Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Kriegsnotizen des Soldaten August Rompf aus Dillenburg, 1914

Abschnitt 6: Brief August Rompfs aus dem Lazarett an seine Mutter in Dillenburg

[50-51] Westroosebeke1, den 6.11.1914

Mein liebes, gutes Mütterlein!

Heute an Deinem Geburtstage muß ich ganz besonders viel an Dich denken. Den Geburtstagsbrief wirst Du ja noch erhalten haben. Da ich ja weiß, daß auch Du Dein ganzes Vertrauen auf den lieben Gott setztest, fasse ich den Mut Dir endlich direkt mitzuteilen, daß es Gottes Wille war, daß ich am Sonntagabend durch eine feindliche Kugel verwundet wurde. Wir wollten gerade wieder Schützengräben für die Nacht beziehen, da traf mich die Kugel und ging mir von links nach rechts etwa zwischen Bauch und Lunge durch den Körper.

Wille Henn von Herborn ging gerade neben mir. Er und einige Kameraden halfen mir gleich zum nächsten Verbandsplatz und in einigen Minuten war ich schon verbunden und weich auf Stroh und Decken gebettet. Willi Henn blieb die ganze Nacht an meiner Seite und half mir, wo es nötig war. Ich bin ihm natürlich sehr dankbar dafür. Am Montagmorgen wurde ich gleich hierher ins Lazarett gebracht und wird nun alles an mir getan was sich tun läßt. Jetzt darf ich wieder essen und trinken und so wird sich die Sache wohl auch bald wieder machen.

Weißt Du liebe Mutter ich verlasse mich voll und ganz auf meinen Gott. Tue auch Du das bitte ganz und gar, denn Er kann überall helfen. Ich ließ durch meinen Krankenpfleger (ein frommer Mann) von meiner Verwundung an Lieschen schreiben, damit Du langsam darauf vorbereitet würdest. Abends beim Lampenschein kommt Krankenpfleger Martin zu mir, dann liest er ein kurzes Wort aus meinem Testament und dann beten wir zusammen. Oh liebe Mutter dann wird mir so wohl ums Herz, denn ich sehe dann immer das Bild wie Du mich als kleinen Jungen zu Bett bringst. Heute habe ich nun mit dem Herrn Lazarettinspektor gesprochen, daß ich sobald es eben geht nach Deutschland transportiert werde. Ich werde nämlich nur mit einem Lazarettzug transportiert, denn da kann einem nur die rechte Hilfe zuteil werden.

So mein liebes Mütterlein nun weißt Du doch wie es mir geht und daß ich noch lebe. Von Gustav habe ich leider noch immer nichts gehört, na hoffentlich geht es ihm noch gut. So nun laß Dich noch vielmals herzlichst grüßen und küssen von Deinem Sohn August.

Am besten ist es wenn wir uns ganz auf Gott verlassen. Er wird alles zum Besten führen. Herzliche Grüße an Lieschen, Friedrich nebst Familie, Hafers, Ströhers und die Nachbarn. Entschuldige bitte die schlechte Schrift. Im liegen gehts nicht besser.


  1. Westrozebeke, bei Roeselare, Westflandern.

Personen: Henn, Willi · Rompf, August
Orte: Westrozebeke · Roeselare · Herborn
Sachbegriffe: Feldpost · Feldpostbriefe · Lazarette · Schützengräben · Verwundete · Krankenpfleger · Lazarettzüge
Empfohlene Zitierweise: „Kriegsnotizen des Soldaten August Rompf aus Dillenburg, 1914, Abschnitt 136: Brief August Rompfs aus dem Lazarett an seine Mutter in Dillenburg“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/11-6> (aufgerufen am 27.04.2024)