langendernbach Ortsteil der Gemeinde Dornburg im Kreis Limburg-Weilburg.

Während die Niederlassung jüdischer Bewohner im Amt Ellar bereits um 1635 nachweisbar ist, finden sich erste Hinweise für Langendernbach erst 1723, als zwei Juden Schutzgeld zu zahlen hatten. 1739 werden auch ihre Namen genannt, es waren Maier und Wolf. Ellen, die ebenfalls im Dorf lebte, war befreit, und Leckes Marx lebte vorübergehend bei seinem Schwiegervater Elias Aaron in Ellar.1

1816 wurden Abraham und Falk Mayer sowie Samuels Witwe als abgabenpflichtige Juden in Langendernbach bezeichnet.2

1834 lebten in Langendernbach vier jüdische Familien. Seit 1832 war bekannt, dass sich die jüdischen Bewohner einen Betraum im Ort eingerichtet hatten. Es begannen Bestrebungen, sich gemeinsam mit den jüdischen Bewohnern anderer Orte von der Muttergemeinde Ellar zu trennen. Hintergrund war, dass die Anzahl der in Ellar wohnenden Juden zurückging, während die in den Filialgemeinden stieg. Gleichzeitig befand sich die Synagoge in Ellar in schlechtem Zustand und konnte die wachsende Zahl der Gläubigen nicht mehr aufnehmen. Schließlich, so wurde argumentiert, sei der Weg aus den Filialdörfern in die Muttergemeinde vor allem bei schlechtem Wetter und im Winter nicht zumutbar. Dem hielt die Regierung regelmäßig entgegen, dass die Filialgemeinden wirtschaftlich nicht in der Lage wären, eine eigene Gemeinde zu unterhalten und – im Falle einer Loslösung – der Hauptgemeinde Mittel entzogen würden, die diese dringend für ihre Gemeindeaufgaben und den Unterhalt und die Erneuerung der Synagoge benötigte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war der in Langendernbach wohnende Manche Rosenthal Vorsteher der Gemeinde Ellar und setzte sich sehr für eine eigene Filialsynagoge ein.3 Aber auch sie wurde nicht genehmigt.

1858 zählten zu den Schutzjuden in Langendernbach Manche Rosenthal, Joseph Lengamin(?), Moses Winkelstein, Samuel Stern, Heium Löwenstein, Abraham Weinberger.

Die Auseinandersetzungen um die Gründung einer Filialgemeinde hielten an und 1858 wurden die Winkelgottesdienste abermals verboten. Nur wenige Jahre später kam die Diskussion wieder auf, weil einerseits ununterbrochen Winkelgottesdienste gehalten wurden, andererseits im Abstand weniger Jahre der Antrag gestellt wurde, sich als Gemeinde selbstständig machen zu können. Dieses Ansinnen wird verständlich, berücksichtigt man, dass 1868 von den 180 Mitgliedern der Gemeinde Ellar allein 67 in Langendernbach wohnten.4 In diesem Jahr wurde das Abhalten des Gottesdienstes in Langendernbach zugestanden. Mit Erlass vom 12. Oktober 1885 schließlich bestätigte auch die preußische Regierung die Nutzung.5

1913 schloss sich die Gemeinde der Israelitischen Kultusgemeinde Hadamar an und manifestierte damit ihre Teilselbständigkeit.

In den 1920er und 1930er Jahren lebten fünf jüdische Familien im Ort. Unter ihnen befanden sich Bäcker, Schneider und ein Zimmermann, überwiegend aber Kaufleute und Viehhändler. Die meisten von ihnen galten aber als arm.6 1938 bestand die Gemeinde aus 18 Personen. Einige andere hatten bereits kurz zuvor Langendernbach verlassen.

Auch in Langendernbach kam es in Folge der Pogromnacht zu Übergriffen auf jüdische Familien. So wurde ein Mann mit einem Strick um den Hals eine steile Treppe hinabgezogen, bevor er inhaftiert wurde. Plünderer brachen in Wohnungen ein und stahlen dort Gegenstände. Wenig später kam es zu Zwangsversteigerungen von persönlicher Habe und Mobiliar.7

Am 28. August 1942 wurden die elf im Ort verbliebenen Juden deportiert.

