Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

„Open Air Rock Circus“ in Frankfurt ist das erste international besetzte Open Air Festival in der Bundesrepublik, 20.-21. Juni 1970

Am Samstag, den 21. und Sonntag, den 22. Juni findet im Frankfurter Rad-Stadion der erste „Open Air Rock Circus“ als Open Air Musikfestival statt. Es ist die erste Großveranstaltung dieser Art in der Geschichte der Bundesrepublik, die unter Beteiligung von Künstlern überwiegend internationaler Herkunft durchgeführt wird. Das Rock- und Pop-Festival lockt mit schätzungsweise 10.000 Gästen allerdings deutlich weniger Besucher an, als von den Veranstaltern zunächst erhofft worden war.

Für einen Eintrittspreis von 15 (ein Tag) bzw. 28 Mark (zwei Tage) wird dem überwiegend jugendlichen Publikum nicht nur Rockmusik geboten. Ein Tanzensemble des neuen Frankfurter Ballettschefs John Neumeier und politisches Kabarett sorgen am Sonntag ab 10 Uhr bei tropischen Sommertemperaturen für Abwechslung zwischen den elektrisch verstärkten Gitarrenklängen. Der Süddeutsche Rundfunk (SDR) produziert Fernsehaufnahmen.

Entgegen den Erwartungen zahlreicher angereister Gäste von auswärts, die mit Zelt und Schlafsack gerne direkt auf dem Veranstaltungsgelände übernachtet hätten, muss das Stadion am Samstagabend nach Ende des offiziellen Programms geräumt werden. Auch der Verkauf von alkoholischen Getränken war auf dem Stadiongelände während des Festivals nicht zugelassen.
Allerdings bildeten gleich mehrere populäre Interpreten unter den etwa 20 angereisten Bands aus Großbritannien, den USA, Österreich und der Bundesrepublik zweifellos die Hauptattraktion des Musikfestivals: die englischen Gruppen Deep Purple und Black Sabbath als Vertreter des „neuen Rock'n'Roll der „harten Welle“ (FAZ vom 22.6.1970), und die ebenfalls aus Großbritannien stammende Edgar Broughton Band, die sich mit Anti-Kriegs-Slogans und politischen Aufrufen ambitioniert zeigte.
Zwiespältigen Eindruck hinterlässt der Umstand, das die vom Veranstalter zunächst angekündigte Übertragung des Fußballspiels zwischen Deutschland und Uruguay um den dritten Platz der laufenden Weltmeisterschaft mit der Begründung abgesagt wurde, die deutsche Elf habe es nicht ins Endspiel geschafft. Auch eine Miss-Wahl findet beim Publikum wenig Anklang. Der US-amerikanische Sänger, Gitarrist und Komponist Chuck Berry („Roll Over Beethoven“) versucht vorübergehend, die Veranstalter mit zweifelhaften Nachforderungen regelrecht zu erpressen und weigerte sich, zum vorgesehenen Zeitpunkt die Bühne zu betreten. Sein Auftritt wird schließlich ganz abgesagt.
(KU)