Betsaal / Synagoge

Besuchten die jüdischen Bewohner von Langendernbach zunächst die Synagoge in Ellar, begannen schon im frühen 19. Jahrhundert Bestrebungen, sich von der Muttergemeinde zu lösen. Vermutlich um 1832/33 hatte man einen Betraum im Haus des Isaac Samuel eingerichtet,8 in dem Winkelgottesdienste gehalten wurden, ohne dass diese offiziell genehmigt worden waren. Zudem beschäftigte man einen eigenen Vorsänger. Um Minjan zu erreichen, kamen auch Juden aus Lahr und Neunkirchen. Dies wurde zwar1834 verboten, allerdings bestand die Einrichtung noch lange Zeit fort. Am 5. September 1841 wurde die Synagoge in Langendernbach durch den Vorsteher der Gemeinde in Ellar von Amts wegen geschlossen und die Kultgegenstände beschlagnahmt. 1853 war der in Langendernbach wohnende Manche Rosenthal Vorsteher der Gemeinde Ellar. Er bezeichnete den Zustand der Synagoge in Ellar als viel zu klein und ihrem Zweck gar nicht mehr entsprechend. Zur Gemeinde zählten die in Frickhofen, Langendernbach, Lahr, Ellar und Waldernbach lebenden Juden, die sich einen Neubau allerdings nicht leisten konnten. Diesem Umstand könne leicht und ohne viel Mittel abgeholfen werden, indem in Langendernbach ein eigenes Synagogenlokal hergerichtet würde. Die dortigen Juden hätten bereits ein entsprechendes Gebäude angekauft. „Es ist dies ein in verflossenem Jahre neu erbautes Haus, worin sich ein Synagogen-Local ohne große Kosten einrichten läßt.“9 Hierbei handelte es sich um eine 33 x 26 Fuß große, 18 Fuß hohe Scheune aus gutem Eichenholz im Wert von 1.200 Gulden, die mit Steinen gedeckt war.10 Obwohl keine offizielle Genehmigung dafür vorlag, wurden auch 1861 noch Winkelgottesdienste gehalten.

Das Gebäude lag auf einem 216 Quadratmeter großen Grundstück in der Ackerstraße, Ecke Bahnhofstraße. Es war ein zweistöckiger, zweizoniger, 5 x 5,5 Meter großer Fachwerkbau mit Satteldach und angebautem Schuppen.11 Es war auf den Namen Moritz Stern sowie 20 weiterer Gemeindemitglieder in das Grundbuch eingetragen. Der Betraum befand sich im Obergeschoss und bot Platz für 30 Männer und 15 Frauen. In der Mitte der 1930er Jahre wurde es auch von den Gemeindemitgliedern aus Frickhofen benutzt.12

Während der Novemberpogrome entstand an der Synagoge nur geringer Sachschaden. Einzig einige Fenster wurden eingeschlagen und die Hauswand beschädigt. Innen befanden sich 30 Sitzplätze mit Pulten für Männer, 15 Sitzplätze für Frauen, eine Garderobenvorrichtung für 45 Einheiten, ein Thoraschrein mit Altaraufbau, ein Vorlesepult mit Wickelbank, zwei Hängelampen und vier Seitenleuchter sowie ein Leuchter am Thoraschrein, zwei Läufer, ein Schrank für Kultgeräte und ein Ofen.

Die Ritual- und Kultgegenstände dagegen wurden geraubt oder öffentlich verbrannt. Dazu gehörten zwei Thorarollen, eine silberne Thorakrone, ein Paar silberne Thoraaufsätze mit Schellen, zwei silberne Thoraschilder, zwei silberne Lesefinger, acht goldbestickte Thoramäntel, 50 handbemalte Wimpel, zwei goldbestickte Thoraschreinvorhänge mit Übervorhang aus Samt, zwei weitere Thoraschreinvorhänge mit Übervorhang aus Plüsch, vier goldbestickte Decken für das Vorlesepult, eine Ewige Lampe aus Messing, ein siebenarmiger Leuchter ebenfalls aus Messing, ein silberner Channukkahleuchter, zwei silberne Weinbecher, eine silberne Hawdallahgarnitur, ein Megillah mit Mantel, zwei Schofarhörner, 20 Gebetbücher sowie 20 Pentateuche.13

1951 erwarb Hermann Horn aus Langendernbach das Gebäude von der JRSO für 1.200 DM. Später wurde es abgerissen.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Als 1837 die Diskussion über unhygienische und ungesunde Mikwen geführt wurde, wurde eine solche Einrichtung auch für Langendernbach erwähnt. Vier Frauen nutzten sie, ohne dass heute bekannt ist, wo sie sich befand. Da sie sich in „einem durchaus gesundheitswidrigen Zustand“ befand, war sie umgehend zu schließen und „Badezimmer, welche gewärmt und auch mit Leichtigkeit gereinigt werden können, anzulegen“. 1839 hieß es, „die Judenweiber bedienen sich jetzt besonderer Badebütten, welche sie in vorgewärmte Zimmer stellen können“.14

Schule

Zunächst besuchten die Kinder die Schule in Ellar. Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielten sie jedoch Religionsunterricht in Langendernbach, wo 1853 14 schulpflichtige Kinder lebten.15

Seit den 1920er Jahren besuchten sie den Religionsunterricht in Hadamar. Ab 1932 gelang es dem neu gewählten Gemeindevorstand durchzusetzen, dass die Kinder einmal wöchentlich für mindestens drei Stunden Unterricht in Langendernbach durch den Lehrer aus Hadamar erhielten.16

Cemetery

Die Gemeinde bestattete ihre Verstorbenen zunächst auf dem Friedhof in Ellar. Mit dem Anschluss an die Kultusgemeinde Hadamar 1913 legte sie 1917 gemeinsam mit der ebenfalls nun selbstständigen Gemeinde Frickhofen einen eigenen Friedhof auf halbem Weg zwischen den beiden Ortschaften an.

Ellar, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen
Frickhofen, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Ellar, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

References

Weblinks

Sources

Bibliography

Illustrations

Indices

Persons

Maier · Wolf · Ellen · Elias Aron · Abraham · Falk Mayer · Samuel, Witwe des · Rosenthal, Manche · Lengamin, Joseph · Winkelstein, Moses · Stern, Samuel · Löwenstein, Heium · Weinberger, Abraham · Isaac Samuel · Stern, Moritz · Horn, Hermann

Places

Dornburg · Ellar · Hadamar · Lahr · Neunkirchen · Frickhofen · Waldernbach

Sachbegriffe Geschichte

Pogromnacht

Sachbegriffe Ausstattung

Thoraschreine · Altaraufbauten · Vorlesepulte · Wickelbänke · Hängelampen · Seitenleuchter · Leuchter · Läufer · Schränke · Öfen · Thorarollen · Thorakronen · Thoraaufsätze · Schellen · Thoraschilde · Lesefinger · Thoramäntel · Wimpel · Thoravorhänge · Decken · Ewige Lampen · Chanukkaleuchter · Weinbecher · Hawdalah-Garnituren · Megillot · Schofarot · Gebetbücher · Pentateuch

Sachbegriffe Architektur

Fachwerkbauten · Satteldächer

Fußnoten
  1. HHStAW 171, J 679
  2. HHStAW 225, 7
  3. HHStAW 225, 9
  4. HHStAW 211, 11540
  5. Mink: Juden in Langendernbach, S. 10
  6. Mink: Juden in Langendernbach, S. 20
  7. Mink: Juden in Langendernbach, S. 39
  8. HHStAW 225, 9
  9. HHStAW 225, 9
  10. HHStAW 225, 9
  11. HHStAW 518, 1227
  12. HHStAW 518, 1236
  13. HHStAW 518, 1227
  14. HHStAW 225, 7
  15. HHStAW 225, 9
  16. Mink: Juden in Langendernbach, S. 22
Recommended Citation
„Langendernbach (Landkreis Limburg-Weilburg)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/syn/id/147> (Stand: 22.7.2022)